Bottrop. Die Schankwirtschaft im Schatten der Cyriakuskirche ist eine echte Bottroper Institution. Darum feiert Wirtin Irini Hubert nicht nur zu Karneval.

Die „Domschänke“ im Schatten der Cyriakuskirche wirkt auf den ersten Blick fast ein wenig versteckt. Das weiße Partyzelt vor der Gaststätte versperrt Besucherinnen und Besuchern den Blick auf die Eingangstür. Das Namensschild der altbekannten Bottroper Schankwirtschaft ist über das Zeltdach hinweg dafür um so besser zu sehen. Es ist gerade Mittagszeit. Die Kneipentür steht heute erst seit kurzem offen, doch es dauert nicht lange, da setzen sich die ersten Gäste zu Wirtin Irini Hubert an die Theke. Im Nu steht ein frisch gezapftes Glas Pils vor ihnen.

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Die Kneipe am Kirchplatz ist eine kleine Bottroper Institution. Hinter der Theke lächelt jetzt eine bunte Clownsfigur Irini Huberts Stammgäste an. Die ganze Schankwirtschaft ist dezent dekoriert und stimmt auf die Karnevalszeit ein. „In diesem Jahr wird endlich wieder alles anders. Es ist der erste Karneval nach der Corona-Pandemie“, sagt die Gastwirtin. Dass die Lockdown-Phasen zuvor auch für sie eine ganz miese Zeit waren, muss sie nicht groß erklären. Doch jetzt wird groß gefeiert, auch dann noch wenn der Karneval längst wieder vorüber ist.

Stammgäste haben eine Einladung bekommen

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Vor 20 Jahren hat Irini Hubert nämlich den Laden übernommen und die beliebte Kneipe eröffnet. Das wird sie Ende Februar feiern. „In geschlossener Gesellschaft“, betont die Wirtin, „wir feiern eine Party. Alle Stammgäste haben eine Einladungskarte bekommen.“ Denn gerade bei ihren Stammgästen möchte sich die Bottroperin bedanken. Wer weiß schließlich, ob es die „Domschänke“ ohne ihre Stammgäste überhaupt noch gäbe. „Ich stelle mich eigentlich nur noch ihretwegen hinter die Theke“, sagt sie. Allerdings machen diese ja auch gut 80 Prozent ihrer Kundinnen und Kunden aus.

„Einige sind fast jeden Tag hier. Wir sind hier wie eine große Familie“, sagt die Gastwirtin. Dabei sind die goldenen Kneipenzeiten lange vorbei. Selbstverständlich habe das auch mit dem Sterben der großen Warenhäuser in Bottrop zu tun. Karstadt und das Hansacenter lagen ja um die Ecke. „Wenn die Frauen zum Einkaufen waren, wurden die Männer hier so lange geparkt“, erzählt Irini Hubert schmunzelnd. Heute sei das allenfalls noch an verkaufsoffenen Sonntagen so – und auch dann, wenn quasi direkt vor der Tür die Wochenmärkte aufgebaut sind, hat auch die Wirtin richtig gut zu tun.

In Vereinsheimen begann die Karriere als Wirtin

So lange sie nicht ständig drauf zahlen müsse, mache sie daher weiter. Privat sei sie ja abgesichert, Ehemann Berni hat die Rente durch. „Ich bin mit Herzblut Wirtin“, versichert Irini Hubert. Dabei hätte sie sich das früher ganz und gar nicht vorstellen können. „Das kam für mich überhaupt nicht in Frage“, sagt sie. Doch irgendwann habe sich dann ein Bekannter gefragt, ob sie nicht in einem Vereinsheim mal aushelfen könne.

Schließlich arbeitete sie drei Jahre hinter dem Tresen im Lokal des Kleingärtnervereins „Am Overbeckshof“, weitere Jahre folgten im Vereinslokal der Beckheide-Kleingärtner. „Das hat mir so viel Spaß gemacht“, erzählt die Bottroperin, die dann vor gut zwei Jahrzehnten einen heißen Tipp eines früheren Kleingärtners bekam. „Dieter Müller“, erinnert sich die 51-Jährige, habe sie auf das damals freie Lokal am Kirchplatz aufmerksam gemacht.

