Bottrop. Matthias Buschfeld ist 33 Jahre alt. Als SPD-Fraktionschef ist er einer der wichtigsten Leute im Rat. So sieht er die Bottroper und ihre Stadt.

Einige handeln ihn schon als nächsten Bottroper Oberbürgermeister-Kandidaten, auch wenn die Entscheidung erst Mitte nächsten Jahres fallen soll. Matthias Buschfeld ist mit 33 Jahren zum Fraktionschef der SPD in Bottrop gewählt worden. Er ist damit einer der wichtigsten Figuren im Rat.

Bottrop ist für ihn Weltmarktführerin. Als Modellstadt für das Klimaschutzprojekt Innovation City sei der Stadt etwas gelungen, dass sie zu einem Vorbild in aller Welt macht. „Wir haben in Bottrop vorgemacht, was die Bundesregierung bei der Energiewende unbedingt auch anstreben muss“, sagt Matthias Buschfeld. Im Innovation City-Pilotgebiet im Bottroper Süden und in Teilen der Stadtmitte sei die Modernisierungsquote von Bestandsgebäuden weitaus höher als im Bundesdurchschnitt. „Es ist ein großer Erfolg, dass die Bürgerinnen und Bürger sich dafür so sehr engagiert haben und dadurch eben keine finanziellen Schäden habe“, sagt Matthias Buschfeld, der seit wenigen Wochen die SPD-Fraktion im Rat anführt.

Der Innovation City-Prozess hat dessen politisches Engagement bis jetzt geprägt. „Ich bin 2009 nach meinem Abitur in die SPD eingetreten“, sagt der Bottroper. In demselben Jahr wurde Bernd Tischler das erste Mal zum Oberbürgermeister gewählt. Im November 2010 war Bottrop zur Modellstadt des Klimaschutzprojektes geworden. Tischler hatte schon in seinem ersten Wahlkampf den Wettbewerb um den Modellstadt-Titel angeführt und arbeitete dann gemeinsam mit den Bürgern und Bürgerinnen daran, den CO2-Ausstoß in Bottrop zu halbieren.

Ratsherr kommt aus gewerkschaftlich geprägtem Elternhaus

Matthias Buschfeld hat seitdem eine steile politische Karriere hinter sich. Er ist jetzt 33 Jahre alt. Der Geschichtswissenschaftler und Germanist leitet hauptberuflich das Abgeordnetenbüro des Bottroper SPD-Landtagsabgeordneten Thomas Göddertz. Die Mitglieder der stärksten Fraktion im Stadtrat wählten ihn soeben zu dessen Nachfolger als Fraktionschef. Einer der Stellvertreter von Göddertz als Fraktionschef war Buschfeld auch vorher schon. Buschfeld und SPD-Ratsfrau Tina Keil sind ein Paar. „Seit zwölf Jahren in wilder Ehe“, sagt der Bottroper, „wir haben uns bei den Jusos kennengelernt.“

„Ich war immer ein politisch denkender Mensch“, sagt der 33-Jährige. Dabei interessiert ihn vor allem die praktische politische Arbeit. Das mag auch an seinem Elternhaus liegen. Sein Vater Jürgen ist in der Bergbaugewerkschaft IGBCE. Für den Gesamtbetriebsrat der Deutschen Steinkohle (DSK) war er als Prozessberater von Ludwig Ladzinski tätig, der auf der Mitbestimmungsseite maßgeblich die Bedingungen für die Bergwerksstilllegungen mit aushandelte. Seine Mutter Astrid war Krankenschwester, studierte Pflegewissenschaftlerin, war als Verdi-Betriebsrätin bei der Arbeiterwohlfahrt im Bezirk Westliches Westfalen beschäftigt und koordinierte die Weiterbildung der Mitarbeiterinnen.

