Bottrop-Kirchhellen. Schäfer Maik Dünow beobachtet: Wölfe besuchen seine Schafherde in Kirchhellen jede Nacht, kommen nah bis an den Zaun. So schützt er die Tiere.
Wer momentan durch Kirchhellens Felder und Wiesen läuft, der hat sehr wahrscheinlich die rund 250 Schafe entdeckt, die seit einiger Zeit auf der Weide am Alten Postweg stehen. Die Schafherde gehört Maik Dünow, Schäfer aus Wesel, der seit Jahren mit seinen Tieren auch immer wieder nach Bottrop kommt. Doch schon seit längerer Zeit hat er, genau wie seine Schäfer-Kollegen, mit den Auswirkungen der Verbreitung des Wolfes zu kämpfen.
Vier große Pyrenäenberghunde laufen aufgeregt am Zaun entlang, als Maik Dünow sich seinen Tieren nähert. Zaun und Hund seien nun mal die beste Möglichkeit, die Tiere vor Wolfsangriffen zu schützen, erzählt er. Früher habe er nur zwei Hunde bei seiner Herde gehabt, 40 tote und verletzte Schafe seien das Resultat gewesen.
„Ich habe dann schnell gemerkt, dass Hunde der Schlüssel zum Herdenschutz sind, und aufgestockt“, sagt der Schäfer. Seitdem kam es bei seinen Tieren zu keinen weiteren Verlusten, erklärt er. Auch in Zukunft könnten die Schäfer nicht mehr ohne Herdenschutz arbeiten, sagt Dünow.
„Ich habe viel mehr mit den Menschen zu kämpfen als mit dem Wolf“
Doch das größte Problem sieht Maik Dünow nicht etwa bei den Wölfen selbst, die in den letzten Jahren immer dreister und angepasster geworden seien. „Ich habe viel mehr mit den Menschen zu kämpfen als mit dem Wolf. Die Leute wollen den Wolf schützen, aber einen Zaun zum Herdenschutz wollen sie natürlich nicht in der Landschaft haben“, sagt er.
Und auch das Gebell seiner Herdenschutzhunde störe – besonders in der Nähe von Wohngebieten – viele Menschen. Doch seine Hunde seien nun mal notwendig, um den Herdenschutz zu sichern. Denn die Wölfe besuchten seine Schafherde in Kirchhellen jede Nacht und kommen mittlerweile bis auf 20 Meter an den Zaun heran, sagt Dünow.
„Die Politik muss endlich handeln und Verantwortung übernehmen“
Noch problematischer als die Bevölkerung, die die Augen vor den Problemen des Wolfes verschließen würde, sei jedoch die Rolle der Politik, sagt Dünow. „Wir Schäfer werden von der Politik alleine gelassen. Die Rückkehr des Wolfes ist eine gesellschaftliche Aufgabe und nicht die Verantwortung von uns Schäfern. Im Moment fühlt sich aber niemand verantwortlich“, erzählt Maik Dünow. Denn vor allem finanziell würden die Schäfer alleine gelassen, kritisiert er.
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Die monatlichen Kosten für den Herdenschutz müsse er selber tragen. Beispielsweise die 1000 Euro Futterkosten, für die insgesamt 15 Herdenschutzhunde, die seine Schafe vor Wölfen schützen. Diese Kosten könnten viele Betriebe nicht mehr stemmen und würden aufhören. „Nur die Politik kann unser Überleben sichern, indem sie uns für unsere Arbeit entsprechend fördert. Die müssen endlich aus den Pötten kommen“, fordert Maik Dünow.
Indem die Schäfer sich eigenständig um den Herdenschutz kümmern, würden sie gleichermaßen auch für den Schutz des Wolfes sorgen, sagt Maik Dünow. „Wir schützen unsere Tiere vor Angriffen und dadurch wirkt es so, als ob der Wolf ja gar nicht so problematisch sei, da er durch unseren Herdenschutz ja kaum Nutztiere reißt. Die Wölfe werden verharmlost und als Konsequenz als schützenswert eingestuft. Dass es nur nicht zu Angriffen kommt, weil wir uns um Herdenschutz kümmern, wird vergessen“. Den letzten Nutztierriss in Bottrop gab es am 26. Oktober 2022.
„Wer den Wolf will, der muss sich auch drum kümmern“
Maik Dünow hat schon viele Debatten um den Schutz der Wölfe miterlebt und kritisiert vor allem, dass man in der Politik zu selten mit den Praktikern sprechen würde. „Nicht der Wolf ist das Problem, sondern das Drumherum. Die praktische Meinung ist nicht gefragt und so wird das Problem immer größer“, sagt er. Die Wölfe würden immer abgezockter werden und kennen seine Hunde mittlerweile besser als er selbst, erzählt Dünow.
Wolfsgegner wie das Bürgerforum Gahlen fordern schon länger, Wölfin „Gloria“ abzuschießen, weil sie in der Lage sein, Herdenschutzzäune zu überspringen. „Wer den Wolf will, der muss sich auch drum kümmern. Sonst muss der Wolf weg“, macht Dünow deutlich. Der Schäfer fordert von der Politik, dass man endlich die Praktiker an einen Tisch holen müsse und schnell für finanzielle Unterstützung sorge.