Bottrop. Die alten großen Einkaufszentren und viele kleine Läden in Bottrop stehen leer. Darauf setzt die Stadt, um die City vor dem Niedergang zu retten.
Mehr Wohnungen werden zukünftig in der Bottroper Innenstadt gebaut werden können. Auch mehr Grünflächen sollen dort angelegt werden, um den Folgen des Klimawandels entgegenzuwirken. Mehr Platz für Kultur und Gastronomie soll es geben. Nach dem wiederholten Scheitern einer Erneuerung des Hansacenters als Einkaufszentrum und der stockenden Wiederbelebung des früheren Karstadt-Gebäudes wirft die Stadt ihre alten Pläne über Bord und legt neue Leitlinien für den Umbau der Bottroper City fest. Das haben die Ratsleute im Ausschuss für Stadtplanung jetzt einstimmig beschlossen.
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Ihre logische Konsequenz ist: Geschäfte sollen in der Fußgängerzone eine bei weitem nicht mehr so dominierende Rolle spielen. Etliche Läden stehen leer, auch neue Inhaber geben schnell wieder auf. Der Einzelhandel verliere seine Bedeutung als Leitnutzung, lautet daher auch die Schlussfolgerung der Verwaltung. „Die Innenstadt ist ja schon im Niedergang begriffen“, sagte CDU-Mitglied Karl Reckmann. Dabei habe Bottrops City einmal zu den bestaufgestellten Innenstädten gehört.
Attraktivität und Qualität des Handels in Bottrop sanken
Wesentlicher Grund für den Niedergang seien die Schließung des Hansacenters vor elf Jahren und das großteils leere Karstadt-Gebäude. „Wenn wir das nicht in den Griff kriegen, wird die Innenstadt in den nächsten zehn Jahren völlig veröden“, warnt Reckmann. Das deckt sich mit Erkenntnissen der Verwaltung.
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Durch den Wegfall der großen Warenhäuser sanken Attraktivität und Qualität des Handels im Hansaviertel und darüber hinaus, stellen Stadtplaner fest. Hinzu komme das veränderte Kaufverhalten der Kundinnen und Kunden, die auch wegen der Coronakrise mehr und mehr den Internethandel bevorzugen.
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Bei ihrer Bitte um Auskunft aus erster Hand in Sachen Vermietung des Karstadt-Gebäudes, das inzwischen unter dem Namen „Bottrop 7“ firmiert, holten sich die Ratsleute einmal mehr eine Absage. Vertreter der Devello AG blieben der Sitzung des Ausschusses für Wirtschaftsförderung fern. OB Bernd Tischler verlas eine E-Mail, in der Devello-Prokurist Christian Zöll die Bürgerinnen und Bürger um Geduld bat. Danach halten die Hamburger „standhaft“ an der Wiederbelebung der Immobilie fest. Nicht zum ersten Mal aber wird OB Tischler wie jetzt zum Beispiel wieder vom Linken Niels Schmidt mit der Frage konfrontiert, ob bei „Bottrop 7“ dasselbe drohe wie beim Hansacenter.
Erfolglose Dauerversuche der Neubelebung der City
Von dem erfolglosen Dauerversuch, das Hansacenter als klassisches Einkaufszentrum neu auszubauen, hat sich die Stadt ohnehin völlig verabschiedet. Die Planer stellen sich stattdessen einen massiven Umbau des Gebäudekomplexes vor. Statt Einzelhandel soll es dort Wohnungen, Büros, Gastronomie und Freizeitstätten geben. Womöglich müssen Teile des Gebäudes abgerissen werden, um einen Weg zwischen Berliner Platz und Hansastraße sowie mehr Grün zu schaffen. Mehr als solche Handlungsempfehlungen zu geben und Fördergelder für neue Konzepte einzuwerben, kann die Stadt zurzeit aber nicht.
