Buer. Nils Grube hat die 30. Skulptur an einer Esche in Gelsenkirchen gestaltet. In dem sterbenden Stamm trifft Analoges auf Digitales im Berger Park.

Der Mann weiß, was er macht, vor allem: wie. Denn der Künstler hat ganz bodenständig eine Tischler-Lehre absolviert. Nils Grube hat aus einer absterbenden Esche im Park der Berger Anlagen das inzwischen 30. Exponat der Reihe „Kunst am Baum“ erstellt und es „Now split“ genannt. Die große Astgabel, die von der Säge und dem beginnenden Zerfall verschont wurde, zeigt diese Spaltung.

Kunstverein Gelsenkirchen pflegt das lebendige Projekt

Dieser Baum hat es schwer an diesem Standort, das Eschen-Triebsterben setzt ihm zu, die dicht dabei wachsenden Nachbarn konkurrieren mit ihm um Licht und Wasser. In der kurzen Begrüßung im Park beschrieb daher Ulrich Daduna für den Kunstverein Gelsenkirchen, trotzdem zeige er sich „widerständig“ und habe als Ideengeber für den Zwist zwischen Analogem und Digitalem in der Welt gedient. „Der Baum in der Kunst ist schon immer sehr symbolhaft“, führte er aus.

„Now Split“ hat Nils Grube sein Werk genannt.
„Now Split“ hat Nils Grube sein Werk genannt. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Dieser uralte Sauerstoff-Spender für „die atmenden Tiere, die Menschen“ werde hier einer „Zwischennutzung“ zugeführt, was jedes Jahr seit 1993 zu dem Projekt Kunst am Baum als „Kunst auf Zeit“ geführt habe. Aber in Frage kämen immer nur Bäume, die noch verwurzelt seien, nicht gefällt.

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„Sie bleiben vor Ort, werden nicht ins Atelier transportiert oder konserviert, sind dem Verfall ausgesetzt, und das ist ein gewollter Teil des Projekts. Der Baum ist auf diese Art keine Kulisse, sondern er wird ein Dialogpartner.“

Spaltung von außen

Felix Pape oder Semke, der gestand, mit Grube die Tischlerlehre begonnen zu haben, interpretierte dessen Arbeit. Die Spaltung, wie im Namen des Werks und wie in der Moderne zwischen analog und digital, komme ausschließlich von außen. Grube setze in der Arbeit lediglich sein tägliches Erleben und seine Betrachtungen um und bringe sie zurück in eine Öffentlichkeit.

An der Esche nun zeige sich, worauf es wohl dabei ankomme, „auf das Gleichgewicht und auf die Verwurzelung“.

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Die Buchstaben „AvD“ in der Rinde des unteren Stammteils stehen nebenbei nicht, wie manche tippen mochten, wegen der Nähe für „Arzt vom Dienst“ oder „Annette-von-Droste-Hülshoff-Gymnasium“. Sondern für „analog versus digital“. Und hinter dem „ST“ steckt eine Erinnerung von Nils Grube, wie er lächelnd verriet: Der Name der amerikanischen Doom-Metal-Band „Saint Vitus“, der ihm bei der Arbeit schlicht nicht aus dem Kopf ging „und mit ‘rein musste“.

Im Kunstmuseum, Horster Straße, läuft die Begleitausstellung von Nils Grube.