Bottrop. 71 Stolpersteine gibt es inzwischen in Bottrop. Die Forschung geht weiter. Eine neue Broschüre erzählt die Geschichte der Nazi-Verfolgten.

Seit November liegen wieder neue Stolpersteine in der Stadt. Damit gibt es nun 71 dieser kleinen, glänzenden Erinnerungsorte zum Gedenken an Bottroper Opfer des Nationalsozialismus. Das Stadtarchiv hat nun eine gut gestaltete und weiterführende Broschüre dazu herausgegeben. Die berücksichtigt einerseits neueste Erkenntnisse zur Geschichte der weit überwiegend jüdischen NS-Opfer, aber auch politisch Verfolgte wie Ernst Ender oder August Steinsiek haben nun ihren Platz in der Schrift gefunden.

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„Die erste Schrift ist mittlerweile gut zehn Jahre alt, wurde immer ergänzt, vieles konnte nicht mehr aufgenommen werden“, sagt Stadtarchivarin Heike Biskup. Sie hat nun auf den 66 Seiten viele Ergebnisse von Forschern zusammengetragen, wie beispielsweise von Matthias Ester vom Landesarchiv Münster, der intensiv über jüdische Geschichte in Westfalen gearbeitet hat. Die Archivarin hat in den letzten Wochen selbst zu vielen Archiven Kontakt aufgenommen, darunter in den Niederlanden, zum Beispiel über Kindertransporte jüdischer Mitbürger in Nachbarländer.

Aber auch die „Arolsen-Archives“ seien darunter gewesen oder die Datenbanken der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem. Über die niederländische Dokin Foundation habe man zum Beispiel bislang unbekannte Fotos der Bottroper jüdischen Kinder Gerda und Herbert Cohn bekommen die während der deutschen Besetzung aus dem Nachbarland deportiert wurden und in Auschwitz ermordet wurden.

Die meisten Jungen und Mädchen dieser jüdische Kindergruppe, die Anfang der 1930er in Bottrop noch in Kostümen das Purim-Fest feiern konnten, haben die Verfolgung durch die Nationalsozialisten nicht überlebt. Nicht alle konnten identifiziert werden. Einige Geschichten sind in der neuen Broschüre nachzulesen.
Die meisten Jungen und Mädchen dieser jüdische Kindergruppe, die Anfang der 1930er in Bottrop noch in Kostümen das Purim-Fest feiern konnten, haben die Verfolgung durch die Nationalsozialisten nicht überlebt. Nicht alle konnten identifiziert werden. Einige Geschichten sind in der neuen Broschüre nachzulesen. © Stadtarchiv | Miriam Herman

Parallel zur Schrift hat Ulrich Schulze von der Pressestelle der Stadt die Broschüre digitalisiert, zusätzlich mit einer interaktiven Karte versehen, auf der die Lage der Stolpersteine verzeichnet ist. Das Problem: „Viele ehemalige Adressen der verschleppten und verfolgten Bottroperinnen und Bottroper gibt es nicht mehr, die Stadt at sich verändert“, so Schulze. Auch mussten viele Angaben ergänzt, zum Teil korrigiert werden, wie zum Beispiel bei den bekannten jüdischen Familien Krauthammer oder Dortort.

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Andererseits gebe es auch einige Familien der Opfer von damals, die keine Stolpersteine wollten. Ein Nachfahre der Familie Reichenstein habe dadurch die Einzigartigkeit der Shoah-Opfer relativiert gesehen, die sich eben wegen ihres Jüdischseins und nicht aufgrund politischer oder weltanschaulicher Positionen verfolgt wurden. Sie hätten sich nicht entziehen können, gibt Heike Biskup die Diskussion mit einem Überlebenden der Familie wieder. Einen ähnlichen Zwiespalt bei der Stolperstein-Gedenkkultur gäbe es auch bei Sinti und Roma, weiß die Stadtarchivarin.

Die Schrift „Stolpersteine in Bottrop“ ist kostenlos im Stadtarchiv erhältlich. Die digitale Aufbereitung gibt es auf bottrop.de/stolpersteine. Beide Versionen eignen sich gut zur Arbeit in Schulen aber auch zur privaten Erforschung dieses Teils deutscher Geschichte in Bottrop.