Bottrop ist darauf angewiesen, welche Pläne der Insolvenzverwalter und der Hauptgläubiger haben. Denn die Besitzerin des Gebäudes sei ja noch die „Fakt Hansacenter Bottrop GmbH“, die in Insolvenz ist, wie Hermann Hirschfelder, der Vorsitzende des Wirtschaftsförderungsausschusses, ausdrücklich sagte. „Wir geben alles, damit wir als Stadt an diese Immobilie kommen, und wir werden alles für ihren Erfolg tun“, versicherte SPD-Ratsherr Frank Beicht. Baudezernent Klaus Müller dämpfte aber die Erwartungen: „Uns ist deutlich, dass wir als Stadt nur begrenzte Handlungsoptionen haben.“
Nächste Gespräche über Bottroper Einkaufszentrum im März
Der Hauptgläubiger wolle sich zunächst erst einmal selbst ein Bild machen und eine Bestandsaufnahme und Bewertung des Komplexes vornehmen, heißt es immer wieder. „Wir als Stadt wollen diesen Prozess begleiten. Deshalb wollen wir Nutzungskonzepte erarbeiten lassen, die unsere städtebaulichen Ziele enthalten“, erläuterte Müller. Ob das zu etwas führt, ist ungewiss. Die Stadt weiß nicht, was die Eigentümerin vorhat. Nächste Gespräche soll es im März geben. Dann seien Verhandlerinnen und Verhandler der Stadt mit dem neuen Fakt-Vorstand, dem Insolvenzverwalter und Vertretern der Hauptgläubigerin am Tisch.
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„Haben die schon gesagt, wir lassen uns auf die Ideen der Stadt ein, oder haben die gesagt: Wir haben da etwas vor, das im Widerspruch zu den Ideen der Stadt steht?“, will CDU-Ratsherr Volker Jungmann wissen. Eine Antwort erhält er – öffentlich – nicht. Nur so viel: Die Gespräche seien schwierig. Auch die Grünen fordern mehr Offenheit und Klarheit ein. „Wir sind immer in Erklärungsnot. Die Bürgerinnen und Bürger fragen uns: Warum tut Ihr nichts?“, sagte Fraktionsvorsitzende Andrea Swoboda. Dabei ist es höchst unsicher, dass die Stadt beim Hansacenter einen Fuß in die Tür bekommt. „Wir haben nicht so viel Geld“, ahnt auch CDU-Sprecher Volker Jungmann.
Bottroper Vorkaufsrecht für Hansacenter ist vom Tisch
Das Vorkaufsrecht der Stadt für das Hansacenter sei längst vom Tisch. „Es gab eines, solange das Insolvenzverfahren nicht eröffnet war“, erklärte Beigeordneter Müller. Anfang Dezember hätte die Stadt ihr Vorrecht demnach noch nutzen und den Bau selbst kaufen können. Seit Ende 2022 sei ihr Vorkaufsrecht durch die Einleitung des Insolvenzverfahrens für die „Fakt Hansacenter Bottrop GmbH“ aber außer Kraft gesetzt. SPD-Ratsherr Matthias Buschfeld warnt daher davor, bei den Bürgern Erwartungen zu wecken, die am Ende gar nicht erfüllt werden können.
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Die Grünen machen den Niedergang der City ohnehin nicht allein an dem Desaster um das Hansacenter und an den Problemen mit dem Karstadt-Gebäude fest. „Die Fehlentwicklung liegt auch an großen Einkaufszentren im Umkreis. Damit hat es angefangen, die City kaputtzumachen“, meint Ratsherr Burkhard Hölting; selbst wenn solche Einkaufszentren wegen des Internethandels inzwischen selbst Probleme haben. Auch große Möbelhäuser abseits der City zuzulassen, die ein Warenangebot haben, das es früher nur in der Innenstadt gab, sei ein Fehler gewesen. Ratsfrau Irmgard Bobrzik (DKP) bringt das so auf den Punkt: „Wenn in der Innenstadt kein gutes Warenangebot da ist, kommt niemand zum Einkaufen.“