Bottrop. Könnten das Hansa-Center oder der frühere Karstadt als Büroflächen für die Stadt Bottrop genutzt werden? Das hat eine erste Prüfung ergeben.

Die Verwaltung der Stadt hat geprüft, ob das Hansa-Center und/oder das Karstadt-Gebäude sich als künftigen Standort für die Verwaltung eignen – als möglicher Ersatz für die Erweiterung des Rathauses.

Aktuell bereitet die Initiative „Neustart Bottrop“ ein Bürgerbegehren vor. Ihr Ziel: der Anbau soll verhindert werden. Stattdessen sollen Flächen in der Innenstadt gefunden werden. Die Komplexität und der Informationsbedarf zeigen sich schon daran, dass der Haupt- und Finanzausschuss der Stadt am 15. Juni (16 Uhr, großer Sitzungssaal) eigens zu einer Sondersitzung zusammenkommen wird. Auch dort sollen die Ratsvertreter und die Bürger in der öffentlichen Sitzung über den aktuellen Stand informiert werden.

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Vorab erläuterten Oberbürgermeister Bernd Tischler und Baudezernent Klaus Müller bei einem Pressegespräch die Ergebnisse. Angesichts von Inflation, steigenden Zinsen und Mangel von Baumaterialien hat die Verwaltung im vergangenen Jahr reagiert.

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„Wir haben im November ein Unternehmen beauftragt, parallel zum Architektenwettbewerb, die Wirtschaftlichkeit des Projektes noch einmal zu überprüfen“, erklärte Tischler. Bei dem Unternehmen handelt es sich um DKC Kommunalberatung GmbH.

Wenn man jetzt bauen würde: Stadtverwaltung rechnet mit 115 Millionen Euro

In der Sondersitzung soll das Unternehmen aktuelle Zahlen, wie teuer der Anbau wird, präsentieren. Öffentlich ist seit Wochen die Rede von kolportierten Neubaukosten in Höhe von 140, 150 oder auch 180 Millionen Euro. Darauf angesprochen, erklärte der Baudezernent, dass man aktuell mit Baukosten inklusive Abriss des Saalbaus in Höhe von 115 Millionen Euro plant. Konkrete Zahlen soll DKC am nächsten Donnerstag liefern. „Wir kennen bisher selbst das Endergebnis nicht“, sagt Klaus Müller.

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Der Dezernent erläuterte, warum der Anbau in der Innenstadt für städtische Dienststellen nötig ist. Berücksichtigt werden wirtschaftliche, funktionale, städtebauliche und ökologische Aspekte. Teils sind Objekte angemietet, modernisierungs- oder sanierungsbedürftig und im gesamten Stadtgebiet verteilt. „Bei einigen Fachbereichen wie beim Vermessungs- und Katasteramt, Jugendamt und Umwelt und Grün ist es ein Zustand, der auf Dauer nicht tragbar ist“, sagt Müller.

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An den bisherigen Standorten sollen dagegen aus „funktionalen Gründen und Kapazitätsgründen“ bleiben: die Bezirksverwaltungsstelle in Kirchhellen, Amt für Informationsverarbeitung an der Böckenhoffstraße, Straßenverkehrsamt (Händelstraße), Sozialamt/ Jobcenter (Berliner Platz/ Paßstraße) und das Gesundheitsamt (Gladbecker Straße). Das Stadtarchiv, das in teilweise ausgedienten Schulgebäuden untergebracht ist, soll aber im Anbau seinen Platz finden.

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Aus Sicht der Verwaltung spart die Zentralisierung Zeit und Wege für die Bürgerinnen und Bürger sowie für die Mitarbeiter der Stadt. Dies würde zudem tagsüber zu einer Belebung der Innenstadt durch zusätzliche Verwaltungskunden und zusätzliches Verwaltungspersonal beitragen. „Neustart Bottrop“ argumentiert dagegen, dass der Anbau nicht zu einer Belebung der City führen würde. „Die Belebung wird aber eher tagsüber stattfinden“, sagt Müller und fügt an: „Aber letztlich wollen wir die Innenstadt auch abends und am Wochenende beleben. Da wäre ein Mix aus Wohnungen, Gastronomie, Kultur und Einzelhandel sinnvoller.“

