Bottrop. Die 2G-Regel ärgert viele Bottroper Einzelhändler. Ihre Geschäfte seien keine Corona-Hotspots. Einige rechnen mit deutlichen Verlusten.

Kleidung, Weihnachtsgeschenke, ein neues Sofa: Wer nicht geimpft oder genesen ist, kann diese Dinge künftig nicht mehr im Geschäft kaufen. Schon am Wochenende soll die 2G-Regel im Einzelhandel gelten, wie Bund und Länder am Donnerstag beim Corona-Gipfel beschlossen haben. Die Bottroper Einzelhändler sehen die neue Auflage mit gemischten Gefühlen, manche sind verärgert.

Bottroper Einzelhändler: „2G stärkt nur das Online-Geschäft“

Darunter Gündüz Tubay, Geschäftsführer des Elektrohandels Olschewski: „Der Einzelhandel soll 2G machen, und im Supermarkt ist es brechend voll und es gibt keine Zugangsbeschränkungen. Das verstehe ich nicht.“ Sein Geschäft ist 800 Quadratmeter groß; mehr als vier, fünf Kunden seien selten gleichzeitig anwesend. Das Ansteckungsrisiko? Tendiert für ihn in Richtung null.

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Anders bei den Supermärkten, in denen sich Tubay – wenn schon – auch strengere Regeln wünscht. „Wer sich nicht impft, hat dann die Arschkarte und ist selbst Schuld.“ Für seinen Laden erwartet er keine deutlichen Einbußen. 60 Prozent seiner Kunden seien Senioren, fast alle geimpft. Und wer das nicht ist, dem könne er auch etwas vor die Tür bringen. „Aber für viele andere ist es schlecht, und wenn es einem schlecht geht, geht es allen schlecht. Das stärkt nur das Online-Geschäft.“

Sinn in Bottrop rechnet mit 30 Prozent weniger Kunden

Mit erheblichen Einbußen rechnet das Modehaus Sinn, einer der größten Einzelhändler der Stadt. „In der Vorweihnachtszeit werden wir 30 Prozent weniger Frequenz haben“, sagt Geschäftsführer Thomas Wanke. Angesichts von zehntausenden Fans in Fußballstadien hat Wanke wenig Verständnis für die 2G-Regel im Einzelhandel, der doch nicht gerade dafür bekannt sei, dass dort „Corona-Spreader“ unterwegs sind.

Die Hausleitung von Sinn in Bottrop werde vermutlich nur noch den Haupteingang öffnen und dort die Nachweise kontrollieren. „Das kostet uns mindestens einen Mitarbeiter den ganzen Tag.“ Thomas Wankes Erwartungshaltung: „Dass der Bund uns das Personal stellt, wenn er schon so etwas beschließt.“

„Wie sollen sich 30 Kunden auf 6000 Quadratmetern infizieren?“

Wenig Verständnis hat auch Klaus Beyhoff. Der Inhaber des gleichnamigen Möbelgeschäfts sieht zwar keine Schwierigkeiten in der Umsetzung und Kontrolle der 2G-Regel, weil die Abläufe eingespielt seien, die Kunden aus der Kneipe gewohnt seien, ihre Nachweise vorzuzeigen. „Aber dass wir nun einen Teil der Kunden ausschließen, ist nicht förderlich.“

Seine Hauptverkaufszeit beginnt nach Weihnachten, vor allem die Zeit zwischen den Jahren nutzen viele, um sich in Ruhe nach Möbeln umzuschauen. Das Vorweihnachtsgeschäft spiele im Möbelhandel keine große Rolle. „Unsere Kundenzahl wird weniger werden.“ Und das, obwohl auch bei ihm wenig Risiko besteht, sich anzustecken. „Wir haben über 6000 Quadratmeter, auf denen sich mal 30 Leute bewegen. Wer soll sich da infizieren?“

Bottroper Herren-Boutique ist sogar auf Schließung vorbereitet

Etwas gelassener sieht Hans-Dieter Köster die 2G-Regel. In die Herren-Boutique, die er zusammen mit seiner Frau Brigitte seit fast 50 Jahren führt, lässt er schon seit Wochen nur noch Geimpfte, Getestete und Genesene hinein. „Wir fragen immer nach dem Nachweis.“

Wie die Stadt kontrolliert

Die neue Corona-Schutzverordnung lag der Stadt Bottrop am Freitagnachmittag noch nicht vor, sie müsse erst einmal in Bezug auf die Konsequenzen für Bottrop ausgewertet werden.

Im Falle der 2G-Regeln im Einzelhandel werde der Kommunale Ordnungsdienst stichprobenartig Geschäfte kontrollieren, ob sie die Vorgaben einhalten. „Wie bei den vergangenen Regelungen auch, ist natürlich eine flächendeckende Kontrolle durch den KOD nicht möglich“, so Stadtsprecher Ulrich Schulze.

Mit den Stichprobenkontrollen habe die Stadt gute Erfahrungen gemacht, „weil in der Vergangenheit jeder wusste, dass jederzeit kontrolliert werden kann“.

Für seine Kunden sei das kein Problem, sie seien daran gewöhnt und die Älteren ohnehin geimpft. Er richte sich danach, was er selbst für richtig hält. „Ich bin 77 Jahre alt und ich will mich auch nicht anstecken.“ Die Zugangskontrolle sei auch ein Schutz für ihn und seine Frau.

Wie sich die Regelung auf die Kundenströme auswirkt, vermag er noch nicht zu sagen. „Aber schlechter als vergangenes Jahr im Dezember kann es gar nicht werden.“ Für den Fall, dass der Einzelhandel doch noch einmal schließen muss wie im vergangenen Jahr, sind Hans-Dieter und Brigitte Köster vorbereitet: Sie bestücken ihr Schaufenster mit nummerierten Kleidungsstücken, Kunden können anrufen, die jeweilige Nummer bestellen und die Ware anschließend abholen.