Bottrop. Zwei Kleingärten, unterschiedlicher Charakter: Was Domenica und Christian Notz und Andrea und Bodo Reißig eint: keine Chemie am Beckramsberg.

Die Kleingärten von Domenica und Christian Notz und Andrea und Bodo Reißig könnten unterschiedlicher nicht sein. Und trotzdem haben die Parzellen ein wesentliches Merkmal gemeinsam: Sie kommen ohne Chemie aus und versorgen ihre Besitzer während der Saison und teilweise weit darüber hinaus mit Obst und vor allem Gemüse.

Beide Gärten – korrekt sind es drei, denn Reißigs haben vor Jahren noch eine zweite, verwilderte Parzelle für ihre Bienen dazu gepachtet – liegen in Bottrops ältestem Kleingartenverein am Beckramsberg. Es sind sicher nicht die einzigen, die konsequent auf ökologische Nutzung setzen und einen besonders hohen Anteil an Nutzpflanzen aufweisen. Aber in Sachen Pflege, Artenvielfalt und auch, was das verwendete Saatgut angeht, können beide sicher als exemplarisch gelten.

Statt auf Kunstdünger und Pestizide setzen Gärtner auf Kompost, Jauche und Fachwissen

„Dünger, Pestizide oder überhaupt chemische Hilfsmittel kommen bei uns nicht in den Garten“, sagt Christian Notz. Dennoch sieht vor allem der Gemüsegarten von Parzelle 62 wie aus dem Bilderbuch aus. Mehrere Kartoffelsorten, sorgfältig beschildert, Kohlsorten, Wurzelgemüse, Kohlrabi, Zucchini, die ersten „Bionda“-Salatköpfe zeigen sich erntebereit, aber auch Erdbeeren, Obststräucher und ein großer Kirschbaum auf dem Rasenstück zeigen, was Garten kann. Vorn am Weg steht sogar eine Artischocke. Sieht nicht nur interessant aus, sondern liefert auch das gesunde Gemüse – in diesem Fall sind es die Blüten.

In die Hochbeete setzen Domenica und Christian Notz zeitig im Frühjahr die Pflanzen, die sie bereits zu Hause vorgezogen haben. Zum Teil gewinnen sie ihr Saatgut aus samenfesten Sorten, die aber nicht unbedingt alte Sorten sein müssen.
In die Hochbeete setzen Domenica und Christian Notz zeitig im Frühjahr die Pflanzen, die sie bereits zu Hause vorgezogen haben. Zum Teil gewinnen sie ihr Saatgut aus samenfesten Sorten, die aber nicht unbedingt alte Sorten sein müssen. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

„Wir sind im Grunde Selbstversorger und das bis Februar, März“, betont Domenica Notz. Was während der Erntezeit – es kommt ja oft immer alles auf einmal – nicht verbraucht wird, weckt, friert oder lagert das Ehepaar ein. „Im Grunde die Techniken, die schon Eltern und Großeltern kannten und das schont einmal den Geldbeutel und ist vor allem gesund.“ 2022 hatten sie so viele Tomaten, dass daraus sogar eine eigene Currysoße hergestellt wurde.

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Eine Biotonne gibt es nicht. „Wir brauchen auch Grünabfälle selbst, kompostieren und haben so unseren eigenen Dünger“, beschreibt Christian Notz den Kreislauf. Und dann zeigt er noch aufs Jauchefass. „Vorsicht, riecht streng, wie auf dem Bauernhof, ist aber Supernahrung und wird bei Bedarf einfach ins Gießwasser gegeben.“ Es gibt zwar eine Frischwasserleitung im Garten, aber das meiste Wasser kommt aus Fässern und großen Behältern, in denen das Ehepaar Regenwasser auffängt. Gerade ist alles bis zur Oberkante gefüllt, das Frühjahr war endlich mal wieder regenreich.

