Bottrop. Eine Hundetrainerin beklagt ungehorsame, teils wildernde Hunde und Verstöße gegen die Leinenpflicht. Wer erwischt wird, muss zahlen.
Als Tierfreundin wirkt Nadine Bachmann noch Tage später schockiert, als sie von ihrem Hunde-Spaziergang im grünen Grafenwald erzählt: „Wir mussten leider mit ansehen, wie zwei Hunde erst über ein Feld liefen, dann ein Kaninchen aufscheuchten, hetzten und schließlich rissen!“ Das Tier habe um sein Leben geschrien, das Bild bekomme sie so schnell nicht wieder aus dem Kopf.
Was sie dabei am meisten ärgert: Die Besitzerinnen der freilaufenden, ihren Angaben nach nicht abrufbaren Hunde hätten keinerlei Einsicht gezeigt. Kein Einzelfall, wie die Hundetrainerin aus Gladbeck beklagt – und sie verweist u.a. auf die Leinenpflicht. „Es wäre schön, wenn sich nicht nur fünf Prozent der Hundehalter an die Regeln halten.“
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Leinenpflicht besteht im Stadtgebiet fast überall (siehe Infobox). Zu den Ausnahmen zählen Waldwege, so diese nicht in Naturschutzgebieten liegen. Über bestellte Felder oder Heuwiesen zu jagen, ist ebenfalls tabu. Wer seine Vierbeiner nicht entsprechend im Griff hat, muss mit ordnungsbehördlichen Konsequenzen rechnen – falls er oder sie erwischt wird.
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„Sofern hier Verstöße gegen die Leinenpflicht bekanntwerden, werden sie je nach Schwere unterschiedlich geahndet“, heißt es von der städtischen Pressestelle. „Bei dem erstmaligen Verstoß gegen die Leinenpflicht und einem einsichtigen Halter wird im Regelfall eine mündliche Verwarnung ausgesprochen. Im Wiederholungsfall, bei uneinsichtigen Haltern oder sonstigen schwereren Verstößen wird ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet. Die betroffene Person erhält je nach konkretem Verstoß ein Verwarngeld oder ein Bußgeld.“
Bei einem erstmaligen, einfachen Verstoß liegt das Verwarngeld laut Pressestelle im Regelfall bei 35 Euro. Kommen mehrere Verstöße zusammen – wenn zum Beispiel auch noch der Hundekot nicht entfernt wird –, erhöht sich das Verwarngeld entsprechend bis auf 55 Euro. „Bei Wiederholungstätern oder in Tateinheit mit Personalienverweigerung kommt es im Regelfall zu einem Bußgeldbescheid, der dann im unteren dreistelligen Bereich angesiedelt ist“, so die Stadt.
Kommunaler Ordnungsdienst geht Streife in Bottroper Parkanlagen
Gehen Beschwerden über freilaufende Hunde beim Kommunalen Ordnungsdienst ein, geht dieser kurzfristig Streife an den genannten Stellen. „Darüber hinaus findet täglich zu unterschiedlichen Uhrzeiten generell eine Bestreifung der Bottroper Parkanlagen statt.“
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Nicht nur mögliches Wildern oder etwa die Verschmutzung von Feldern durch Kot bergen Konfliktpotenzial. So findet es nicht jeder Hund (wie Mensch) gut, wenn ein Artgenosse ohne Leine einfach zu ihm hin gestürmt kommt. „Mein Terrier ist schon 14 Jahre alt. Wenn ein fremder ,Tut-Nix’ auf ihn zugestürmt kommt, während er selbst angeleint ist, dann will er das nicht. Und dann heißt es, er wäre aggressiv“, ärgert sich Nadine Bachmann.
Auch sie selbst lasse zwei ihrer drei Hunde teils frei laufen. „Aber die sind abrufbar“, betont sie, und als Such- und Therapiehund (Terrier), Assistenzhund (Spitzdame) sowie im Sicherheitsdienst geführter Hund (Holländischer Schäferhund) sowieso gründlich ausgebildet. Als Betreiberin einer Hundeschule und Tierheilpraktikerin spreche sie auch mit Kunden über das „Nicht-Anlein“-Problem, und gemeinsam habe man den Eindruck, dieses sei in den vergangenen zwei, drei Jahren „extrem schlimm“ geworden. Also während der Corona-Pandemie mit ihrem Haustierboom.
Teckelklub-Vorsitzender: „90 Prozent der Besitzer leinen ihren Hund nicht an“
Diese Einschätzung teilt auch Christian Haffert, Vorsitzender des Deutschen Teckelklubs Bottrop-Osterfeld. Auf den Runden mit seinem eigenen Hund stellt er fest: „90 Prozent der anderen Hundebesitzer leinen ihren Hund nicht an. Wenn diese Hunde dann auf den Abruf hören, ist ja gut.“ Doch circa 70 Prozent kämen einfach angelaufen. Was unschön enden kann, weil man ja nie weiß, wie die Hunde aufeinander reagieren, beschreibt wie Nadine Bachmann auch der DTK-Chef. „Stimmt die Sympathie nicht, haben die Hunde sich schnell in der Wolle.“ Wenn er aber Hundehalter darauf hinweise, stoße er „nur auf taube Ohren“.
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Gänzlich verboten sei, wenn Hunde hinter Wild her seien – „wenn man das eng sieht, kann das den Straftatbestand der Wilderei erfüllen. Besonders, wenn man das bewusst macht“, sagt Christian Haffert. Ein gesundes Kaninchen allerdings, fügt er noch hinzu, „kriegt ein Hund normalerweise nicht“.
Grundsätzlich rät der Vereinsvertreter allen Neu-Hundebesitzern den Besuch einer Hundeschule (gibt es privat oder über Vereine) und die Absolvierung der Begleithundeprüfung, „so dass man mit den Hunden gut durch den Alltag kommt. Ohne geht es nicht, wenn man hundeunerfahren ist.“
Frei herumrennen können die Vierbeiner zudem in jedem Fall auf der eingezäunten Hundewiese hinter dem Forsthaus Specht.
Näheres zur Leinenpflicht
Folgende Regelungen zur Leinenpflicht gelten in Bottrop, sie beruhen auf unterschiedlichen Gesetzen und Verordnungen: Für große Hunde (ab 40 cm Widerristhöhe bzw. ab 20 kg Gewicht) gilt eine generelle Leinenpflicht auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen innerhalb bebauter Ortsteile. Dort gilt die Leinenpflicht auch für erlaubnispflichtige Hunde (sogenannte „Kampfhunde“), die eine Leinenbefreiung besitzen.
Alle, auch kleine Hunde, müssen in Fußgängerzonen, Haupteinkaufsbereichen, Aufzügen, auf Volksfesten und ähnlichem an die Leine sowie in sämtlichen Park-, Garten- und Grünanlagen Bottrops.
In Wäldern oder auf Feldwegen ohne enge Wohnbebauung, dürfen Hunde grundsätzlich unangeleint geführt werden, führt die städtische Pressestelle weiter aus. Allerdings gebe es auch hier Einschränkungen. Landwirtschaftlich genutzte Flächen, zu denen u.a. sowohl bestellte Felder als auch zur Heuernte genutzte Wiesen gehören, dürfen zum Beispiel nicht betreten werden.
Darüber hinaus dürften Hunde im Wald zwar unangeleint geführt werden, allerdings die offiziellen Wege nicht verlassen. Und in ausgewiesenen Naturschutzgebieten gilt wiederum eine generelle Anleinpflicht für Hunde.