Nachdenklich: Erfahrungen während des Zivildienstes haben den neue Bottroper SPD-Fraktionsvorsitzenden bestärkt, etwas für Menschen zu tun, denen es nicht so gut geht.
Nachdenklich: Erfahrungen während des Zivildienstes haben den neue Bottroper SPD-Fraktionsvorsitzenden bestärkt, etwas für Menschen zu tun, denen es nicht so gut geht. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Welche immensen Probleme chronisch Kranke haben

Buschfeld ist Sozialpolitik sehr wichtig. In seinem Zivildienst arbeitete er im Knappschaftskrankenhaus in der Dialyse-Ambulanz und lernte daraus. „Die Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen und die immensen Schwierigkeiten von chronisch kranken Menschen, die Herausforderungen im Umgang mit unserem Sozialsystem, das hat mir einen politischen Schub gegeben“, sagt der SPD-Ratsherr. Dass alle Menschen und zwar auch diejenigen unter ihnen, denen es nicht so gut geht, am gesellschaftlichen Leben teilhaben können, treibt ihn an.

Der 33-Jährige ist nun auch Vorsitzender des Sozialausschusses im Bottroper Rat und macht sich seine ehrenamtliche Arbeit nicht einfach. Buschfeld will mit den Leuten auf Augenhöhe reden. Er will von ihnen direkt wissen, was sie stört, was sie gut finden und welche Sorgen sie in Krisenzeiten haben. Dabei geht er auch dorthin, wo ihn politischer Gegenwind erwartet. Wenn die Stadt das nächste Flüchtlingsheim aufbauen muss, leitet Matthias Buschfeld oft die Bürgerversammlung und erläutert mit Verwaltungsleuten, warum das sein muss.

Unangemessene, fremdenfeindliche Äußerungen weist er als Mitglied des Bündnisses Buntes Bottrop zurück, doch der Ratsherr bringt Anwohnerinnen und Anwohnern, die sich aufrichtig sorgen, viel Verständnis entgegen. Ihnen erzählt er dann, dass seine Eltern jetzt ganz in der Nähe einer Flüchtlingsunterkunft wohnen. „Da ist es wirklich ruhig. Sie würden mir auch etwas anderes erzählen, wenn das nicht so wäre“, sagt er.

Auf die Sorgen der Anwohner schnell reagiert

Buschfeld dringt darauf, dass die Leute Hilfe bekommen und sich jemand um sie kümmert. Nach einer turbulenten Anwohnerversammlung etwa, als aufgebrachte Leute im Streit um ein kleines Flüchtlingsheim für Jugendliche im Morianhaus ihrem Ärger Luft gemacht hatten, sorgte er mit für eine schnelle Reaktion. „Die Johanniter sind jetzt einmal pro Woche als Ansprechpartner da“, sagt der Bottroper. Vor kurzem eröffnete auch die Arbeiterwohlfahrt in dem Wohngebiet ein Quartiersbüro.

Die Arbeit der Quartiersbüros in den Stadtvierteln hält der Ratsherr für besonders wichtig. Der Strukturwandel trage dazu bei, dass den Leuten die Ansprechpartner verloren gehen. Kirchen schließen, Bankfilialen und kleinere Läden sowieso, Ärzte und Apotheker zieht es in die größeren Zentren, große Arbeitgeber wie die Ruhrkohle sind fort. „Wo sind Knappschaftsälteste oder der Kollege von der IGBCE, die mal schnell Rat wussten?“, fragt Buschfeld rhetorisch.

Bei der Anwohnerversammlung über das Flüchtlingsheim im Morianhaus machten viele Bürgerinnen und Bürger ihrem Unmut Luft. Matthias Buschfeld (stehend) hörte ihnen als Versammlungsleiter zu und reagierte auf die Sorgen.
Bei der Anwohnerversammlung über das Flüchtlingsheim im Morianhaus machten viele Bürgerinnen und Bürger ihrem Unmut Luft. Matthias Buschfeld (stehend) hörte ihnen als Versammlungsleiter zu und reagierte auf die Sorgen. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

SPD-Ratsleute sind in den Bottroper Stadtteilen verankert

Dabei vergesse die Stadt ihre Stadtteile keineswegs. In Batenbrock zum Beispiel gibt es im Volkspark jetzt neue Treffs und Orte für Spiel und Sport. Das erneuerte Bürgerhaus kommt noch hinzu. Auch in Welheim wurde der Park modernisiert. Wenn dort die Hauptschule schließen werde, müsse dort ein neues Bildungsangebot hin. Das steht für Buschfeld fest. Für einige Klassen der Berufsschule etwa wäre das Schulgebäude an der Welheimer Straße ein guter Platz.