Das Frühjahr war feucht genug – wenn es jetzt warm wird, explodieren die Pflanzen

Man spüre förmlich, wie alles im Garten in den Startlöchern stehe. „Jetzt fehlt nur noch ein wenig Wärme und alles explodiert.“ In den hölzernen Hochbeeten sieht alles schon fortgeschrittener aus. Die großen Kisten speichern nicht nur besser die Wärme und schützen Empfindliches besser vor Frost, sie sind auch praktisch beim Gärtnern. Vorbei mit dem Bücken.

Kleingärtner und Bienenzüchter: Der Garten von Andrea und Bodo Reißig am Beckramsberg wirkt selbst im noch kühlen Mai wie ein Wimmelbild aus Blumen, Blüten und Stauden. Obst und Gemüse gibts reichlich. Nur Chemie kommt beiden weder an Pflanzen noch in den Boden.
Kleingärtner und Bienenzüchter: Der Garten von Andrea und Bodo Reißig am Beckramsberg wirkt selbst im noch kühlen Mai wie ein Wimmelbild aus Blumen, Blüten und Stauden. Obst und Gemüse gibts reichlich. Nur Chemie kommt beiden weder an Pflanzen noch in den Boden. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Der Garten von Andrea und Bodo Reißig wirkt auf den ersten Blick wie ein Wimmelbild aus bunten Blüten. Stauden, Obststräucher und -bäume, wie Quitten, Äpfel, Birnen. Die legendäre „Gräfin von Paris“, eine alte Birnensorte, die erst nach dem Lagern gut schmeckt, gibt es gleich zwei Mal. „Wir haben uns hier eher an den alten Bauerngärten orientiert, Gemüse, Obst, Blumen und Stauden: alles beieinander“, erzählt Bodo Reißig. Natürlich kennen sie Familie Notz. „Wir tauschen auch schon mal Samen und Pflanzen aus, denn wir arbeiten ja ähnlich“, sagt Andrea Reißig. Chemie ist auch in ihren Parzellen tabu.

Pestizide wären ja auch der Tod für ihre Honigbienen-Völker. Gerade haben Reißigs einen neuen Bienenschaukasten gebaut. Denn auch Schulklassen informieren sich bei den Mitgliedern des Bottroper Imkervereins regelmäßig über die fleißigen Honigproduzenten, die ja auch für die Bestäubung unzähliger Pflanzenarten unerlässlich sind.

Auf der Nachbarparzelle hat Bodo Reißig neben den Bienenstöcken jetzt einen neuen Bienenschaukasten gebaut. Der lässt sich öffnen wie ein Schrank. Schulklassen können sich so über Aufbau und Funktion informieren.
Auf der Nachbarparzelle hat Bodo Reißig neben den Bienenstöcken jetzt einen neuen Bienenschaukasten gebaut. Der lässt sich öffnen wie ein Schrank. Schulklassen können sich so über Aufbau und Funktion informieren. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

„Haben sich einmal Schädlinge angesiedelt, gehen wir natürlich dagegen vor“, so Bodo Reißig. Den Apfelwickler im niedrigen Apfelbaum können man einfach von Hand abzupfen. Allerdings immer in den Restmüll, nie auf dem Kompost damit. „Sonst vermehrt er sich dort weiter.“ Beim sogenannten Birnengitterrost, einem Pilzschädling, zupfen Reißigs ebenfalls die befallenen Blätter einfach ab und entsorgen die getrennt. Der Gemüseanteil ist größer, als man zunächst ahnt. Vorgezogen wird im Gewächshaus. Hochbeete gibts auch.

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Wie bei Familie Notz reicht die Gartenproduktion an Obst und Gemüse bis in den Winter. „Wenn wir dazukaufen, haben wir das bislang in Bottrops Bio-Supermarkt getan“, erzählt Andrea Reißig. Beide hoffen, dass der erhalten werden kann. Sie werden sich jedenfalls auch in der Rettungsinitiative für Bottrops Bioladen engagieren.