Bottrop. Zum Jahresende geht der 64-Jährige in Altersteilzeit. Zahlreiche Großprojekte in Bottrop hat er begleitet. An einem Projekt sei er gescheitert.
Das Gesicht des städtischen Tiefbauamtes geht vorzeitig in den Ruhestand. Seit 2013 war Heribert Wilken der verantwortliche Fachbereichsleiter. Mit 64 Jahren verabschiedet er sich zum Jahresende in die Altersteilzeit. Fast 35 Jahre war er bei der Stadtverwaltung beschäftigt und hat entscheidend bei der Umgestaltung von Bottrop mitgewirkt.
„Von Haus aus bin ich Architekt“, sagt er. Bei der Stadt beginnt seine Laufbahn im Planungsamt, später wird er Dezernatskoordinator und schließlich Leiter des Tiefbauamtes, das damals noch den Zusatz Stadterneuerung innehatte. Zwei Projekte sind ihm im Gedächtnis geblieben.
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Zum einen die Umgestaltung des Berliner Platzes mitsamt Tiefgarage, ZOB und Neubau der Kaufland-Filiale. Der Eröffnungstermin von Kaufland sei in Wilkens Erinnerungen schon vertraglich terminiert gewesen. Er musste in seiner damaligen Position „alles drumherum organisieren“, wie die jeweiligen Absprachen mit verschiedenen städtischen Ämtern oder mit den Verantwortlichen von Kaufland. Zeitdruck und Stress waren hoch. „Das war ein herausragendes Projekt, dass mich aber auch viele Nerven gekostet hat“, sagt er rückblickend. Letztlich wurde alles zur Eröffnung von Kaufland fertig.
Das zweite Projekt, das ihm nachhaltig in Erinnerung bleiben wird, ist der Bottroper Süden und die Umgestaltung und Erneuerung der Kanalisation in der Welheimer Mark und in Ebel. Die Renaturierung der einstigen Köttelbecke hatte das Tiefbauamt unter Zeitdruck gesetzt. Es durfte bis zum Jahresende 2021 kein Schmutzwasser mehr in die Emscher eingeleitet werden. „Es wäre fatal gewesen, wenn wir es als einzige Kommune nicht geschafft hätten“, so Wilken.
Großbaustellen in Bottrop: Wenig Gegenliebe der Anwohner
Auf wenig Gegenliebe stießen derartige Großbaustellen bei den Anwohnern. Das Tiefbauamt muss oftmals viel Kritik einstecken. Als dessen Leiter stand er in solchen Momenten im Fokus der Öffentlichkeit. Wegducken wollte er sich nicht. Ihm sei als Leiter des Tiefbauamtes immer die Bürgernähe wichtig gewesen, den Leuten zuzuhören und die Situation zu erklären. Bei Marktbesuchen wurde der gebürtige Bottroper erkannt und angesprochen. „Ich habe die Anmerkungen dann notiert oder ich habe die Leute, wenn ich nichts zur Sache sagen konnte, gebeten, mir eine E-Mail zu ihrem Anliegen zu schreiben“, sagt er.
Die meisten dürften ihn von Bürgerinformationsveranstaltungen zu Baumaßnahmen kennen. Er führte als Moderator durch den Abend. Früher ging es bei solchen Veranstaltungen öfter verbal zur Sache. Vor allem, wenn es um die Straßenausbaubeiträge ging. Nachdem die NRW-Landesregierung diesbezüglich ein Förderprogramm auferlegt hat, rückte die Geldfrage in den Hintergrund und sorgte für weniger Unmut im Publikum. Seinen Job habe er immer Ernst genommen. „Aber man kann es nicht jedem Recht machen.“
Eine Sache hat sich in den zurückliegenden Jahren massiv geändert. „Der Stress ist größer geworden. Und es gibt mehr Bürgerbeschwerden. Teilweise berechtigt, teilweise unberechtigt“, so Wilken. Auf die letzten Tage in Amt und Würden blickt er mit gemischten Gefühlen. „Ich hatte noch nie so viel Stress in meinem bisherigen Berufsleben, aber es hat mir auch noch nie so viel Spaß gemacht.“
Bottrops Tiefbauamtsleiter: „Am Trapez bin ich gescheitert“
Ein großes Bauprojekt in Bottrop hat ihm dagegen keinen Spaß bereitet. „Am Trapez bin ich gescheitert“, sagt er. „Ich habe es nicht geschafft, das Trapez in meiner aktiven Zeit fertigzustellen.“ Vor zehn Jahren habe man angefangen, Vertragsverhandlungen mit der Eigentümergemeinschaft aufzunehmen. Im März nächsten Jahres sollen die Umbauarbeiten endgültig abgeschlossen sein.
Dann genießt Heribert Wilken längst den Ruhestand. Er will mehr Zeit mit der Familie und den Enkelkindern verbringen. Darüber, wie sein künftiger Tagesablauf aussehen wird, hat er sich keine Gedanken gemacht. „Ich lasse alles in Ruhe auf mich zukommen.“ Sein Nachfolger ab 1. Januar wird sein bisheriger Stellvertreter Steffen Jonek, Abteilungsleiter für Straßen und Entwässerungsplanung, beim Tiefbauamt. „Ich bin froh, dass wir einen nahtlosen Übergang hinbekommen haben“, meint Wilken.