Bottrop. Die beiden sowjetischen Kriegsgräberstätten in Bottrop sind jetzt Denkmäler. Sie sind auch Mahnmal für viele Zwangsarbeiter, die hier umkamen.

Die Stadt hat die sowjetischen Kriegsgräberstätten in Bottrop unter Denkmalschutz gestellt. Die beiden Grabfelder auf dem Westfriedhof und dem Nordfriedhof erinnern an den Tod russischer Soldaten im Zweiten Weltkrieg, aber auch an das grausame Schicksal vieler Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aus der Ukraine, die in der Zeit zwischen 1941 und 1945 in Bottrop ums Leben gekommen waren. Gerade deshalb seien die beiden Grabstätten bedeutend für die Stadt, meint Denkmalschützer Thorsten Kastrup. Denn sie seien historische Zeugnisse für die Anwesenheit der allein in Bottrop mehrere tausend Bürgerinnen und Bürger aus der früheren Sowjetunion, die die Nazis versklavt und verschleppt hatten.

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„Dass Soldaten im Kampfeinsatz im Krieg gefallen sind, ist das eine; aber es geht eben auch um Frauen und Männer, die ausgebeutet und dabei auch elendig verhungert sind“, macht Thorsten Kastrup klar. Nach den Erkenntnissen der Denkmalschutzbehörden gab es allein in Bottrop kurz nach dem Zweiten Weltkrieg schätzungsweise noch um die 6000 überlebende Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter. Sie waren in 27 Lagern untergebracht worden, die von großen und kleinen Unternehmen, in wenigen Ausnahmen aber auch von der Stadt selbst betrieben wurden. In der Zeit des Nationalsozialismus sei „der ausbeuterische und überwiegend schlechte bis quälende Umgang mit ihnen“ alltäglich gewesen.

Zehn sowjetische Kriegsgräber liegen in Bottrop auf dem Nordfriedhof

Inzwischen hat die Stadt die Grabstätten, die an die sowjetischen Opfer erinnern, als Zeugnisse der Bottroper Kriegs- und Nachkriegsgeschichte in ihre Denkmalliste eingetragen. Dazu gehört einerseits das Gräberfeld mit zehn sowjetischen Kriegsgräbern auf dem Gelände des Nordfriedhofes. Die Gräber sowie der dazu gehörende Gedenkstein mit kyrillischer Inschrift liegen entlang der Straße An den Weywiesen etwa in Höhe der Häuser Nummer 20 und 22. „Hier sind zehn Menschen begraben: sowjetische Bürger, die umkamen in faschistischer Knechtschaft 1941 - 1945“, lautet die Inschrift ins Deutsche übersetzt. die Inschriften auf den Grabplatten weisen auf „unbekannte russische Soldaten“ hin, sind aber teils auch mit Namen und Lebensdaten der Opfer versehen.

„Bereits im Mai haben wir die deutlich größere Anlage auf dem Westfriedhof eingetragen“, teilt Denkmalschützer Kastrup mit. Dabei handelt es sich um die Grabstätte mit einem etwa fünf Meter hohen Obelisken. Diesen hatte der Bottroper Steinmetz Anton Gerken kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges angefertigt. Der Obelisk besteht aus dick überputzten Ziegelsteinen. In den Putz ist ursprünglich folgende Inschrift eingemeißelt worden: „Hier ruhen 93 sowjetische Bürger, welche in deutscher faschistischer Gefangenschaftin der Zeit von 1941 - 1945 gestorben sind“. Nach einer Restauration befindet sich diese Inschrift heute in einer Sandsteintafel.

Gedenkstätte mit mehr als 100 sowjetischen Gräber auf dem Westfriedhof

Zu der Gedenkstätte gehören außerdem 111 überwiegend mit Namen und Geburtsdaten versehene Grabplatten aus Sandstein. Darüber hinaus gibt es wie am Nordfriedhof auch auf dem Westfriedhof Grabplatten mit der Aufschrift „unbekannter russischer Soldat“ und „unbekannt“. Dort sind sowohl Soldaten als auch Zwangsarbeiter bestattet oder auch dorthin umgebettet worden, die als Kriegsgefangene in Bottrop ums Leben gekommen waren.

Die sowjetische Kriegsgräberreihe mit dem Gedenkstein auf dem Nordfriedhof ist ebenfalls in die Denkmalliste der Stadt eingetragen. Auch sie erinnert an das Schicksal sowjetischer Kriegsgefangener, die in Bottrop umgekommen waren.
Die sowjetische Kriegsgräberreihe mit dem Gedenkstein auf dem Nordfriedhof ist ebenfalls in die Denkmalliste der Stadt eingetragen. Auch sie erinnert an das Schicksal sowjetischer Kriegsgefangener, die in Bottrop umgekommen waren. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Das Denkmal auf dem Westfriedhof gehöre zu den sehr seltenen so gut überlieferten Exemplaren in Westfalen, heben die Denkmalschützer hervor. Es war zuletzt 2005 restauriert worden. Auch die Bottroper Kriegsgräberstätten seien damals auf Anordnung der Sowjetischen Militärmission nach den immer gleichen Vorschriften für solche Denkmaler auch in anderen Städten errichtet worden. Die sowjetische Herkunft des Bottroper Obelisken auf dem Westfriedhof sei durch eine Handskizze mit kyrillischen Maßgaben historisch belegt, hält Denkmalschützer Hans Hanke in einer gemeinsam mit Dimitrij Davidov verfassten Einordnung fest.

Grausame Schicksale beim Tag des Denkmals zum Thema machen

Auskundschaftung

Für den Bau der sowjetischen Gedenkstätten sorgten vor allem Verbindungsoffiziere der Sowjetischen Militärmission. Sie ordneten auch über die Sowjetische Besatzungszonen hinaus an, wo die Gedenksteine zu errichten sind. Die Pflege solcher Monumente wurde bis in die 1980er Jahre hinein überwacht, berichten Denkmalschützer.

Die Kontrollfahrten zu den sowjetischen Gedenkstätten dienten allerdings auch zu Auskundschaftungen, heißt es.

Von den ursprünglich gut 200 solcher Monumente gebe es heute gerade noch 20, berichten Hanke und Davidov. Viele seien später während der Zeit des Kalten Krieges in einem regelrechten Bildersturm wieder verschwunden und vernichtet worden, weil sie als sowjetische Propaganda angesehen wurden. Auch die Geschichtsforscher halten fest, dass die Bürger mit dem ursprünglich dichten Netz dieser Gedenkstätten dauerhaft daran erinnert werden sollten, dass die rote Armee nicht nur den rassistischen „Vernichtungs- und Ausbeutungskrieg Deutschlands gegen die Sowjetunion siegreich abgewehrt“, sondern Deutschland auch vom Nationalsozialismus befreit hatte.

Der Bottroper Denkmalschützer Thorsten Kastrup wiederum meint mit Blick auf die Erinnerungsstätten für die vielen Opfer des Zweiten Weltkrieges auch unter den Zwangsarbeitern: „Ich könnte mir vorstellen, dass man das bei einem Tag des offenen Denkmals einmal zum Thema macht“.