Bottrop/Recklinghausen. Die Arten des Trickbetrugs werden immer dreister. Häufig betroffen: Ältere. Ein Experte erklärt die Tricks der Betrüger und gibt wichtige Tipps.

Sie erbeuten im Jahr dreistellige Millionenbeträge, bringen Menschen um ihr Erspartes, ihre Wertgegenstände, um den Verstand: Trickbetrüger, die anrufen oder vor der Tür stehen, sich als Polizisten, Staatsanwälte oder falsche Handwerker ausgeben.

Christian Peuker ist Kriminalhauptkommissar im Bereich für Kriminalprävention und Opferschutz bei der Polizei Recklinghausen. Er versucht, möglichst viele Menschen zu erreichen und zu informieren, um sie vor Trickbetrug zu schützen. Im Gespräch gibt er wertvolle Tipps, wie man das Risiko, zum Opfer zu werden, deutlich minimieren kann – und räumt mit falschen Vermutungen auf.

Trickbetrug am Telefon: Wer ist ein potenzielles Opfer?

„Es kann jeden treffen“, sagt Christian Peuker – nicht nur Senioren. Wobei er sagt, dass die Wahrscheinlichkeit mit dem Alter steigt. Denn Betrüger suchen sich lieber ältere Menschen als potenzielle Opfer in der Annahme, dass es bei ihnen leichter ist. „Sie meinen, sie seien ihnen kognitiv überlegen“, sagt Peuker. Hinzu komme, dass ältere Menschen oft höflicher seien, seltener etwas ablehnten – und häufig noch große Mengen Bargeld zu Hause aufbewahren.

Ältere Menschen sind oft leichtgläubig und werden deshalb häufiger Opfer von Trickbetrügern.
Ältere Menschen sind oft leichtgläubig und werden deshalb häufiger Opfer von Trickbetrügern. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann Funke Foto Services

Für Betrug per Messenger-Dienst gebe es keine Altersgrenze. Dabei geben sich Betrüger als Verwandte aus, die eine neue Handynummer haben, bauen so den schriftlichen Kontakt mit ihrem potenziellen Opfer auf und behaupten dann, dass wegen des neuen Handys das Online-Banking nicht funktioniert – und bitten um Geld.

„Die Täter arbeiten mit dem Schock-Moment“, sagt Christian Peuker. Und in dem könne auch mal die Vernunft aussetzen. „Da treffen Profis auf Laien, Verstand auf Emotionen.“ Er warnt davor, dass man sich zu sicher fühlt oder diejenigen, die auf den Betrug reinfallen, für dumm hält.

Wie kann ich mich schützen, um nicht ins Visier von Betrügern zu kommen?

Um gar nicht erst ins Visier von Betrügern zu kommen, sollte man darüber nachdenken, ob man noch einen Eintrag im Telefonbuch braucht, sagt Christian Peuker. „Wer mit Name, Telefonnummer und Adresse im Telefonbuch steht, erleichtert den Tätern den Erstkontakt“, so der Kriminalhauptkommissar.

Mindestens die Adresse sollte man rausnehmen und gegebenenfalls den Vornamen abkürzen lassen. Denn die Täter identifizieren anhand der Vornamen, wer möglicherweise schon älter und damit ein vermeintlich leichteres Opfer ist.

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Einen weiteren technischen Tipp, den Christian Peuker hat, ist, einen Anrufbeantworter bei jedem Anruf vorzuschalten. Betrüger legen dann auf. Wenn man hört, dass man den Anrufenden kennt, nimmt man ab.

Grundsätzlich rät Peuker, nie mehr Bargeld zu Hause zu haben, als von der Hausratversicherung im Fall eines Diebstahls oder Feuers abgesichert sind. Das sind in der Regel etwa 1500 Euro. Bei der Bank kann man außerdem einen Kontowecker einstellen lassen und einen Angehörigen, zum Beispiel ein Kind, informieren lassen, wenn eine bestimmte Summe abgehoben wird.

Wenn ich einen Anruf bekomme, was tue ich dann?

Das oberste Gebot ist, so Peuker, niemals Auskünfte über die persönliche Lebenssituation zu geben – ob man alleine lebt oder gerade alleine ist und schon gar nicht, ob und wie viel Geld man besitzt. „Angerufene sollten sich nicht ausfragen oder unter Druck setzen lassen und misstrauisch sein.“

Wem ein Anruf merkwürdig vorkommt, sollte im besten Fall erstmal direkt auflegen – auch wenn das schwerfällt, wenn der Anrufer gerade beispielsweise von einem schweren Unfall eines Angehörigen berichtet hat. „Betroffene sollten eine Vertrauensperson hinzuziehen“, sagt der Kriminal-Experte. Also zum Beispiel die Person erstmal versuchen zu erreichen, die vermeintlich um Hilfe fragt. Oder einfach die Nachbarin ansprechen, so dass jemand von außen einen Blick auf die Situation wirft. Oder: die 110 rufen. „Man darf sich nie in eine Eins-zu-eins-Situation begeben“, sagt Peuker. „Die ersten zehn Sekunden sind entscheidend.“

Gibt es Signalwörter, die mich stutzig werden lassen sollten?

Oft behaupten Betrüger, dass ein Angehöriger in Schwierigkeiten ist, man zum Beispiel eine Kaution zahlen müsse. Bei dem Begriff sollte man sofort stutzig werden. „Die Polizei fordert nie eine Kaution.“ Oder die Betrüger behaupten, man müsse zahlen, damit jemand medizinisch behandelt wird – auch das gibt es in Deutschland nicht.

Wie verhalte ich mich, wenn ich Opfer eines Betrugs geworden bin?

Wer merkt, dass er betrogen worden ist, sollte sich sofort an die Polizei wenden – und über das Geschehene mit Angehörigen sprechen. Denn ein Betrug hat auch emotionale Folgen. „Das Geld ist das eine“, sagt Peuker, „aber das Gefühl, so ausgenutzt worden zu sein, macht vielen zu schaffen.“

Welche Chance habe ich, mein Geld wiederzubekommen?

Trickbetrüger arbeiten organisiert in Call-Centern, die oft in der Türkei liegen. Messenger-Betrug wird oft aus Asien oder Afrika heraus betrieben. Für die Polizei ist es schwer, die Verantwortlichen zu schnappen; gelegentlich gibt es stellenweise große Erfolge. Aber, so Christian Peuker: „Als Betroffener hat man kaum eine Chance, an sein Geld zu kommen.“

Hinweis: Dieser Text erschien erstmals im Mai 2023.

Viele wichtige Informationen rund um die Prävention von Betrugsfällen hat die Polizei auf der Internetseite www.polizei-beratung.de zusammengefasst.