Bottrop. Vor 150 Jahren stellt der Rat im Dorf erste Laternen auf. Im selben Jahr wird Gustav Ohm neuer Amtmann und im Süden baut man am Malakoffturm.

Vor 150 Jahren hat Bottrop mit Prosper I zwar schon eine arbeitende Zeche, Prosper II ist im Bau, im Dorf selbst herrscht aber Dunkelheit. Zumindest nach Sonnenuntergang sah man buchstäblich keine Hand mehr vor Augen, wie Stadtarchivarin Heike Biskup in ihrer WAZ-Serie „Schätze aus dem Stadtarchiv“ schreibt. Einer dieser Schätze ist der Vertrag der Bottroper Verwaltung mit Brauereibesitzer Bernhard Jansen, der in der Westfalia-Brauerei am Trappenkamp (heute Berliner Platz) ein Elektrizitätswerk betrieb und damit den Strom für die erste elektrische Beleuchtung des Ortes lieferte.

Das war 23 Jahre nach dem Verwaltungsbeschluss, die ersten fünf öffentlichen Lampen aufzustellen. Noch mit Öl, versteht sich. Denn an Strom- oder Gasleitungen war noch nicht zu denken. Dafür wissen wir aber aus alten Akten, wann und wie lange die flackernden Lichtquellen zu leuchten hatten: Vom 1. Oktober bis 15. März von Einbruch der Dunkelheit bis Mitternacht. Bei Bedarf übrigens auch nachts an Sonn- oder Feiertagen im übrigen Jahr.

Am Anfang „erhellten“ fünf Öllampen den Bottroper Ortskern

Später erhöhte sich die Lampenzahl auf 22. Wo sie genau hingen, ist nicht mehr festzustellen. Wahrscheinlich im Umfeld von Kirche und den zahlreichen Wirtshäusern, um den Besuchern etwas heimzuleuchten. Ab 1877 dürfte es auch beim ersten Amtshaus, dem späteren Rathaus, öffentliches Licht gegeben haben. Wer sonst nicht ganz im Dunkeln tappen wollte, musste auf eigene Lichtquellen in Form von Handlaternen zurückgreifen.

Gustav Ohm (1831-1911) war von 1873 bis 1900 Amtmann (Bürgermeister) in Bottrop. In seiner Amtszeit erhielt Bottrop nicht nur die ersten Straßenlaternen, sondern auch die erste Feuerlöschordnung. Durch einen „Deal“ mit dem Industriellen August Thyssen holte er die Zeche Rheinbaben nach Bottrop.
Gustav Ohm (1831-1911) war von 1873 bis 1900 Amtmann (Bürgermeister) in Bottrop. In seiner Amtszeit erhielt Bottrop nicht nur die ersten Straßenlaternen, sondern auch die erste Feuerlöschordnung. Durch einen „Deal“ mit dem Industriellen August Thyssen holte er die Zeche Rheinbaben nach Bottrop. © WAZ | Stadtarchiv/ Repro: Birgit Schweizer

Angeschafft wurden die ersten fünf Laternen jedenfalls im Dezember 1873. Damit könnte das eine der ersten Amtshandlungen von Gustav Ohm (1831-1911) gewesen sein, der seit 27. November Amtmann (Bürgermeister) von Bottrop war und das bis 1900 auch bleiben sollte. Unter Ohm, dessen Nachfahren übrigens bis heute in der Stadt leben, wird auch das Amtshaus an der Kirchhellener Straße errichtet, das später zum heutigen Rathaus ausgebaut wird.

20 Jahre lang bezieht Bottrop Strom von der Westfalia-Brauerei

Dann schließt die Gemeinde unter dessen Ägide 1896 auch den erwähnten Vertrag mit Brauereibesitzer Jansen über die Stromlieferungen für Bottrops erste elektrische Straßenlampen. Von denen steht zum Beispiel eine vor der alten Dorfschule an der Hansastraße, dort wo in den 1920er Jahren der neue Althoff-Bau (Karstadt) errichtet wird. Der Stromvertrag mit der Westfalia-Brauerei läuft übrigens 1916 aus. Da hat Bottrop nicht nur ein eigenes kommunales Stromnetz (Stadt wird die Gemeinde bekanntlicherst 1919) und auch eine Gasversorgung. Die speist zusätzliche 365 Gaslaternen (stand 1906), wie Heike Biskup in ihrem Beitrag schreibt.

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Aber Gustav Ohm bringt nicht nur öffentliches Licht nach Bottrop, das zu seiner Zeit rapide wächst. Er zeichnet 1888 auch verantwortlich für die erste Bottroper Feuerlöschordnung und die Pflicht für Brunnen- und Pumpenbesitzer, diese auch nachts zu beleuchten. Über die Stadtgrenzen hinaus bekannt wird Ohm durch einen „Kuhhandel“ oder „Deal“, wie man heute sagen würde, mit dem Mülheimer Industriellen August Thyssen.

Zeche Prosper II in den 1920er Jahren. In der Mitte der Malakoffturm, der vor 150 Jahren im Bau war – hier noch ohne das später errichtete stählerne Fördergerüst.
Zeche Prosper II in den 1920er Jahren. In der Mitte der Malakoffturm, der vor 150 Jahren im Bau war – hier noch ohne das später errichtete stählerne Fördergerüst. © Stadtarchiv

Da der Amtmann unbedingt wegen der zu erwartenden Steuereinnahmen eine weitere Zeche nach Bottrop holen wollte, bot er Thyssen an, dafür auf die normalerweise üblichen Kosten für Siedlungs- und Infrastruktur zu verzichten. Ohne dieses Lockangebot wäre möglicherweise die Zeche Rheinbaben nicht nach Bottrop gekommen – und der Eigen hätte eine ganz andere Entwicklung genommen. Zum silbernen Amtsjubiläum 1898 verleiht die Gemeinde Gustav Ohm übrigens eine im Stil der Zeit überschwänglich formulierte und äußerlich prachtvolle Urkunde, die heute im Stadtarchiv verwahrt wird.

Mehr Steuereinnahmen hatte Bottrop übrigens zu Ohms Zeit bereits durch die Zeche Prosper II, deren Malakoffturm vor 150 Jahren errichtet wurde. Heute steht er unter Denkmalschutz und bringt wohl keine üppigen Steuereinnahmen mehr, dafür aber regelmäßig Besucher in die Stadt.