Bottrop. 140 Millionen Euro soll der Neubau des Bottroper Rathauses kosten. Viel teurer wird er werden, meint die CDU – und schlägt Alternativen vor.
Als Geschäftsmann kennt sich Karl Reckmann mit Zahlen aus. Angesichts der geplanten Rathaus-Erweiterung hat der CDU-Mann eine Rechnung aufgestellt. Er kommt zu dem Ergebnis, dass der Neubau die bisher genannten 140 Millionen Euro deutlich übersteigt. Als Grundlage diente unter anderem der aktuelle Baupreisindizes für Bürogebäude des Statischen Bundesamtes.
Unterm Strich dürften laut Reckmann die Kosten eher zwischen 186 und 193 Millionen Euro betragen. Die Zahlen präsentierte er jüngst im Ausschuss für Stadtplanung und Umweltschutz. Im Gespräch mit der WAZ fragt er: „Können wir uns das in Bottrop überhaupt leisten?“ Als der Siegerentwurf am 13. März im Saalbau präsentiert wurde, war Reckmann vor Ort. „Er hat mir sehr gut gefallen“, sagt er. Aber: „Der Ukrainekrieg und die Flüchtlingskrise haben alles verändert.“ Hinzu komme die Inflation.
„Haben wir in Bottrop nicht andere Aufgaben zu bewältigen?“
In dem Zusammenhang stellt er den Bau der Rathaus-Erweiterung in Frage. „Haben wir in Bottrop nicht andere Aufgaben zu bewältigen?“, findet er. „Man sollte lieber auf die Innenstadt schauen.“ Der frühere Vorsitzende des Bottroper Einzelhandelsverbandes rät dazu, „Geld in die Hand zu nehmen, um die Stadt zu revitalisieren“. Ohnehin geht er davon aus, dass die 140 Millionen Euro nicht reichen werden. „Ich sage nur „Feuerwehrwache““, so Reckmann. „Die Zahlen, die damals vorgelegt wurden, sind inzwischen komplett über den Haufen geworfen.“
Der Technische Beigeordnete, Klaus Müller, hatte bei der Präsentation des Siegerentwurfs erläutert, dass mit der Erweiterung alle städtischen Dienststellen mit Ausnahme des Gesundheitsamtes und des Straßenverkehrsamtes an dem Rathaus-Campus zu finden sein werden. Der Idee, dass die Verwaltung ins Karstadt-Gebäude einziehen kann, entgegnete er, dass die Fläche mit 4500 Quadratmetern zu klein wäre. Bei der Rathaus-Erweiterung handelt es sich um eine Planfläche von 12000 Quadratmetern. Karl Reckmann ist anderer Meinung: „Die Verwaltung kann ja auch partiell ins Karstadt-Haus.“
Bottrop: Städtische Dienststellen sind über das Stadtgebiet verteilt
Ein Argument aus seiner Sicht ist die zunehmende Digitalisierung und das Angebot von Homeoffice. „Man braucht doch gar nicht mehr so viele Arbeitsplätze in den Büros.“ Müller erklärte bei der Präsentation, dass Untersuchungen gezeigt hätten, dass ein Neubau langfristig günstiger sei.
Bisher sind Ämter oder das Stadtarchiv im gesamten Stadtgebiet verteilt, deren Gebäude nie für eine derartige Nutzung vorgesehen waren und die Stadt zudem Miete bezahlen muss. Reckmann findet: Investitionen in den Bestand, ja. Ein Neubau für 140 Millionen Euro, nein. „Vielleicht besteht die Möglichkeit, bestehende Gebäude zu ertüchtigen?“ Er meint: „Heute ist es günstiger, Büromieten zu zahlen, als einen Neubau zu finanzieren.“ Und es gibt noch etwas, das ihn ärgert. „Es ist bis heute nicht vorgelegt worden, wie der Neubau finanziert werden soll.“
Gerade die CDU hatte große Sympathie für die Anbaupläne
Dabei hatte gerade die CDU von Beginn an große Sympathie für die Pläne der Stadt gezeigt, den zweiten Verwaltungssitz direkt neben das historische Rathaus auf das Saalbau-Gelände zu setzen. Karl Reckmanns Ortsverband hatte sogar gefordert, das zweite Rathaus schon vor der inzwischen erfolgten Sanierung des alten Rathauses zu verwirklichen. Von der SPD-Idee jedenfalls, Ämter und Dienststellen in dem alten RAG-Gebäude am Gleiwitzer Platz unterzubringen, hielt die CDU von Anfang an weniger. So äußerte sich CDU-Fraktionsvorsitzender Hermann Hirschfelder vor gut sechs Jahren im Ideen-Wettstreit noch zuversichtlich: „Ich habe keinen Zweifel, dass der Neubau auf dem Saalbaugelände als beste Variante bestätigt wird.“
Diese Zeiten haben sich geändert. Auch Hermann Hirschfelder wünscht sich jetzt mehr Aufklärung vonseiten der Stadtverwaltung. Der Vorsitzende der CDU-Ratsfraktion ist weniger emotional beim Thema „Rathaus-Erweiterung“ als sein Parteikollege. Er könne zum jetzigen Zeitpunkt aber die Aufregung verstehen, weil man nicht alle Fakten habe. „Wir benötigen noch Informationen.“
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An die Verwaltung hat er stellvertretend für seine Fraktion folgende Fragen: „Gibt es Fördertöpfe? Was erwartet die Verwaltung für Kosten für die Erweiterung? Wie viel auswärtige Flächen sind angemietet und zu welchem Preis? Wie lange laufen die Mietverträge?“ Hirschfelder weiter: „Wenn das alles zusammengetragen ist, kann man sich darüber unterhalten, ob es uns das wert ist oder welche Alternativen wir haben.“ Einen solchen Faktencheck hatte der CDU-Ratsherr auch Ende 2016 schon gefordert. Mehrere Gutachten ergaben, dass die Stadt bei einem Neubau am Droste-Hülshoff-Platz auf Dauer mehr Kosten einsparen könne als im RAG-Gebäude.
Angesichts der erneuten Diskussion über Sinn oder Unsinn des Neubaus erinnert Hirschfelder. „Es gibt noch gar keinen Baubeschluss.“ Zurzeit laufen die Gespräche mit den Auserwählten der ersten drei Plätze des Wettbewerbs – in erster Linie aber mit dem Siegerentwurf des Kölner Büros „V Architekten“. Das letzte Wort über den Bau hat der Rat der Stadt.