Bottrop. Lara Hartmann (29) leidet an Multipler Sklerose. Sie will ihren Sekou heiraten, doch die Bürokratie legt dem Mann aus Guinea Steine in den Weg.
- Lara Hartmann (29) aus Bottrop und ihr Verlobter Sekou Bah wollen heiraten.
- Doch schon seit mehr als eineinhalb Jahren kämpft das Paar mit den Formalitäten.
- Die Bürokratie in Bottrop legt dem Mann aus Guinea immer wieder Steine in den Weg. Dabei leidet seine Verlobte an Multipler Sklerose.
Im Sommer 2020 war Lara Hartmann voller Glück: Ihr Freund Sekou Bah machte ihr einen Heiratsantrag. Seit eineinhalb Jahren sind die beiden da ein Paar, haben sich auf einem Festival kennengelernt, als bei Lara Hartmann gerade die Multiple Sklerose ausgebrochen war. Die beiden reservieren sofort einen Termin beim Standesamt: der 31. Juli 2021 soll der Hochzeitstag sein. Doch bis heute sind sie nicht verheiratet – und fragen sich, ob die Hochzeit überhaupt jemals stattfinden kann.
Sekou Bah, geboren in Guinea, ist im Alter von elf Jahren nach Deutschland gekommen. Er absolvierte seinen Realschulabschluss, begann eine Ausbildung zum Asphaltbauer, machte seinen Meister im Straßenbau und arbeitet heute als Bauleiter. Was ihm allerdings fehlt, ist eine Original-Geburtsurkunde, die das Standesamt für die Hochzeit fordert. Seit mehr als eineinhalb Jahren nun versucht das Paar, die Formalitäten zu klären – bislang ohne Erfolg.
Bräutigam Sekou Bah (27) ist deutscher Staatsbürger
Der 27-jährige Sekou Bah ist deutscher Staatsbürger. Für seine Einbürgerung hatte er seine Geburtsurkunde und eine beglaubigte Übersetzung vorgelegt. Die Original-Geburtsurkunde ist allerdings verloren gegangen – eine Kopie samt beglaubigter Übersetzung reicht dem Standesamt nicht aus. Eine neue muss in Conakry, der Hauptstadt des westafrikanischen Landes, beantragt werden. „Aufgrund von Corona war es uns aber nicht möglich, mal eben nach Guinea zu reisen“, sagt Lara Hartmann.
Auch interessant
Sekou Bah hat kaum Kontakt mehr in sein Geburtsland. Ein Anwalt würde 1500 Euro nehmen, um die Behördengänge zu übernehmen – viel Geld für das junge Paar. Sekou Bah bittet seine Mutter, die wieder nach Guinea zurückgegangen ist, ihm zu helfen; nach langem Hin und Her willigt sie ein, schließlich liegt das Original vor, aber Sekou Bah muss trotzdem eine Person in Guinea benennen, die die Geburt bestätigen kann. Doch die Mutter ist nicht mehr auffindbar, eine Tante ebenso wenig. Für die Urkundenprüfung müssen Lara Hartmann und ihr Verlobter zunächst 150 Euro, dann noch einmal 300 Euro bezahlen.
Weil aber weder Mutter noch Tante die Geburt bestätigen können, geben sie dieses Geld umsonst aus. Der Heiratstermin am 31. Juli ist mittlerweile verstrichen, das Paar peilt nun den 22. April 2022 an. Die Planungen für das Fest sind wegen Corona und vieler verschobener Hochzeiten aus den vergangenen zwei Jahren ohnehin schwierig.
Hochzeitsplanungen für Bottroper Paar als Stressfaktor
Und jetzt steht auch dieser Termin auf der Kippe. Die deutsche Botschaft in Guinea meldet sich im Januar beim Bottroper Standesamt, sagt, dass die Tante nicht auffindbar sei – und fragt nach einem weiteren Kontakt, aber den gibt es nicht.
Für Lara Hartmann und Sekou Bah werden die Hochzeitsplanungen immer mehr zum Stressfaktor. Noch mehr, weil bei der 29-Jährigen vor drei Jahres Multiple Sklerose diagnostiziert wurde. Sie ist regelmäßig im Krankenhaus, muss regelmäßig schmerzhaft punktiert werden, war nach ihrem ersten Schub zwischenzeitlich erblindet.
Paar hofft auf Kulanz beim Bottroper Standesamt
Die beiden erhoffen sich Kulanz vom Bottroper Standesamt, denn die Botschaft habe ihnen gesagt, dass die Schwester von Sekou Bah, die in Mülheim lebt, eine eidesstattliche Versicherung abgeben könnte, um seine Geburt zu bestätigen.
„Das ist allerdings der letzte Schritt“, sagt Stadtsprecher Thorsten Albrecht. Die Stadt warte derzeit immer noch auf eine Rückmeldung der deutschen Botschaft in Conakry, der Hauptstadt Guineas. Ja, die Dokumente seien zwar schon bei der Einbürgerung akzeptiert worden. „Aber es gibt keine zentrale Stelle, die die Urkunden prüft. Das muss jede Behörde für sich tun.“ Das Problem gebe es häufig, gerade auch Flüchtlingen, die 2015 nach Deutschland gekommen seien.
Brautpaar möchte auch in die Kinderplanung gehen
Die Geduld und das Verständnis von Lara Hartmann und Sekou Bah finden langsam ein Ende. „Wie können die Gesetze, damit zwei Deutsche heiraten, dermaßen kompliziert sein?, fragen sie sich. „Es wird ja so getan, als würden wir eine Scheinehe eingehen“, sagt Lara Hartmann.
An den Hochzeitstermin im April 2022 glauben sie kaum noch, auch wenn Kleid und Anzug schon seit über einem Jahr im Schrank liegen. „Wir möchten auch in die Kinderplanung gehen“, sagt Lara Hartmann. „Wir wollen einfach verheiratet sein.“