Bottrop. Ein Bottroper will der neue Vize-Chef der Stadtverwaltung in Bottrop werden. Er verrät, wie er als Chef so ist, und sagt, was ihn entsetzt hat.
Ein bekennender Bottroper ist der einzige Kandidat für die Wahl des neuen stellvertretenden Chefs der Bottroper Stadtverwaltung. Bei seiner offiziellen Vorstellung im wichtigen Hauptausschuss des Stadtrates machte der Jurist klar, dass er einigen Handlungsbedarf sieht und welche Prioritäten er dabei setzen will.
An erster Stelle auf der Liste seiner vorrangigen Handlungsfelder steht die Sicherheit in der Stadt. Für jemanden, der neuer Dezernent für Recht und Ordnung werden will, dürfte das zwar die selbstverständliche Hauptaufgabe sein, doch die Prioritätenliste des 53-Jährigen geht weit darüber hinaus.
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In der kommenden Woche wird sich Rechtsamtsleiter Emilio Pintea im Stadtrat der Wahl zum Ersten Beigeordneten Bottrops stellen. Da ein zweiter Interessent seine Bewerbung inzwischen zurückgenommen hat, steht der Bottroper konkurrenzlos da. Bei seiner Wahl wird Pintea als Nachfolger des langjährigen Vize-Verwaltungschefs Paul Ketzer das Dezernat für Digitalisierung, Recht und Ordnung in der Verwaltung leiten. Dazu braucht er bei der Abstimmung mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen im Rat. Seine Amtszeit beginnt dann am 1. September und wird bis Ende August 2031 dauern.
Aus dem Ressort, in dem Staatsanwälte jetzt ermitteln
Emilio Pintea leitet zurzeit jenes Ressort, in dem die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachtes auf Korruption Ermittlungen aufgenommen hat. Denn die Vorwürfe der Bestechlichkeit und der Untreue zum Nachteil der Stadt Bottrop bei der Auftragsvergabe an eine Sicherheitsfirma richten sich gegen einen 50 Jahre alten Mitarbeiter des Ordnungsamtes. „Solche Dinge werden immer wieder einmal passieren“, befürchtet der Ressortleiter. Welche Konsequenzen aus dem Verdacht zu ziehen seien, hänge vom Ausgang der Ermittlungen ab. „Wir wissen noch gar nichts“, sagte Pintea. Dennoch habe die Stadt bereits einiges zur Verhinderung von Korruption unternommen. So seien Barzahlungen abgeschafft und das Vier-Augen-Prinzip eingeführt worden. Seit Anfang des Jahres gibt es außerdem einen Compliance-Beauftragten bei der Stadtverwaltung.
„Ich bin mit Leib und Seele Bottroper, und ich lebe in dieser Stadt. Ich hänge an unserer Stadt und mir liegt viel daran, dass es hier gut läuft“, sagte Emilio Pintea. Er verstehe sich dabei als Bindeglied zwischen den Ratsmitgliedern und den Beschäftigten der Verwaltung. Er werde sich mit viel Herzblut einbringen, versprach Pintea. Einfach sei es nicht, die Stadt in eine gute Zukunft zu führen, ist ihm dabei klar. „Ich weiß sehr wohl, dass es herausfordernde Aufgaben sind“, unterstrich der Jurist.
Entscheidend für die Wohnqualität in Bottrop
Schon in seinem Bewerbungsschreiben hatte der Rechtsamtsleiter klargemacht: „Die öffentliche Sicherheit und Ordnung ist ein hohes Gut und beeinflusst entscheidend die Wohnqualität in dieser Stadt“. Ihm sei es daher wichtig, Ordnungsstörungen und Gefahrenlagen klar und durchsetzungsstark zu begegnen.
Dabei setzt Emilio Pintea auf eine weiterhin gute Zusammenarbeit zwischen der Polizei und dem Kommunalen Ordnungsdienst (KOD). Aufgabe sei es, das Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger aufrechtzuerhalten und an einigen Stellen zu stärken. Dazu will der voraussichtliche Rechtsdezernent den gerade erst personell ausgebauten Kommunalen Ordnungsdienst mittelfristig weiter aufstocken und auch die Qualität der KOD-Arbeit immer weiter verbessern.
Digitalisierung muss in Bottrop mehr Fahrt aufnehmen
Einen starken Schub braucht die Stadt aus seiner Sicht bei der Digitalisierung und der damit oft auch verbundenden Verbesserung des Bürgerservices. Gerade erst hatte FDP-Ratsherr Andreas Mersch einmal mehr beklagt, dass Bottrop im Großstand-Ranking zum Stand der Digitalisierung immer weiter abrutsche. „Ich weiß, da ist Luft nach oben“, sagte Emilio Pintea. Er wolle daher feststellen, warum andere Städte weiter seien. Die Digitalisierung müsse auch in Bottrop mehr Fahrt aufnehmen.
Der Rechtsamtsleiter hatte vor seiner Vorstellung im Hauptausschuss bereits Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern der Ratsfraktionen und Ratsgruppen geführt. Er sagte den Ratsmitgliedern auch jetzt ausdrücklich transparentes Handeln der Verwaltung zu. Intern bevorzuge er einen wertschätzenden Führungsstil. „Wenn die Stimmung bei den Mitarbeitenden gut ist“, so Pintea, seien auch die Leistungen gut. Kritiklos gehe es dabei allerdings keineswegs zu. Der Umgang miteinander müsse aber fair sein, erklärte der Amtsleiter, und: Die städtischen Beschäftigten dürften Kritik auch gegenüber dem Chef äußern.
Entsetzen über wenige Bewerbungen um Spitzenjob
Pintea sieht es ohnehin als schwierig an, gutes Personal bei der Stadt zu halten und gutes neues Personal zu gewinnen. „Das wird eine große Herausforderung für die gesamt Stadtverwaltung“, sagte der Bottroper. Das Problem machte er auch an der Position fest, die er selbst anstrebt. Er sei geradezu entsetzt darüber, dass es derart wenige Bewerbungen um den Spitzenjob bei der Stadt gab. Pintea schlug vor, zukünftig auch im Wettbewerb der Städte um gutes Personal untereinander mehr Anreize zu schaffen. „Mit der alten Methode, Ausschreiben und abwarten, können wir keinen Blumentopf mehr gewinnen“, sagte er. Es sei ratsam, auch gezielt auf externe Leute zuzugehen.
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Die Beschäftigten der Stadt leisteten gute Arbeit, ist sich der Bottroper sicher. Das sei angesichts der vielen Herausforderungen wie der Krise der Bottroper Innenstadt mit den Problemen beim Hansacenter und beim früheren Karstadtgebäude, aber zum Beispiel auch bei der Verkehrsplanung auch weiterhin sehr wichtig. Als konkretes Arbeitsfeld oben auf seiner Liste hat Pintea daher auch den Ausbau des Radwegenetzes. Sein Ziel sei es, die Zusammenarbeit der daran beteiligten Ressorts zu stärken und – konstruktiver zu gestalten.
Bei seiner Wahl ist Pintea ja etwa auch für das Straßenverkehrsamt verantwortlich, das im Stadtrat unter den vehementeren Befürworterinnen und Befürwortern des Radverkehrs einen zweifelhaften Ruf als Nein-Sager-Behörde genießt.