Auch auf dem Eigen tue sich einiges. Moderne Supermärkte werden gebaut und neue Wohnungen seien in Planung. Auch in Fuhlenbrock komme jetzt wieder viel in Bewegung. Gerade die SPD im Rat verliere die Stadtteile nicht aus dem Blick. „Ich bin Boyer“, sagt Matthias Buschfeld, „und so gut wie alle unsere Ratsmitglieder sind in Stadtteilen direkt gewählt worden. Klar will da jede und jeder auch etwas für seine Wählerinnen und Wähler vor Ort tun.“

Fraktionschef findet Bürger-Engagement für die City gut

Selbstverständlich gerate die tief in der Krise steckende City nicht aus dem Blick. Aktionen wie der Schwarzmarkt oder das Stadtflimmern seien toll. Auch in Teilen der City hätten Kinder ihre Orte zum Spielen. Buschfeld: „In der Innenstadt halten sich viele Menschen im Freien auf, die sich oft Einkäufe, Kulturveranstaltungen oder Gastronomiebesuche gar nicht leisten können, die dürfen wir nicht vergessen. Die Stadt ist für alle da!“ Er gewinnt dem Initiativkreis, der sich per Bürgerbegehren für die Wiederbelebung der City einsetzt, viel Positives ab.

„Es ist zu begrüßen, dass sich die Leute so sehr für ihre Stadt engagieren. Es ist gut, dass wir im Rat ein Feedback bekommen“, doch Buschfeld sagt auch: „Das Bürgerbegehren kommt etwas zu früh“. Für die SPD müsse erst das gesamte Zukunftskonzept für die Innenstadt, dass sie im Stadtrat ja maßgeblich eingefordert habe, auf den Tisch. „Was uns fehlt, ist der rote Faden für die Innenstadt. Unser Ziel muss es sein, dass wir auch ohne den früher dominierenden Einzelhandel eine Belebung hinbekommen. Erst dann müssen wir sehen, wie wir die Verwaltung einbinden können“, sagt Matthias Buschfeld.

Innovation City-Prozess soll in Bottrop weitergehen

Dabei ist für den 33-Jährigen klar, dass auch der Innovation City-Prozess in ganz Bottrop weitergehen muss. „Die Idee ist total aktuell. Wir dürfen nicht nachlassen zu erklären, wie wichtig Klimaschutz und Energiewende sind. Wir müssen die Leute auch finanziell unterstützen, wenn sie ihr Geld in die Modernisierung ihrer Gebäude stecken. Die Erkenntnis aus Bottrop ist, dass wir dann viele private Investitionen auslösen, was Firmen und Handwerksbetrieben Gewinne und Arbeitsplätze bringt“.

Entscheidung Mitte 2024

Mit dem Generationswechsel in der Fraktionsspitze der SPD steht auch Matthias Buschfeld bei den bald anstehenden Personalwechseln im Fokus. So muss die stärkste Ratspartei in Bottrop bald eine neue Kandidatin oder einen neuen Kandidaten für die Wahl des Oberbürgermeisters benennen. Die nächste Kommunalwahl findet im Herbst 2025 statt. OB Bernd Tischler hat angekündigt, nicht mehr anzutreten.

Möglich ist auch, dass die SPD neue Bewerberinnen und Bewerber für die Bundestagswahl braucht. Die Entscheidungen wird die Partei voraussichtlich im zweiten oder dritten Quartal des kommenden Jahres treffen.