Bottrop. Völlig unerwartet und plötzlich ist Celina (17) aus dem Leben gerissen worden. Der SV Rhenania Bottrop unterstützt die trauernde Familie.
Auf den hinteren Seitenscheiben des Familienautos hängen noch die Aufkleber. Angelina steht rechts geschrieben, Celina links, beides mit einem Herzchen hinter den Namen. Doch Celina ist nicht mehr da. Sie starb am 8. November im Alter von 17 Jahren völlig unerwartet. Das Loch, das ihr Tod reißt, ist immens, doch ihre Familie hat ein wenig Halt gefunden – beim SV Rhenania Bottrop, dem Verein, bei dessen erster Herrenmannschaft Celina kein Spiel verpasste.
Es ist noch ganz früher Morgen, als Celina plötzlich zusammenbricht. Ihre 13-jährige Schwester Angelina findet sie auf dem Boden liegend, bringt ihr Wasser. Das Mädchen bekommt keine Luft. Angelina weckt ihren Vater, er ist gerade erst ins Bett gegangen, weil er in der Nacht Zeitungen ausgetragen hat. Sie rufen den Notruf.
Letzte Worte von Celina: „Wahrscheinlich werden wir uns nicht wiedersehen“
Am Telefon habe man gefragt, ob Celina vielleicht Drogen genommen hat, ob sie simuliert. Der Rettungsdienst schickt zwei Sanitäter, ein Notarzt sei nicht dabei gewesen. Sie bringen Celina ins Marienhospital; Angelina sagt, sie hätten keine Trage dabeigehabt, Celina sei den Rettungskräften dreimal aus den Händen gerutscht. Bevor Celina im Rettungswagen verschwindet, sagt sie zu ihrer kleinen Schwester: „Wahrscheinlich werden wir uns nicht wiedersehen.“
In der Zeit ist Michaela Schubert noch bei der Arbeit. Die Mutter der beiden Mädchen muss morgens um 4 Uhr aus dem Haus, weil sie ab 5 Uhr im Reinigungsdienst arbeitet. Als sie im Krankenhaus ankommt, ist Celina nicht mehr ansprechbar. „Ich habe noch nichts Schlimmes gedacht, auch nicht, als man sie auf die Intensivstation gebracht hat“, erzählt die 35-Jährige mit dunklen Augenringen sechs Tage nach dem Tod ihrer Tochter. Doch wenige Stunden später ist Celina tot.
„Wir sind keine Ärzte. Ich kann denen nicht vorschreiben, was sie machen“
Was genau im Krankenhaus passiert ist, wie Celina behandelt wurde, weiß die Familie bis heute nicht. Die Obduktion am Dienstag hat eine organische Todesursache ergeben, die 17-Jährige ist an einer Lungenembolie gestorben, ein Blutgerinnsel hat ihre Lunge verstopft. Dass der Körper des Mädchens obduziert wurde, sei nicht ungewöhnlich, sagt die Polizei. Schließlich ist eine junge Frau plötzlich aus dem Leben gerissen worden.
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Ja, es habe Vorerkrankungen gegeben. Celina plagten Magen- und Darmverstimmungen, sie hatte Beinschmerzen, mit einem Langzeit-EKG wurde ihr Herz untersucht. Mit der Lunge war nie etwas, sagen die Eltern. Celina war in ärztlicher Behandlung, dramatisch schien ihr Gesundheitszustand aber nie. Hätte man ihren Tod verhindern können, hätte sie anders behandelt werden können? Da sind so viele Fragen in den Köpfen der Familie. „Wir sind keine Ärzte", sagt Michaela Schubert. „Ich kann denen doch nicht vorschreiben, was sie machen.“
Rhenania Bottrop unterstützt die Familie von Celina
Celinas Tod hat eine große Lücke in die Familie gerissen. Dazu kommen die Bilder, die sich in den Gedanken festgesetzt haben, wie das Mädchen hilflos im Haus lag. „Wir essen nicht mehr zu Hause“, sagt ihr Vater Andreas Sawatzki. „Ich kriege da nichts mehr runter.“
Hilfe und Unterstützung bekommt die Familie vom SV Rhenania Bottrop. Andreas Sawatzki ist dort Trainer, erst seit wenigen Monaten, und doch sind er, seine Frau und die Töchter schon fest aufgenommen worden in die Rhenanenfamilie. Cem Sakiz hat Andreas Sawatzki zu Rhenania geholt. Der Mittelfeldspieler des Bezirksligisten und seine Eltern kennen die Familie schon viele Jahre, aus Zeiten, als Sakiz noch beim VfB Bottrop spielte.
Celina war immer dabei. „Sie hat kein Spiel verpasst“, sagt Sakiz. Sehr hilfsbereit sei sie gewesen, hat Bälle getragen, sich um die Trikots gekümmert. „Sie stand 90 Minuten an der Seitenlinie und hat mitgefiebert. Wir haben ein Mädchen verloren, das immer da war.“
Schweigeminute beim Bezirksligaspiel von Rhenania Bottrop
Beim Spiel am vergangenen Wochenende haben die Mannschaften der Verstorbenen in einer Schweigeminute gedacht. Auf der Theke des Vereinsheims steht eine große Spendendose, darauf ein Schwarz-Weiß-Bild von Celina. „Der Verein hält mit uns wie eine Familie zusammen“, sagt Michaela Schubert, die dankbar ist für die Mahlzeiten, die Vereinsmitglieder für sie kochen, weil sie selbst nicht dazu in der Lage sind.
Andreas Sawatzki erzählt, Celina sei in den vergangenen Wochen „das fröhlichste Kind gewesen, das man gesehen hat“. Mit ihrem Freund war sie gerade bei einer The-Voice-Aufzeichnung in Berlin gewesen, hatte mit ihm schon den Urlaub fürs nächste Jahr geplant. Eigentlich wollte das junge Paar am Samstag zum DFB-Pokal-Spiel der Frauen zwischen dem MSV Duisburg und dem FC Bayern gehen. Nun wird sie einen Tag vorher auf dem Ostfriedhof beigesetzt.
Wann ein Notarzt rauskommt
Menschen, die die 112 anrufen, erreichen den Leitstellendisponenten, der gleichzeitig auch Notfallsanitäter ist. Anhand einer strukturierten Abfrage schätzt der Leitstellendisponent das Meldebild ab, wie Feuerwehr-Sprecher Michael Duckheim erklärt. Anschließend entscheidet er, ob der Notarzt rausfährt oder nur der Rettungswagen mit einem Notfall- und einem Rettungssanitäter. Beispielsweise bei Verdachtsdiagnosen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall fährt immer der Notarzt mit.
Dass die Familie Schubert gefragt wurde, ob Celina Drogen genommen haben könnte, sei keinesfalls als bösartige Unterstellung zu verstehen. „Das ist für uns eine entscheidende, medizinisch relevante Frage, weil die Behandlung dann ganz anders aussieht“, erklärt Duckheim.