Bottrop. Bottrop-Schreiber Hermann Beckfeld sammelt Geschichten, Anekdoten und Erinnerungen. Beim Besuch im Bottroper Seniorencafé wird er fündig.

Mit seiner Zeitreise in die 1950er Jahre blickt der Bottrop-Schreiber Hermann Beckfeld zurück auf die Ära, in der Bottrop zur Großstadt wurde. Zwar konnte er Theodor Albrecht, dessen Geburt 1953 offiziell das Erreichen der 100.000-Einwohner-Marke besiegelte, nicht erreichen und als Zeitzeugen gewinnen. Albrecht zog einst fort aus der Stadt. Doch es gibt ja so viele andere Ur-Bottroper, die zu erzählen haben: von Kneipen, in denen die Fußballfans in Vierer-Reihen an der Theke standen; von Autogrammjagden an der Schauburg; von beliebten Treffpunkten fürs erste Rendezvous.

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Im Seniorencafé, das immer mittwochs im katholischen Gemeindehaus am Kirchplatz stattfindet, hörte Hermann Beckfeld jetzt solche Geschichten, Anekdoten, Erinnerungen. Eingeladen zu dem Austausch hatte die Bottroper Bürgerstiftung, und Stadtarchivarin Heike Biskup steuerte Impulse bei.

Das große Thema für die junge Edda: Sonntag ging’s in Bottrop ins Kino

„Was ist das große Thema gewesen, damals in den 50er Jahren?“ Spontan erzählt Edda Kiepert: „Sonntag Nachmittag durften wir als junge Mädchen ins Kino gehen. Etwas später ist das Kommödchen aus Düsseldorf dort aufgetreten. Meine Mutter hat für Lore Lorentz geschwärmt. Wir haben es dann sogar zu ihr in die Garderobe geschafft.“

Die 1987 abgerissene Schauburg war damals auch Spielort fürs Theater – und Mekka für Autogrammsammler. Sybille Grabinski hat eins von Johannes Heesters ergattert (und bis heute aufbewahrt). Und wie war der Heesters so? „Er war höflich und nett, aber er wollte nach Hause...“

Heike Biskup (Stadtarchiv), Hermann Beckfeld (Bottrop-Schreiber) und Andreas Pläsken (Stadt-Pressesprecher) beim Austausch mit anderen Ur-Bottropern im Seniorencafé. Die Bürgerstiftung hatte zu der Diskussion mit dem Bottrop-Schreiber eingeladen.
Heike Biskup (Stadtarchiv), Hermann Beckfeld (Bottrop-Schreiber) und Andreas Pläsken (Stadt-Pressesprecher) beim Austausch mit anderen Ur-Bottropern im Seniorencafé. Die Bürgerstiftung hatte zu der Diskussion mit dem Bottrop-Schreiber eingeladen. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Von einer Autogrammjagd ganz anderer Art weiß Karl-Heinz Luerweg zu berichten. „Ich war damals Mitglied der katholischen Jugend von St. Cyriakus“, erzählt der 83-Jährige. Die startet 1953 einen Unterschriftenwettbewerb innerhalb Bottrops; je nach Bekanntheitsgrad der Unterzeichnenden werden Punkte vergeben. 50 zum Beispiel für den Oberbürgermeister, 15 oder 20 für den Propst, … „Die ungewöhnlichste Unterschrift war die vom 100.000 Bürger“, so Luerweg.

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Also macht der damals 13-Jährige sich mit dem Rad vom Lamperfeld auf zur Rolandstraße, wo Theo Albrechts Familie wohnt. Für den Jugendlichen sowas wie eine Weltreise. Natürlich habe nicht das Baby selbst unterzeichnet, sondern „Mutter oder Vater“. Luerweg schlawinert zudem am Rathaus rum, um den OB abzufangen, und registriert die markante Signatur eines Arztes – „der machte nur einen Strich“. Am Ende belegt er im Wettbewerb den stolzen 4. Platz.

Die Namen einstiger Bottroper Kneipen könnten lange Listen füllen

Lange Listen könnten die Seniorencafé-Besucher füllen, wenn es um ehemalige Bottroper Kneipen geht. Stellvertretend sind Franz und Wilma Reidick da; die Gaststätte Reidick lag einst an der Parkstraße, mit dem Stadtgarten im Rücken. „Ich bin 1951 da geboren“, erzählt Franz Reidick. Er erinnert an den großen Biergarten, an die Kegelbahn. „Ich musste dort die Kegel aufstellen.“ Zehn Mark gab’s dafür. Reidick erinnert sich an Hochzeiten des VfB Bottrop, in denen „standen die Leute in Viererreihen an der Theke“. Teilweise lag die Kneipe zudem auf dem Weg zu Prosper III. Die Bergmänner hätten ihre Trinkflaschen ausgekippt. „Und mein Vater hat gesagt: Mach die voll mit Schnaps“.

Und sonst? Zählen Petra und Walter Onischke zu den Paaren, die sich einst am „Wasserschlösschen“ genannten Pavillon am Pferdemarkt verabredeten. Doch ihr erstes Rendezvous fand an der Glocke am Rathaus statt. Gut 50 Jahre später haben die beiden 2022 Goldene Hochzeit gefeiert. Immer noch als Bottroper. „Es gibt schlechtere Städte“, meint Petra Onischke trocken, auch wenn sie Bottrop früher „schöner, sicherer“ fand.

Und vor allem auch Städte, die es anders als Bottrop niemals auf die TV-Wetterkarte geschafft haben – aber das ist nicht 50, sondern erst 30 Jahre her – und wieder eine ganz andere Geschichte...

Hermann Beckfeld freut sich über weitere Anregungen und Geschichten aus Bottrop. Diese könnten Eingang finden in das Buch, das am Ende der einjährigen Bottrop-Schreiber-Zeit entstehen soll. Wer etwas beitragen möchte, erreicht ihn per E-Mail an bottrop-schreiber@t-online.de