Bottrop. Politik und Verwaltung rangeln um den Rathaus-Brunnen. „Schade“, findet Guido Hofmann. Er vermisst die Einbeziehung von Künstlern und Bürgern.

Kunst, Wasser und Grün in der Stadt sind sicher kein Allheilmittel, um eine zunehmend verödende Innenstadt oder einen ganzen Stadtraum zu retten. Mit städtebaulichem Augenmaß, künstlerischem und ökologischem Qualitätsanspruch ausgewählt, könnte Kunst im öffentlichen Raum bis hin zur spannenden Fassadengestaltung aber durchaus Besucher anziehen. Zumindest solche, die sich für diese Aspekte interessieren und jene, die nicht nur städtebauliches Einerlei erleben möchten.

Das jahrelange Gerangel um den Brunnen auf dem Rathausplatz, der erst vernachlässigt wurde, dann saniert werden sollte, dann stillgelegt wurde und jetzt nach kurzem Zwischensprudeln abgetragen werden soll, ist ein Beispiel für den Umgang mit Stadtplätzen und deren „Mobiliar“. Bottrop ist da sicher kein Einzelfall und bei weitem auch nicht das katastrophalste Beispiel.

Aber man fragt sich durchaus, wo Kompetenzen beginnen oder an natürliche Grenzen stoßen, wenn Bezirksvertreter Architekten mit der Gestaltung von Brunnen beauftragen, dafür drei Entwürfe samt Kostenschätzung bestellen (geschätzte Kosten pro Entwurf: 15.000 Euro) und den alten Brunnen für geschätzte 100.000 Euro abtragen lassen wollen. Was eine versetzt platzierte Nachfolgekonstruktion kosten wird, steht dabei noch in den Sternen.

Bottroper Künstler setzt auf Expertise von Künstlern und Akzeptanz der Bürgerschaft

Von einer künstlerischen Gestaltung war bislang keine Rede. Auch einen Beirat scheint es da nicht zu geben. Dabei gäbe es sicher auch lokale Expertise, die nicht nur gut vernetzt ist, sondern auch leicht abgerufen werden könnte.

Wir fragen einen Bottroper Künstler, der in vielen Bereichen und Städten im öffentlichen Raum – auch in Bottrop – seine Spuren hinterlassen hat. Bildhauer und Materialplastiker Guido Hofmann wundert sich schon: „Warum wird kein Kunstwettbewerb mit bestimmten Rahmenbedingungen ausgeschrieben? Da stehen sechsstellige Summen für Entwürfe und Abriss im Raum und als Jury scheint die Bezirksvertretung zu agieren.“

„Wo bleibt da die Bürgerbeteiligung, wo sind Künstler, die hinzugezogen werden?“, fragt sich der Bottroper Kunstschaffende, an dessen großem, mit Skulpturen durchzogenen Kinderspielplatz im Essener Stadtgarten der Autor täglich vorbei läuft. Der wird übrigens täglich von unzähligen Kindern „belagert“ obwohl er mindestens zehn Jahre alt ist. Der „Goldenen Schnitt“ auf dem weißen Podest am Bottroper Kulturhof ist übrigens auch ein „Hofmann“ (2010). Nein, dem 59-Jährigen geht es nicht darum, selbst in so einem Gremium zu sitzen. Aber man kann sich schon fragen, warum zum Beispiel Bottroper Expertise nicht abgerufen wird.

So könnte die Skulptur „Wellenbrecher“ von Guido Hofmann  – hier eine Animation – auf der Halde Schöttelheide aussehen. Aber es könnte auch eine kleine Version für einen Platz in der Stadt entstehen.
So könnte die Skulptur „Wellenbrecher“ von Guido Hofmann – hier eine Animation – auf der Halde Schöttelheide aussehen. Aber es könnte auch eine kleine Version für einen Platz in der Stadt entstehen. © Hofmann

Ideen für Bottrop: Skulpturen-Leasing im öffentlichen Raum

Ideen hätte er genug, wie wenige gezielte Fragen zeigen. Zum Beispiel eine Art Skulpturen-Leasing im öffentlichen Raum. Man sucht Orte, an denen etwas passieren soll, die aufgewertet oder verändert werden sollen, wie zum Beispiel den Rathausplatz, definiert Größe und Funktion und einige Materialvorgaben und wählt dann Arbeiten von guten, vielleicht sogar namhaften Künstlern aus, die dann für einen bestimmten Zeitraum zur Disposition stehen.

„Stoßen sie auf Akzeptanz, ,funktionieren’ sie in dem Umfeld, könnte man sie am Ende kaufen, die Leasing-Summe könnte vom Kaufpreis abgezogen werden, dann hätten beide Seiten etwas davon“, erläutert Hofmann diese Idee. Bei Künstlern denkt er durchaus an Bildhauer Gereon Krebber oder dessen Lehrer Tony Cragg aber auch an Skulpturen von AgustÌn Ibarrola, Hofmanns eigenem Lehrer.

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Hofmann kümmer sich übrigens im Auftrag des Regionalverbands Ruhr (RVR) um dessen berühmte Bottroper Arbeit, die Stelen auf der Halde Haniel, die er nach dem spektakulären Fall von Vandalismus wieder instand setzte. Für die kleinere Halde Schöttelheide hat er die markante Skulptur „Wellenbrecher“ entworfen, die allerdings dort wohl niemals verwirklicht wird, das die Halde möglichst weitläufig Naturschutzgebiet erklärt werden könnte. „Aber ,Wellenbrecher’ ließe sich auch als kleinere Skulptur auf einem Stadtplatz verwirklichen“, sagt Hofmann. Einen Ort zu bekommen, das sei schwierig. Erst dann könne man sich um Sponsoren und Mittel zur Verwirklichung kümmern. Glaubt man dem Künstler, ist letzteres sogar der einfachere Part.

Die begehbare Skulptur „Die Platte“ schufen Guido Hofmann und die Keramikerin Uschi Gutsch vor fast 20 Jahren für den Spielplatz am Borsigweg. Damals eine große Gemeinschaftsarbeit mit Jugendlichen aus der Siedlung. Heute gammelt „Die Platte“ vor sich hin. „Wenig nachhaltig“, bemerkt der Künstler dazu.
Die begehbare Skulptur „Die Platte“ schufen Guido Hofmann und die Keramikerin Uschi Gutsch vor fast 20 Jahren für den Spielplatz am Borsigweg. Damals eine große Gemeinschaftsarbeit mit Jugendlichen aus der Siedlung. Heute gammelt „Die Platte“ vor sich hin. „Wenig nachhaltig“, bemerkt der Künstler dazu. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Zurzeit arbeitet Hofmann nicht nur mit beim Projekt „Kunst am Baum“ des Gelsenkirchener Kunstvereins im Berger Park. Eine Ausstellung dazu zeigt er auch im dortigen Kunstmuseum ab 2. Juli. In Bottrop ist er derzeit mit einem Kunstprojekt der Kulturwerkstatt an der Janusz-Korczak-Schule unterwegs. Dort entstehen große Wandmosaike. „Da könnten die Arbeiten länger gepflegt werden als beispielsweise die Skulptur ,Die Platte’ auf dem Spielplatz Borsigweg“, vermutet Hofmann.

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Diese vor fast 20 Jahren in Gemeinschaftsarbeit mit damaligen Jugendlichen und der Keramikerin Uschi Gutsch geschaffene Großskulptur mit Hofmanns typischen Steinsitzen gammelt seit längerem vor sich hin. Manche sprechen von Abriss, andere wollen Hofmanns ins Planungsboot holen. Das wäre sicher die bessere und nachhaltigere Variante.