Bottrop. Ausbildungsbilanz 2021/22: Jugendliche und Betriebe finden weiterhin schwer zueinander. So soll das Problem in Bottrop angegangen werden.

Jugendliche, die einen Ausbildungsplatz suchen und Nachwuchs suchende Betriebe haben es weiterhin schwer, zueinanderzufinden. Im Ausbildungsjahr 2021/22 waren in Bottrop bei der Arbeitsagentur 668 Jugendliche und junge Erwachsene als Bewerber um einen Ausbildungsplatz registriert; 16 weniger als im Vorjahr. Gleichzeitig sank die Zahl der von Betrieben gemeldeten Ausbildungsplätze um 19 Stellen auf nun 569. Aktuell suchen noch 25 Bottroper eine Lehrstelle – fünf mehr als im Jahr zuvor.

Ausbildungsmarkt: Angebot und Nachfrage passten nicht zueinander

Die Ausbildungsbilanz 2021/22 zeigt: Theoretisch gab es im gesamten Agenturbezirk inklusive Gelsenkirchen 0,7 Ausbildungsplätze je Bewerber, als „unversorgt“ registriert waren hier im September noch 146 Suchende bezirksweit, das sind 5,4 Prozent aller Bewerber. Die Quote der Unversorgten liegt leicht unter dem Ruhrgebietsniveau (5,6 Prozent). Auf Bezirksebene sank die Zahl der gemeldeten Ausbildungsplätze um 74 Stellen.

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Auch diesmal passten Angebot und Nachfrage nicht wirklich zueinander. Insgesamt blieben im Bezirk 388 gemeldete Ausbildungsplätze unbesetzt. Theoretisch wären das 2,66 Plätze je unversorgtem Bewerber; wenn die Berufe passen würden.

Annette Höltermann, Vorsitzende der Geschäftsführung in der Agentur für Arbeit Gelsenkirchen.
Annette Höltermann, Vorsitzende der Geschäftsführung in der Agentur für Arbeit Gelsenkirchen. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Dank Schulöffnung und Beratungsangeboten in Präsenz spielte die Pandemie zuletzt laut Annette Höltermann, der Vorsitzenden der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Gelsenkirchen, kaum noch eine Rolle. Die weiterhin große Zahl Unversorgter und auch unbesetzter Stellen zeige jedoch, dass man neue Wege beschreiten müsse, um Heranwachsende für die Berufsorientierung zu begeistern.

„Wir müssen die Jugendlichen da abholen, wo sie sind“

„Der Beruf muss erlebbar werden, die Suchenden müssen sich ausprobieren können. Und wir müssen die Jugendlichen da abholen, wo sie sind. Der Marktstand ,Ausbildung to go’ der Jugendberufsagentur etwa ist sehr hilfreich für die Kontaktaufnahme zur Beratung“, erklärt Agentur-Geschäftsführerin Valeska Hurraß.„Schnupperpraktika und Schülerpraktika sind wichtig für Bewerber und Unternehmen, um sich kennenzulernen“, betont Annette Höltermann.

Carsten Haack (Handwerkskammer Münster) räumt die Bedeutung von Betriebspraktika zwar ein, aber: „Für kleine Handwerksbetriebe ist es angesichts voller Auftragsbücher und wenig Personal schwer, auf Mitarbeiter zu verzichten, die sich um Praktikanten kümmern.“ Extremen Handlungsbedarf sieht er bei der Werbung für Ausbildungsberufe in der Energiebranche und im Sanitärbereich. „Die Energiewende muss kommen, dafür brauchen wir Fachkräfte. Wer soll denn die ganzen Wärmepumpen und Solaranlagen einbauen?“

Mark Rosendahl (DGB Emscher-Lippe), hat auch jene Jugendlichen im Blick, die nicht als unversorgt registriert sind, aber notgedrungen „irgendwo untergekommen sind, in der Regel in einer Berufskollegs-Schleife. Auch die acht Prozent Schulabgänger ohne jeden Abschluss tauchen nirgends auf“, klagt er. Für solche Fälle gelte es auch, mehr außerbetriebliche Ausbildungsmöglichkeiten zu schaffen.