Bottrop. Ab Januar sollen Ärzte Medikamente für gesetzlich Versicherte digital verschreiben. Bottrops Apothekersprecherin bemängelt zu kurze Testphase.
Wissen Sie genau, was ein E-Rezept ist? Sollten Sie aber wissen, besonders wenn Sie gesetzlich krankenversichert sind, denn ab dem 1. Januar 2022 sollen verschreibungspflichtige Medikamente nicht mehr auf dem bekannten rosa Formular ausgestellt, sondern digital verarbeitet und ausgestellt werden. Vereinfacht dargestellt: Der Arzt verschreibt dabei ein Medikament über einen QR-Code, wie vom Impf-Zertifikat bekannt, über eine APP kann dann die Verordnung auf dem Smartphone oder Tablet abgerufen und in einer Wahlapotheke bestellt werden.
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Dort können Patienten ihr Medikament abholen oder liefern lassen. Wer kein digitales Endgerät hat, kann sich den QR-Code vom Arzt auch auf Papier ausdrucken lassen. Birgit Lauer, Inhaberin der Glückauf-Apotheke in Kirchhellen, steht diesen Plänen grundsätzlich positiv gegenüber, da die Digitalisierung und Verzahnung über sichere Kommunikationswege die Versorgungsqualität erhöhe. Digitale Verordnungen seien eindeutiger und schalteten Fehlerquellen, wie beispielsweise eine unleserliche Handschrift, aus. „Es ist eine Supersache, wenn es funktioniert“, sagt die Sprecherin der Bottroper Apothekerschaft. Und: „Das Projekt an sich ist gut, aber ich würde gerne auch gut starten.“
Bottrops Apothekersprecherin zweifelt an einem reibungslosen Start
Und da beginnt die Skepsis. Es gebe so viele Schnittstellen auf den verschiedenen Ebenen der Ärzte, Apotheker und der mehr als 100 Krankenkassen, die funktionieren müssen, um das E-Rezept „durchlaufen“ zu lassen, so Birgit Lauer. Sie bezweifelt, dass alles reibungslos ablaufen werde, zumal es auch keine ausreichenden Testphasen gegeben habe.
Das System sollte im Bereich Berlin/Brandenburg in einer Pilotphase seit Mitte des Jahres erprobt werden. Nach Informationen, die Birgit Lauer vorliegen, wurden dabei nicht mehr als 50 Rezepte digital verarbeitet. Das könne man nicht auf 80 Millionen Bundesbürger hochrechnen. Ihrer Meinung nach sei es erforderlich, die Testphase zu verlängern und erst gesicherte Erkenntnisse zu sammeln. Erstaunlich sei, so die Apothekersprecherin weiter, dass sich im wesentlichen alle Ärzte, Apotheker, Rechenzentren und Krankenkassen einig darin seien, das E-Rezept erst verpflichtend zu machen, wenn flächendeckend verlässliche und belastbare Daten verfügbar seien.
Akzeptanz und Vertrauen gibt es nur, wenn das System funktioniert
Technisch sei der Vorstoß bei den Apotheken kein Problem. „Wir arbeiten schon lange digital, die meisten Apotheken verfügen schon über von der gematik GmbH zertifizierte Hard- und Software“, so Lauer. Meist sei man schon seit 2020 ans System angeschlossen, deshalb konnten auch die Impfzertifikate über diese Schnittstellen ausgestellt werden. Allerdings seien viele Apotheken überlastet, man arbeite am Limit, viel Arbeitskraft sei durch Corona gebunden, die Grenze der Belastbarkeit sei bei den Apotheken wie in vielen Bereichen des Gesundheitswesens erreicht.
Noch eine „Großbaustelle“ überfordere das Gesundheitswesen derzeit. Die digitale Patientenakte habe sehr viele Vorteile für alle Beteiligten, aber Akzeptanz und Vertrauen in der Bevölkerung bekomme man nur, wenn es funktioniere. Beruhigend ist, dass die rosa Rezepte von den Ärzten weiterhin ausgestellt werden können. Bei Privatversicherten werden die Rezepte weiterhin wie gewohnt ausgestellt, eine elektronische Regelung soll aber auch für diese Versicherten kommen.