Kirchhellen. Infoabend der KAB in Grafenwald: Das Thema Wolf polarisiert. Konflikte zwischen Naturschützern und Nutztierhaltern wurden deutlich.

„Der Wolf polarisiert“, sagt Rolf Fricke, Vorsitzender des Naturschutzbundes (Nabu) Bottrop beim Info-Abend der KAB Grafenwald zum Thema „Rückkehr des Wolfes“. Schon der erste Blick in den Saal des Pfarrheimes Heilige Familie beschreibt treffend den Konflikt des Abends. Gegenüber vom großen Wandbild des „guten Hirten“ mit seiner Schafherde hatte der Nabu ein lebensgroßes Wolfsrudel mit Welpen aus Pappe aufgestellt. Im Verlauf des Abends wurden die emotionalisierten Gegensätze zwischen Naturschützern und Nutztierhaltern zunehmend deutlicher.

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Den Einführungsvortrag übernahm Wolfgang Kwasnitza vom Nabu, der die lange Geschichte des Wolfes in Europa aufgriff, schließlich habe auch Bottrop die Kirchhellener „Wolfsangeln“ in seinem Wappen. Inzwischen leben wieder Wölfe in Deutschland, in NRW gibt es ausgewiesene Wolfsgebiete. Gründe für die Rückkehr des Wolfes seien der Artenschutz und die geeigneten Lebensräume bei der Wanderung der Jungwölfe. Die Rudel blieben eher klein bei Eltern, die erwachsenen Jungwölfe trennen sich vom Rudel. Im Bereich Schermbeck seien die Wölfin „Gloria“, ihr Gefährte sowie Welpen nachgewiesen. Wurfzeit sei im Frühjahr, damit sei mit neuen Jungtieren bald zu rechnen.

„Wölfe fressen den Wald nicht leer“

Kwasnitza betonte: Wölfe würden den Wald nicht leerfressen, sie seien nützliche Rückkehrer mit ökologischer Bedeutung für gesunden Wald. Sie seien ein natürlicher Teil unseres Ökosystems, würden überwiegend Wildtiere fressen, nur 1,6 Prozent ihrer Nahrung seien Nutztiere.

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Die Gefahr für die Menschen wurde als sehr gering eingestuft. Der „böse“ Wolf habe ein schlechtes Image, unsere Gesellschaft sei nicht mehr daran gewöhnt, große Beutegreifer zu haben. Aber viele Anwesende äußerten „ungute Gefühle“ wenn man morgens Wölfe in der Nähe des Hauses sehe. Man solle ruhig bleiben, nicht weglaufen, raten die Experten. Gegebenenfalls solle man sich groß machen, Lärm erzeugen, notfalls mit Gegenständen werfen. Dass Lärm helfen würde, wurde angezweifelt: „Vor wem und was sollen die Wölfe denn Angst haben? Sie sind angepasst.“

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Insgesamt sei ein Umdenken notwendig, früher habe man die Tiere nur auf der Weide halten müssen, jetzt müsse man den Wolf von der Weide fernhalten. Das bedeute einen weit höheren Aufwand. Es gebe zwar keinen hundertprozentigen Schutz, aber flächendeckender Herdenschutz minimiere die Risiken und könne das Miteinander konfliktfreier gestalten.

Tierhalter kritisieren bürokratischen Aufwand für Landesförderung

Schutz vor den Raubtieren könne vor allem der neue Herdenschutzzaun bieten. Allerdings sei auch der Aufwand und die Pflege sehr hoch. Das Material werde bezahlt, aber Personal- und Folgekosten blieben bei den Tierhaltern. Bemängelt wurde der immense bürokratische Aufwand. „Das ist unmöglich“, berichtete Britta Schüttert. Sie habe die neun Seiten starken Anträge seit Januar mehrfach stellen müssen, da diese wegen „Lappalien“ ständig zurückkämen. „Es geht hier um Lebewesen, die Gefahr vor der Haustür ist doch greifbar!“ empörte sich die Ponyhalterin.

Ein Video zeigt Wölfin Gloria und ihren Wolfsrüden (Bild) im Oktober 2020 an einer Pferdeweide in Kirchhellen.
Ein Video zeigt Wölfin Gloria und ihren Wolfsrüden (Bild) im Oktober 2020 an einer Pferdeweide in Kirchhellen. © Vornbrock | Bürgerforum Gahlen

Der Abend zeigte: Die Standpunkte sind festgefahren und schwer vereinbar. Dass das Thema konfliktbeladen ist, verdeutlichten die Einwürfe, die den Vortrag oft unterbrachen: „Der Wolf ist ein Raubtier, der hat bei den Menschen nichts verloren:“ „Der Wolf gehört nicht in dicht besiedelte Gebiete!“ „Hier ist der Wolf fehl am Platze!“ „Wir tun erst alles, um den Wolf anzusiedeln und wollen ihn dann doch nicht!“ „Wenn wir den Wolf wollen, müssen wir ihn schützen!“ Das waren einige lautstarke Diskussionsbeiträge.

Einig waren sich Tierhalter und Artenschützer in ihrer Kritik an der Politik. Die vom Umweltministerium vorgelegte Wolfsverordnung sei nicht praxistauglich und müsse überarbeitet werden, bei der Richtung, in der dies geschehen solle, gehen die Meinungen wieder auseinander.

Nabu ruft den „Tag des Wolfes“ aus

Wolfgang Kwasnitza, stellvertretender Sprecher des Landesfachausschusses Wolf beim Nabu, sprang mit seinem Vortrag für Katharina Stenglein ein. Die Projektkoordinatorin für das Bildungsprojekt „Die Rückkehr des Wolfes nach NRW“ konnte den Termin nicht wahrnehmen.

Der Nabu hat den 30. April zum jährlichen „Tag des Wolfes“ ausgerufen. Der Projekt-Schutzzaun ist auf der Reitanlage Reßling zu besichtigen, Hoher Wardweg 12, Hünxe.