Bottrop. In Bottrop erinnern neue Steine an Männer und Frauen, die im Nationalsozialismus verfolgt oder getötet wurden. Auch Schulen tragen Gedenken mit.

Der 9. November als Gedenktag an die Pogromnacht, in der 1938 hauptsächliche Bürgerinnen und Bürger jüdischen Glaubens im damaligen Deutschen Reich verfolgt, ausgeplündert und getötet wurden, bleibt auch in Bottrop immer lebendig. Bei der Verlegung von insgesamt neun neuen Stolpersteinen im Bereich Stadtmitte, die an Opfer des Nationalsozialismus erinnern, legten jetzt auch auffällig viele Schülerinnen und Schüler Blumen an den messingglänzenden polierten Steinen nieder.

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Stolpersteine in Bottrop erinnern an jüdische Familien Dortort und Krauthammer

Die erinnern nun an Angehörige der jüdischen Bottroper Familie Dortort und Krauthammer, aber auch an den damaligen Bauunternehmer August Steinsiek, der 1940 im Konzentrationslager Dachau unter nicht bekannten Umständen umgebracht wurde.

Bis heute forscht dessen Enkel nach den Gründen für die Verhaftung und späteren Ermordung seines Großvaters, der weder jüdische Wurzeln hatte, noch, wie es scheint, trotz seiner freien Meinungsäußerungen dem organisierten Widerstand gegen das NS-Regime angehörte, so Stadtarchivarin Heike Biskup. Dieser neue Stein, dessen Pate übrigens Oberbürgermeister Bernd Tischler ist, liegt nun vor dem Haus Overbeckstraße 35.

Der Bottroper August Steinsiek wurde auch als nicht rassisch Verfolgter von den Nationalsozialisten gejagt. Er kam 1940 im Konzentrationslager Dachau unter ungeklärten Umständen ums Leben. An ihn erinnert seit heute eine neuer Stolperstein an der Overbeckstraße 35.
Der Bottroper August Steinsiek wurde auch als nicht rassisch Verfolgter von den Nationalsozialisten gejagt. Er kam 1940 im Konzentrationslager Dachau unter ungeklärten Umständen ums Leben. An ihn erinnert seit heute eine neuer Stolperstein an der Overbeckstraße 35. © Hans-Joachim Steinsiek

An Cilli, Adolf, Max, Walter und Heinz Krauthammer erinnern nun fünf Stolpersteine an der Bergstraße 1. Das Schicksal von Cilli Krauthammer (1885-1940), die an einer chronischen Gehirnentzündung litt, ruft neben dem Rassenwahn des NS-Regimes auch dessen systematisch angelegte Tötung kranker oder behinderter Menschen ins Gedächtnis. Als Jüdin ist Cilli Krauthammer damals doppelt gefährdet und ihre „Verlegung“ von der Heilanstalt Münster zunächst nach Wunstorf, dann nach Brandenburg/Havel erfolgt nur vordergründig aus medizinischen Gründen.

Wer krank und jüdischen Glaubens war, drohte ab 1933 doppelte Gefahr

Der Weg in die Vernichtung ist für die Bottroperin von Anfang an vorgezeichnet. Für ihren Sohn Heinz Krauthammer (geb. 1925), der wohl 1945 nach mehrjähriger Lagerodyssee in Buchenwald umkam, gibt es dort nun einen neuen Stolperstein, der vor allem auch die Deportationen nach Riga mitberücksichtigt, wohin zahlreiche jüdische Deutsche aus Bottrop und der Region verschleppt wurden. Paten der Steine an der Bergstraße sind Dagmar Kaplan, die Naturfreunde Bottrop, das Heinrich-Heine-Gymnasium, die Gustav-Heinemann-Realschule und die Familie von Daniela von Bremen.

Trotz Polierens sind Alt und Neu deutlich zu unterscheiden: Hier die neuen Stolpersteine für Martha und Julius Dortort an der Kirchhellener Straße 46.
Trotz Polierens sind Alt und Neu deutlich zu unterscheiden: Hier die neuen Stolpersteine für Martha und Julius Dortort an der Kirchhellener Straße 46. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Auch die Stolpersteine für Julius und Martha Dortort an der Kirchhellener Straße 46 wurden unter Berücksichtigung neuer historischer Erkenntnisse ersetzt. Beide Angehörige dieser Kaufmannsfamilie sind auch zunächst nach Riga deportiert und später in anderen Lagern ermordet worden. Paten dieser Steine sind die Janusz-Korczak-Gesamtschule und das Josef-Albers-Gymnasium.

Ebenfalls ein neuer Stolperstein erinnert seit heute an den Gewerkschafter und sozialdemokratischen Politiker Ernst Ender, der unter den Nationalsozialisten wegen angeblichen Hochverrats mehrere Jahre im Zuchthaus sowie im Konzentrationslager saß. Bereits 1978 benannte die Stadt Bottrop eine Straße nach Ernst Ender.
Ebenfalls ein neuer Stolperstein erinnert seit heute an den Gewerkschafter und sozialdemokratischen Politiker Ernst Ender, der unter den Nationalsozialisten wegen angeblichen Hochverrats mehrere Jahre im Zuchthaus sowie im Konzentrationslager saß. Bereits 1978 benannte die Stadt Bottrop eine Straße nach Ernst Ender. © Sammlung Wingold

An der Fuchsstraße 2 erinnert nun ein Stolperstein an Ernst Ender. Der Sozialdemokrat und Gewerkschafter kam 1912 mit 21 Jahren nach Bottrop und arbeitete über vier Jahrzehnte im Bergbau. Wie viele politische Gegner der unterschiedlichen Lager, machten die Nationalsozialisten auch Ender das Leben schwer. Bereits 1936 wird er der angeblichen Vorbereitung zum Hochverrat beschuldigt, sitzt im Zuchthaus und später drei Jahre im Konzentrationslager Buchenwald, während die Familie von der Gestapo beobachtet wird.

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Ender überlebt Krieg und Diktatur und wird 1946 von der Militärregierung zum Nachfolger des ersten Nachkriegsoberbürgermeisters Franz Reckmann ernannt. Als Politiker seiner Wahlheimat Bottrop engagiert er sich auch direkt nach dem Krieg für die Opfer des Faschismus und wird, auch für seinen Widerstand gegen das NS-Regime, mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

Nach ihm benennt die Stadt 1978 die Ernst-Ender-Straße. Pate dieses Stolpersteins, der auf Anregung von Sahin Aydin verlegt wurde, ist der Verein „7 Freunde“.