Bottrop. So schnell wie möglich wollen Sofia Lasunova und Andrey Klipert heiraten. Doch die deutsche Bürokratie bremst sie aus. Hier ist ihre Geschichte.

Eigentlich ist es ein wunderschöner Anlass, ein Tag, dem Paare entgegenfiebern, auf den sie sich freuen. Doch für Sofia Lasunova und Andrey Klipert bedeutet die Planung der eigenen Hochzeit derzeit nur Stress. „Was wir durchmachen müssen, ist absurd“, sagt Sofia Lasunova. Denn statt mit Deko, Blumenschmuck und dem passenden Hochzeitskleid quälen sich die 24-Jährige und ihr Verlobter durch Dokumente und Behördengänge.

Sofia Lasunova und Andrey Klipert sind seit 2017 ein Paar, haben sich damals an Sofias 19. Geburtstag kennengelernt. Im Juni 2021 kommt ihre Tochter Valeria zur Welt. Seit Oktober vergangenen Jahres sind die beiden verlobt, „mit Ring und allem drum und dran“, wie Sofia Lasunova erzählt. Schnell wollen sie die Heirat angehen, auch wegen ihrer Tochter. Doch die Bürokratie legt ihnen Steine in den Weg.

Bottroperin ist eingebürgert, aber Geburtsurkunde wird nicht anerkannt

Andrey Klipert ist Russland-Deutscher, der Maurer ist seit 2005 hier und besitzt die deutsche Staatsbürgerschaft. Sofia Lasunova stammt aus Kirgisistan, ist 2007 als Kind ausgereist, behielt aber zunächst ihre kirgisische Staatsbürgerschaft.

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Im vergangenen Jahr durchlief sie die Einbürgerung, ist seit kurzem deutsche Staatsbürgerin. Das sollte die Hochzeit erleichtern – tut es aber nicht. Denn das zentralasiatische Land, das früher zur Sowjetunion gehörte und vom autoritären Präsidenten Sadyr Dschaparow regiert wird, gilt als Land, aus dem Deutschland die Echtheit von Urkunden anzweifelt, eine Nation mit sogenanntem „unsicheren Urkundswesen“. Deshalb kann das Bottroper Standesamt die Geburtsurkunde von Sofia Lasunova nicht anerkennen.

Sie ärgert sich darüber, dass man ihr das nicht vor der Einbürgerung gesagt hat. Und dass sie ihre Geburtsurkunde schon einmal hat beglaubigen lassen von einem Notar, das Dokument aber nicht älter als sechs Wochen alt sein darf. „Diese Dokumente ändern sich seit Jahren doch nicht.“

Auch wenn sie bereits das angeforderte Ehefähigkeitszeugnis aus ihrem Geburtsland eingereicht habe, reicht dies nicht aus, um die Echtheit ihrer Dokumente zu bestätigen. Das Bottroper Standesamt hat sie darüber informiert, dass dem Oberlandesgericht in Hamm eine Überprüfung ihrer Geburtsurkunde vorgelegt werden müsse.

Bottroperin aus Kirgisistan braucht beglaubigte Urkunde

Sie soll nun einem Anwalt eine Vollmacht zur Urkundenbeschaffung erteilen – beglaubigt und in russischer oder kirgisischer Sprache verfasst. Das Paar muss nun also erst einmal einen russischen Notar finden, der die entsprechenden Dokumente beglaubigt. Zudem musste Sofia Lasunova Informationen über Verwandte einreichen, mit Namen, Adressen und Fotos, für die Recherche der Botschaft in Kirgisistan, die jemanden finden muss, der ihre Geburt bezeugt.

All diesen Aufwand hätte die gelernte Kauffrau ja verstanden, wenn es sich bei ihrer Geburtsurkunde um eine Zweitschrift handelte. Doch das Dokument hielt ja bereits den Überprüfungen bei ihrer Einbürgerung und auch bei der Erstellung der Geburtsurkunde ihrer Tochter stand. Warum nicht jetzt?

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Das Bottroper Standesamt schildert das Problem: Zur Eheschließung – egal welcher Nationalität – müssen Heiratswillige ihren Personenstand nachweisen, was üblicherweise mit der Geburtsurkunde passiert. Da aber die Echtheit der Urkunde von Sofia Lasunova angezweifelt werden muss, bedarf es eines Vertrauensanwalts in der kirgisischen Botschaft Bischkek, der die Urkunde überprüft. Für diese Leistung muss die 24-Jährige eine Sicherheit von rund 300 Euro hinterlegen.

Bottroper Standesamt bedauert, dass es nicht schneller geht

„Dieser hohe Standard ist nicht zwingend in anderen Behördenteilen vorgegeben, so dass es sein kann, dass eine Geburtsurkunde – trotz Einbürgerung – erstmalig im Standesamt überprüft wird“, erklärt das Standesamt die Regeln. Paare, die von einem solchen Prozedere betroffen sind, würden vom Standesamt nicht allein gelassen, sondern beraten und begleitet.

Das Bottroper Standesamt „bedauert mit Blick auf die Erwartungen der Heiratswilligen, den Wünschen nach kurzfristigen Terminen zur Eheschließung aus dem Grunde nicht nachkommen zu können“. Unterlagen würden immer „unmittelbar“ weitergegeben und die Betroffenen über den Stand informiert.

Sofia Lasunova wünschte, diese „Rennerei“ bliebe ihr erspart. Ebenso die Kosten, die sich mittlerweile auf fast 1000 Euro belaufen. „Mein Kleid, mein Make-Up – das Geld für die Behördengänge geht alles von meinem Hochzeitsbudget ab.“ Ein Anwalt habe ihr geraten, in Dänemark zu heiraten, weil dort die Hürden niedriger sind. Dem entgegnet die 24-Jährige: „Bottrop ist unsere zweite Heimatstadt. Wir sind hier aufgewachsen und großgeworden, also wollen wir hier auch heiraten. Damit die ganze Familie, die hier lebt, und Freunde mit uns feiern können.“