Die Gastwirtschaft „Domschänke
Die Gastwirtschaft „Domschänke" liegt fast ein wenig versteckt hinter dem weißen Partyzelt am Kirchplatz in Bottrop. Rosenmontag ist hier Eintritt frei, steht auf dem gelbem Schild. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

„Junge Bottroper trinken ganz normales Bier“

Heute sei die „Domschänke“ ein Treffpunkt für Generationen. Die jüngsten Gäste seien so um die 19 Jahre alt, der älteste an die neunzig. Trotz der vielen Modebiere mit ihren Aromen wie Grapefruit, Zitrus, Mandarine, Honig oder auch Schokolade weiß die Gastwirtin: „Auch junge Leute trinken ganz normales Bier“. Bei ihr bekommen sie König Pilsener vom Fass.

„Wir gehören aber auch zu den wenigen, die zwei Altbiersorten haben: Diebels und Frankenheimer“, berichtet die 51-Jährige. Auch Weizenbier sei in der Kneipe am Kirchplatz im Ausschank. In die „Domschänke“ können die Bottroperinnen und Bottroper tatsächlich auch noch zum Frühschoppen gehen. Dreimal in der Woche ist die Wirtschaft morgens ab 10 Uhr geöffnet: an den Markttagen mittwochs und samstags und auch sonntags. An den anderen drei Wochentagen öffnet die Wirtin ihr Lokal ab 14 Uhr.

Hier gingen viele zum Essen in den Keller

Gastfreundlich ging es an der Kirchplatz-Adresse auch schon vor Beginn der Domschänke-Ära zu. „Ganz früher war hier ein Hotel garni. Dann kam die Pinte mit ihrem Restaurant. Da gingen hier viele immer zum Essen in den Keller“, erzählt Irini Hubert. Als Bottroper Kind weiß sie so etwas natürlich. Im Dom gegenüber ihrer heutigen Kneipe wurde sie einst getauft, ging in St. Cyriakus auch zur Erstkommunion und kann sich bestens an die alten Zeiten erinnern.

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Auch daran, dass das Lokal am Kirchplatz in der Vorzeit auch einmal nicht immer die beste Adresse gewesen sein muss. Es ist jedenfalls gar nicht so lange her, dass sie sich bei der Tresen-Serie von Bottcast und WAZ über den intensiven Grasgeruch amüsierten, der die Lokalität eine Zeit lang durchzogen haben soll. Sie wissen schon: Hast du Haschisch in der Tasche, hast du immer was zu nasche’.

Die Gäste sagen: Wir gehen zu Irini

Als Irini Hubert kam, hat sie da wohl kräftig durchgelüftet und eine solide und bis heute gemütliche Kneipe eingerichtet. Zu Pils, Alt, Weizen und auch nicht-alkoholischen Getränken können die Stammgäste sich auch Schnitzel, Mettwürstchen, Frikadellen schmecken lassen. Aber liegt ihre Kneipe denn jetzt im alten Hansaviertel oder im neu erfundenen Marktviertel? Der Wirtin ist das schnuppe. „Meine Gäste sagen: Wir gehen zu Irini“, sagt die Bottroperin.

Gerade erst habe sie den Pachtvertrag für die Gaststätte verlängern. Von den Dauerkrisen will sich die Wirtin eben nicht unterkriegen lassen. Etwas vorsichtiger geworden ist sie aber schon: Statt wie sonst über fünf, läuft der Vertrag jetzt über drei Jahre. Sie wolle mit ihren Stammgästen mal sehen, ob aus dem groß angekündigten Wandel der Innenstadt etwas Vernünftiges wird. Und wer weiß: Vielleicht feiert Irini Hubert ja dann in zehn Jahren sogar das dreißigjährige Bestehen der „Domschänke“.