Bottrop. Straßen ausbauen oder Radwege? Alles zugleich geht nicht, sagt Bottrops Verwaltung und gibt Straßen Vorrang. Augenwischerei, sagen die Grünen.
Rund 22 Millionen Euro will die Stadt in den kommenden Jahren für den Bau neuer Radwege ausgeben. Das Ausbauprogramm umfasst sowohl Radschnellwege und straßenbegleitende Radwege als auch Fahrradstraßen und Radboxen an Bahnhöfen und Haltestellen. Mitte September soll der Bottroper Verkehrsausschuss sein prinzipielles Okay für die Vorgehensweise der Verwaltung beim Ausbau der Radwege in und durch Bottrop geben. Der Überblick, den die Stadt jetzt vorlegt, enthält allerdings auch eine ganze Reihe von Vorhaben, die sich aus ihrer Sicht erst einmal nicht verwirklichen lassen. Denn dazu fehlten sowohl Personal als auch Geld.
Erste Kritik kommt von den Grünen. „Wer keine Radprojekte will, der hält die Personaldecke dünn“, bringt Ratsfrau Andrea Swoboda diese auf den Punkt. Die Grünen seien bereit, mehr Personal einzustellen. Sie wollten ohnehin schon bei der letzten Etatberatung einen Schwerpunkt in Sachen Nahmobilität setzen.
Mit dem wenigen Personal sollte die Stadt besser wichtige Projekte wie den Ausbau der Peterstraße und der Gladbecker Straße angehen. Auf beiden Straßen sei es für Radfahrer untragbar gefährlich, kritisiert auch Roger Köllner. Die von der SPD vorgeschlagene Umweltspur an der Hans-Böckler-Straße sei dagegen nur Augenwischerei, meint der verkehrspolitische Sprecher der Grünen.
Vorrang für Straßenausbau nach Erneuerungen der Kanalisation
Für die Verwaltung aber hat der Ausbau bestimmter Straßen offenbar erst einmal Vorrang vor den Projekten für Radfahrer. Zwar seien auch die geplanten Radwege wichtig, heißt es in dem jüngsten Bericht der Verwaltung, dennoch müssten sie vorerst zurückgestellt werden. Andernfalls wäre eine Verschiebung von Straßenerneuerungen erforderlich.
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Diese dienten wegen Modernisierungen der Kanalisation, zu der die Stadt verpflichtet sei, oft aber der Wiederherstellung der jeweiligen Straßen, rät die Verwaltung von der Setzung anderer Prioritäten ab. Radwege ließen sich ohnehin nicht so schnell bauen, weil dazu teils auch zusätzliche Grundstücke angekauft und Fördergelder eingeworben werden müssen. Beides seien zumeist langwierige Prozesse, heißt es.
Auf die längere Bank schieben will die Stadt insgesamt sieben Projekte. Das sind mehr als sie demnächst überhaupt verwirklichen kann. Darunter sind aber zum Beispiel auch die in Bottrop sowieso auf große Ablehnung gestoßenen Etappen des Radschnellweges Mittleres Ruhrgebiet über die Gladbecker Straße und über die Friedrich-Ebert-Straße, auf der die Stadt den Schnellweg jetzt ohnehin anders als bisher geplant lieber mit Radwegen auf beiden Fahrbahnseiten bauen lassen will. Für beide Etappen sind Kosten von jeweils zwei Millionen Euro veranschlagt.
Verwaltung sieht vorerst keine Chance für Radweg an der Peterstraße
Aufschieben will die Stadt auch den 265.000 Euro teuren Radweg an der Hans-Sachs-Straße, der von der Feuerwache bis zur Eichenstraße führen soll. Der gut 500.000 Euro teure Radweg an der Peterstraße, der von der Osterfelder Straße bis zur Prosperstraße geplant ist, hat nach ihren Planungen vorerst ebenfalls keine Chance auf eine Umsetzung. Nicht machbar sind demnach außerdem die von Bürgerinnen und Bürgern vorgeschlagenen Radstreifen von der L 631 bis zur Osterfelder Straße auf dem Südring und Westring.
Den 135.000 Euro teuren Radweg an der Vogelheimer Straße vom Rhein-Herne-Kanal bis zum Sturmshof halten die Stadtplaner für wichtig, gerade weil auf der Straße viele Lkw fahren, doch für den Bau fehle derzeit ebenso das Personal wie für den Alleenradweg von Bottrop durch Kirchhellen nach Dorsten. Allein für diese Radwegachse sind sieben Millionen Euro veranschlagt – ohne die Kosten für den Ankauf zusätzlicher Grundstücke und den Bau von Brücken.
Diese neuen Radwege will Bottrop in den nächsten beiden Jahren bauen
Bauen will die Stadt vorerst folgende Radwege:
Körnerstraße: Der Radweg verläuft von der Brabus-Allee bis zum Schlangenholt. Der Baubeginn ist für Anfang 2023 geplant. Das Passieren des Bahnüberganges und einer Brücke müssen mit der Deutschen Bahn und der Emschergenossenschaft vorher noch abgestimmt werden. Die Kosten belaufen sich auf 350.000 Euro.
Kirchschemmsbach: Vorgesehen ist die Anbindung des Radweges an die Hans-Sachs-Straße und seine Fortführung über die Eichenstraße, außerdem am anderen Ende die Überquerung der Gladbecker Straße. Die Kosten betragen rund 115.000 Euro. Der Baubeginn ist für Anfang 2023 geplant.
RAG-Radvorrangroute: Es handelt sich um die Alternativstrecke für den umstrittenen Radschnellweg Mittleres Ruhrgebiet. Die etwa 5,5 Kilometer lange RAG-Route beginnt an der Bahnhofstraße und endet an der Gladbecker Stadtgrenze. Der Radweg wird in Etappen ausgebaut. Noch müssen Vertreter der Stadt und des Landes über die Vergabe der Fördergelder verhandeln. Die geschätzten Gesamtkosten belaufen sich auf 8,7 Millionen Euro. Der Baubeginn der ersten Etappen ist zwar für 2023 vorgesehen, Stadtplaner halten diesen aber erst ab 2024 für realistisch.
Bahnhofstraße: Von der Polderstraße bis zur Gohrweide soll eine Teilstrecke des Radschnellweges Mittleres Ruhrgebiet gebaut werden. Die Pläne dafür sollen bis zum Frühjahr 2023 vorliegen. Die Kosten belaufen sich auf 200.000 Euro. Im Herbst 2023 sollen die Arbeiten in Auftrag gegeben werden. Die nötigen Fördergelder fehlen allerdings noch. Mit einem Baubeginn rechnet die Verwaltung daher nicht vor Anfang 2024.
Kirchhellener Ring: Zwischen der Alleestraße und der Hauptstraße werden auf beiden Straßenseiten Radfahrstreifen angelegt. Dafür sind neue Markierungen, eine neue Fahrbahndecke und kleinere Umbauten nötig. Die Kosten liegen bei rund 350.000 Euro. Der Baubeginn – nicht vor 2023 – hängt davon ab, wann die erforderlichen Fördergelder zugeteilt werden. Gespräche darüber wollen die städtischen Planer noch im Spätsommer führen.