Stadt Bottrop: Hansa-Center und Karstadt-Gebäude stehen nicht zum Verkauf

Geht es nach der Verwaltung könnte ein Großteil der Verwaltungsstandorte nach deren Aufgabe anderweitig genutzt werden – zum Beispiel für den Bau neuer Wohnungen. Darüber hinaus nennt die Verwaltung ökologische Gründe. Durch die Vorgabe, als Energieträger Photovoltaik mit Luft-Wärme-Pumpen sowie Fernwärme zu nutzen, ist mittelfristig ein nahezu klimaneutraler Betrieb des Neubaus möglich. Klaus Müller: „Dies ist bei Bestandsgebäuden in der Regel nicht realisierbar.“

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Die Verwaltung erklärt, was der Erwerb des Hansa-Centers aus der Insolvenzmasse bedeuten würde. Grundpfandrechtgläubiger ist der Marshall Bridge Fund, der von der Fondsgesellschaft Emerald Managements (Luxemburg) verwaltet wird.

Laut Stadt hätten deren Vertreter gegenüber der Stadt klargestellt, dass der Erwerb aus der Insolvenzmasse durch einen Dritten nur möglich sei, wenn die Grundpfandrechte in zweistelliger Millionenhöhe übernommen oder abgelöst würden.

Bottrop: Baudezernent nennt die Probleme beim Kauf der Gebäude

Genauso kompliziert erscheint der Erwerb des ehemaligen Karstadt-Gebäudes. Eigentümer ist die Devello AG & Co. EKZ Bottrop KG. Klaus Müller: „Die Devello hat in mehreren Gesprächen deutlich gemacht, dass man keine Verkaufsabsicht habe und das Objekt selber entwickeln möchte.“ Sollte es zum Verkauf kommen, müsste laut Verwaltung auch hier eine Lösung für die bestehenden Grundpfandrechte in ebenfalls deutlich zweistelliger Millionenhöhe gefunden werden.

Der Dezernent zum möglichen Kauf beider Gebäude: „Dann dürften die finanziellen Aufwendungen jeweils den tatsächlichen Wert der Objekte erheblich überschreiten.“ Oder wie er plakativ sagt: „Öffentliche Mittel, also Steuergelder, müssten in zweistelliger Millionenhöhe verwendet werden, um die Altschulden der ehemaligen Eigentümer abzulösen.“

Umbau technisch machbar, aber Hansa-Center und Karstadt-Haus sind zu klein

Sind die Gebäude, einst Häuser mit Einzelhandel, überhaupt für eine städtische Verwaltung geeignet? Der Umbau der Bestandsobjekte (Hansa-Center/ Karstadt-Haus) sei „technisch mit einigem Aufwand realisierbar“. Aber eines der beiden Objekte reicht laut Verwaltung nicht für den ermittelten Bedarf (inklusive Stadtarchiv) aus. Zumal im Karstadt-Haus manche Flächen teilweise vermietet sind. Das heißt, dass die Stadt beide Objekte kaufen müsste.

Außerdem: Für die Büronutzung im Hansa-Center müsste aus Gründen des Arbeitsschutzes zur Belichtung ein erheblicher Teil der Gebäudesubstanz und somit der Nutzfläche entfernt werden.

Bottrop: Kostenrisiko ist beim Umbau bestehender Objekte deutlich höher

Letztlich lautet das Fazit, dass der bauliche und finanzielle Aufwand für Kauf und Umbau beider Gebäude derzeit kaum abschätzbar sei. Klaus Müller ergänzt: „Gerade beim Umbau bestehender Objekte sind die Kostenrisiken deutlich höher als bei einem Neubau.“

Der Dezernent erklärt, dass sich die Lage beider Gebäude in „geschlossenen Baublöcken“ befinden. Die Bauarbeiten wären über einen längeren Zeitraum verbunden mit erheblichen Beeinträchtigungen wie Sperrungen und Lärm.

Bernd Tischler: „Wir wollen keine Kampagne starten für oder gegen den Rathaus-Anbau. Wir wollen informieren und transparent sein. Wenn alle Informationen vorliegen, kann der Stadtrat am Ende entscheiden.“ Angesprochen auf das geplante Bürgerbegehren sagt er: „Ich freue mich darüber, dass so viele Bottroperinnen und Bottroper sich an der Diskussion, wo soll die Verwaltung angesiedelt sein, beteiligen. Das ist ein gutes Zeichen für eine lebendige Demokratie.“