Bottrop. Stadtbäume in Bottrop leiden extrem unter dem Klimawandel. Warum Experte Markus Kaufmann aber sagt: Wir machen uns die Probleme oft selbst.

Die Stadtbäume in Bottrop leiden extrem unter dem Klimawandel. Typische Stadtbäume wie Ahorn, Kastanien, Platanen oder Linden müssen immer längere Trockenzeiten, stärkeren Sonnenstrahlen und größere Hitze aushalten. Außerdem machen ihnen zubetonierte Böden, zu wenig Platz für die Wurzeln, Schadstoffe in der Luft und neue tierische Schädlinge das Leben schwer. Insoweit decken sich die Erkenntnisse von Landschaftsbauer Markus Kaufmann und den städtischen Grünexperten. Doch für den Grafenwälder kommen hausgemachte Ursachen noch hinzu. „Wir schaffen uns die Probleme oft leider selbst“, bedauert der Fachmann.

Dabei hätten Bäume nun wirklich einen pfleglicheren Umgang verdient. Sie filtern das Treibhausgas Kohlendioxid aus der Atmosphäre, sie spenden Sauerstoff und halten die Luft sauber. Gesunde Bäume spenden mit ihrem Laub auch Schatten und schaffen Kühle. Gerade im Sommer könne das jedermann spüren, erklärt Kaufmann.

„Gehen Sie mal bei starkem Sonnenschein einen Weg oder eine Straße ohne Bäume entlang, und dann gehen Sie mal in einen Wald. Da ist es gleich viel kühler“, macht der Gartenbau-Fachmann anschaulich. Im Prinzip sei die positive Wirkung auch bei Straßenbäumen so.

Empfehlungen für Straßenbauer und Gärtner im Widerspruch

Gerade den Bäumen an den Straßen bleibe oft aber viel zu wenig Raum. „Ein Baum braucht mindestens zwölf Kubikmeter Platz, damit er vernünftig leben kann“, sagt der Landschaftsbauer und bezieht sich dabei auf Regeln, die in seiner Branche maßgeblich seien. Regelrecht unsinnig sei, dass die Vorschriften für Straßenbauer aber völlig andere seien.

Sie müssten Straßenbäumen nämlich gar nicht so viel Platz geben. Viele Baumscheiben an den Bottroper Straßen seien daher eigentlich zu klein. Für Markus Kaufmann kommt es nicht von ungefähr, dass viele Bäume, wie zum Beispiel die alten Kastanien an der Hauptstraße in Kirchhellen, krank wurden. „Sie sind wegen der schlechten Lebensbedingungen geschwächt und sehr anfällig für Schädlinge“, sagt der Grafenwälder SPD-Ratsherr.

Extrems Negativbeispiel: Markus Kaufmann erklärt am Beispiel der neu angelegten Baumscheiben an der Schwarthoffstraße in Kirchhellen, wie man besser nicht vorgehen sollte.
Extrems Negativbeispiel: Markus Kaufmann erklärt am Beispiel der neu angelegten Baumscheiben an der Schwarthoffstraße in Kirchhellen, wie man besser nicht vorgehen sollte. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Das bestätigen so in etwa auch die Fachleute aus dem städtischen Fachbereich für Umwelt und Grün in einem Bericht für die Bezirksvertreter und Ratsleute. Gerade der Stress durch Trockenheit und Wassermangel schwäche die Pflanzen und mache sie anfälliger für Schädlinge.

Die städtischen Grünexperten führen in ihrem Bericht eine ganze Reihe von Phänomenen und Baumkrankheiten auf: den Grünastausbruch, das Eschentriebsterben, die Massaria-Krankheit der Platanen, oder die Buchenkomplexkrankheit. Auch neue tierische Schädliche befallen demnach die Bäume wie den Kastanienbohrer und Lindenschwärmer, deren Raupen das Holz oder die Blätter von Laubbäumen fressen, oder die Kastanienminiermotte, der Eichenprozessionsspinner und der asiatische Holzbock.

Extremes Negativbeispiel für Baumscheiben in Bottrop

Als Konsequenz daraus fordern auch die städtischen Fachleute größere Baumscheiben und Baumrigolen sowie beim Pflanzen neuer Bäume eine Auswahl solcher Arten, die widerstandsfähiger seien. Dabei sollte die Stadt aus Kaufmanns Sicht aber dann auch konsequenter vorgehen. Die noch recht jungen Bäume etwa, die gegen den Rat des Landschaftsbauers an der Schneiderstraße in Grafenwald gesetzt wurden, haben schon Probleme. Etliche Baumscheiben auch an gar nicht so alten Straßen seien nicht nur zu klein, sondern verhinderten auch, dass bei Regenfällen das Wasser hineinfließen kann.

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Ein Extrembeispiel zeigt Markus Kaufmann an der Schwarthoffstraße in Kirchhellen. An den ohnehin viel zu kleinen Baumscheiben verhindern dort ziemlich hohe Bordsteine, dass das Regenwasser, das über das Straßenpflaster abfließt, an die Bäume gelangt. Mit Rasen bepflanzt seien die Scheiben auch noch.

„Das wird leider oft gemacht, damit da kein Kraut wächst. Das finden die Leute meist nicht so schön, das Gras erschwert aber das Versickern des Wassers“, erklärt der Landschaftsbauer. Den Schaden hätten später aber die jetzt noch jungen Bäume. Ganz in der Nähe an der Dorfheide ist das schon besser gelöst. Da sind die Randsteine auf dem Bürgersteig flach, so dass auch Regenwasser in die Baumscheiben fließen kann.

Nötige Baumfällungen kreuz und quer durch Bottrop

„Die Planung ist das A und O“, betont Markus Kaufmann. Das möge zunächst kostenintensiver sein: „Aber nur am Anfang“, betont er. Denn später holen die Kosten die Stadt sowieso wieder ein: Etwa weil Baumwurzeln Leitungen und Rohre beschädigen, wenn sie im Trockenstress dorthin wachsen, um an das Schwitzwasser zu gelangen oder auch durch intensivere Pflege und vorzeitige Neupflanzungen erkrankter Bäume. Beispiele gibt es dafür außer an der Kirchhellener Hauptstraße noch etliche: zum Beispiel an der Polderstraße, an der Lindhorststraße, an der Vienkenstraße . . .

Tausalz und Hunde-Urin schaden

Auch Tausalz schadet den Bäumen. Nicht nur die Bottroper Entsorgung und Stadtreinigung sollte daher im Winter nur so viele Streusalz wie nötig verwenden, sondern auch die Anwohner, heißt es beim städtischen Ressort für Umwelt und Grün.

Tausalz verschwinde nur scheinbar im Boden. Die Salze veränderten aber das Bodenleben. Das führe zu weniger Bodenluft, einer Verarmung des Nährstoffangebotes und eine Bodenverschlämmung. Durch das Salz werden lebensnotwendige Pilze und Kleinstlebewesen stark geschädigt oder sterben ab.

Auch Hunde-Urin sei schädlich, weil er die Baumrinden angreife, mahnt Landschaftsbauer Markus Kaufmann. Der giftige Harnstoff und die Salze darin verursachen Verbrennungen an den Stämmen, an denen sich dann Krankheitserreger und Pilze leichter ansiedeln können. Das führt wiederum zu Fäulnis.