Bottrop. Nach vier Kriterien bewertet der Verkehrsverbund die vier Bottroper Bahnhöfe. Wir haben uns auch das Umfeld angeschaut, diesmal am Hauptbahnhof.

Am Bottroper Hauptbahnhof steht ein Jubiläum an. Am 1. Juli 1922 wurde die Verbindung zur Strecke Osterfeld-Essen-Müheim freigegeben. 100 Jahre später ist die Verbindung nach Essen die meistgenutzte von Fahrgästen am Bottroper Hauptbahnhof. Den runden Geburtstag nimmt die WAZ zum Anlass, die vier Bottroper Bahnhöfe mal unter die Lupe zu nehmen. Anders als der Verkehrsverbund in seinem jährlichen Stationsbericht fragen wir auch: Wie kommen wir eigentlich hin und weg? Diesmal am Hauptbahnhof.

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1905 eröffnet, 1995 abgerissen: das alte Bahnhofsgebäude im Fachwerkstil, liebevoll „Knusperhäuschen“ genannt.
1905 eröffnet, 1995 abgerissen: das alte Bahnhofsgebäude im Fachwerkstil, liebevoll „Knusperhäuschen“ genannt. © WAZ FotoPool | Repro Franz Naskrent

Der 1905 an der Hamm-Osterfelder Bahn und Emschertalbahn eröffnete Bahnhof macht den täglich rund 2200 Reisenden seit jeher ein Riesenproblem: Er liegt nicht wirklich in der Stadt. Das galt schon für den alten Bahnhof 500 Meter weiter westlich mit dem 1995 abgerissenen nostalgischen Fachwerk-„Knusperhäuschen“. Das gilt auch für den 1999 eröffneten Zweckbau am Südringcenter, gern verspottet als „Einkaufszentrum mit Gleisanschluss“. Deshalb ist das wichtigste Kriterium hier: das Umsteigen.

Das Umsteigen am Bottroper Hauptbahnhof

Neuerdings mit grüner Fassade: das Parkhaus am Hauptbahnhof.
Neuerdings mit grüner Fassade: das Parkhaus am Hauptbahnhof. © FUNKE Foto Services | Jörg Schimmel

Und das geht ziemlich gut. Viele Busse verbinden zügig Hauptbahnhof und Busbahnhof ZOB – allerdings nicht immer auf dem direkten Weg. Und sonntags müssen Umsteiger Richtung Busbahnhof auch schon mal 20 Minuten warten. Immerhin: Für Pendler gibt es ein gut genutztes, weil inzwischen kostenloses Parkhaus. Das hat, eben wegen des freien Zugangs, inzwischen ein Vandalismusproblem und wird nachts geschlossen.

Radler können in der Revierrad-Station mit 400 Stellplätzen ihr Rad bewachen (1 Euro/Tag), reparieren (ab 9 Euro) oder waschen (ab 20 Euro) lassen. Auch Mieträder gibt es dort (ab 10 Euro) montags bis freitags von 6 bis 22 Uhr sowie an Wochenenden und Feiertagen von 10 bis 18 Uhr. Außerdem gibt es in der Radstation den Schlüssel zur Bahnhofstoilette.

Fahrrad-Garage: die Radboxen am Hauptbahnhof.
Fahrrad-Garage: die Radboxen am Hauptbahnhof. © FUNKE Foto Services | Jörg Schimmel

Alternativen zur Radstation sind die abschließbaren Radgaragen oder die automatische Leihstation von „Metropolrad Ruhr“. Mit E-Ladesäulen für Autos und dem Taxihalteplatz erfüllt der Hauptbahnhof viele Kriterien einer „Mobilstation“, zu der Stadt und Verkehrsverbund zunächst vier Haltestellen in der Stadt aufrüsten wollen.

Die Aufenthaltsqualität am Bottroper Hauptbahnhof

Die Profitester vom Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) vergeben hier das Prädikat „Handlungsbedarf“. Dabei könnte es schlimmer sein. Der Wetterschutz ist zugegeben mäßig, aber Verschmutzung und Vandalismus halten sich in Grenzen im Vergleich etwa zum Essener Westbahnhof, der genauso eingestuft, aber deutlich angeranzter ist.

Ein erhebliches Aufenthalts-Plus hat gerade wieder eröffnet: Im lange leeren Café gegenüber der Radstation gibt es es von 5 bis 14 Uhr wieder Backwaren und Getränke. Dazu gibt es ein ordentlich bestücktes Büdchen. In Sachen Sicherheit hat das Land 85.000 Euro für neue Video-Überwachungstechnik in Aussicht gestellt.

Die Fahrgastinformation am Bottroper Hauptbahnhof

Sehr hilfreich: Seit Dezember 2020 zeigt die Vestische am Hauptbahnhof die Abfahrt der Züge und der Busse an.
Sehr hilfreich: Seit Dezember 2020 zeigt die Vestische am Hauptbahnhof die Abfahrt der Züge und der Busse an. © FUNKE Foto Services | Heinrich Jung

Hervorragend, sagen die VRR-Tester. Früher ein Witz, heute sehr ordentlich, sagen viele Pendler. Weit nach vorn gebracht hat den Hauptbahnhof bei diesem Kriterium die im Dezember 2020 angebrachte dynamische Fahrgastinformation am Bahnhofstunnel: Jeder Zug und jeder Bus werden dort angekündigt, Abfahrtsorte und eventuelle Verspätungen inklusive; immer vorausgesetzt, die einzelnen Verkehrsunternehmen sind an dieses System auch angeschlossen.

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Die Barrierefreiheit am Bottroper Hauptbahnhof

Gut, sagen die Profitester. Ja, wenn die Aufzüge funktionieren, sagen Pendler. Sie erinnern sich noch mit einigem Grimm an die Jahre 2016 und 2017, als die Aufzüge erst über Monate kaputt waren und dann die Bahn mit dem Austausch der Aufzüge nicht fertig wurde: Von April bis Dezember 2017 dauerten die Arbeiten. Ersatz für defekte Aufzüge in Form einer Rampe hat der Hauptbahnhof nicht zu bieten.

Das Gesamturteil zum Bottroper Hauptbahnhof

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23 Jahre nach der Eröffnung könnte der Bau eine Verschönerung und eine bessere Beleuchtung gut vertragen. Besonders der Bahnhofstunnel ist im Winter eine wirklich düstere Veranstaltung. Ansonsten hat der Hauptbahnhof fast alles, was eine moderne Mobilstation ausmacht – bis auf die Lage natürlich. Und die einst mal angedachte U-Bahn zum ZOB wird in diesem Jahrhundert wohl nicht mehr gebaut.

Der Bahnhofs-Check

Wie gut in Schuss sind die vier Bottroper Bahnhöfe? Das überprüfen wir im „Bahnhofs-Check“. Als Orientierung dient dafür der jährliche „Stationsbericht“, den der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr Profitester erstellen lässt.

Technisch gesehen ist übrigens nur der Hauptbahnhof noch ein Personenbahnhof der Kategorie 4, also in derselben Liga wie der Bahnhof am Dortmunder Stadion. Boy, Vonderort und Feldhausen heißen zwar Bahnhöfe, sind aber im Bahn-Sprech Haltepunkte.