Bottrop. Ende 2021 schließt „Schöngrün“ in Bottrop-Mitte. Einen Nachfolger hat Jochen Klee nicht gefunden. Er weiß: Der Floristik-Job geht auf die Knochen.
Arbeitszeiten von vier Uhr in der Früh bis um 19 Uhr am Abend. „Früher hat mir das nichts ausgemacht“, sagt Jochen Klee. Doch mehr als 30 Jahre Selbstständigkeit, davon die meiste Zeit in der Floristik-Branche, spürt der 57-Jährige heute in den Knochen. Es ist genug, hat der Bottroper entschieden – und schließt zum Jahresende den Blumenladen „Schöngrün“ an der Kirchhellener Straße. Damit endet, jedenfalls zunächst, auch sein Engagement für das Rathausviertel und die Innenstadt.
Ausstieg aus dem Blumenhandel: Bottroper gönnt sich ein Jahr Auszeit
Denn zusammen mit seiner Frau Sabine will Jochen Klee sich ein Jahr Auszeit gönnen. Einfach mal nichts tun. Für Hobbys, erzählt Klee, hatte er bislang neben der Arbeit weder Zeit noch Energie. Wer weiß, was sich nun ergibt. „Wir haben auch ein paar Immobilien, um die ich mich kümmere“, ergänzt der Bottroper.
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Er freut sich auf den neuen Lebensabschnitt, hätte aber den Laden „Schöngrün“, den es seit genau zehn Jahren an der Kirchhellener Straße gibt, gerne an einen neuen Besitzer übergeben. Aber: „Es hat sich nicht ergeben.“ Es gebe keinen Nachwuchs, auch, weil das Floristen-Dasein eben anstrengend sei. „Man macht zwar schöne Sachen. Aber es ist auch viel Schlepperei.“ Von den Arbeitszeiten im Handel mal ganz abgesehen. So hätten von seinen vier Angestellten zwei mit Blick auf das Ende von „Schöngrün“ schon einen neuen Job angetreten, der weniger auf die Knochen geht.
Nur ein Externer hat sich für die Übernahme des Ladens in Bottrop interessiert
Interesse gezeigt an der Ladenübernahme habe nur jemand Externes. „Doch das ist schwierig, wenn jemand nicht Florist gelernt hat“, meint Klee. Dabei war er vor vielen Jahren ja selbst ein Quereinsteiger.
„Ich bin gelernter Industrie- und Schriftenmaler“, erzählt der Bottroper. Zusammen mit einem Kompagnon haber er 1988 mehr oder weniger aus einer Bierlaune heraus einen Blumenladen an der Aegidistraße übernommen. „Wir hatten keine Ahnung, aber sieben Floristinnen“, erinnert er sich mit einem Schmunzeln. Mit der Selbstständigkeit hatten sich seine ursprünglichen Studienpläne erledigt. „Wir sind dann umgezogen in die Hansastraße, da waren wir bis Ende 2002.“
Zwischenzeitlich lebte der Bottroper Jochen Klee auf Mallorca
Zwischenzeitlich ging’s zum Leben nach Mallorca, stand das Thema Inneneinrichtungen im Fokus der Selbstständigkeit. Am 1. Oktober 2011 dann folgte die Neueröffnung von „Schöngrün“.
Abschied hat begonnen
Der Abschied hat schon begonnen: Zwei der vier Angestellten von „Schöngrün“ haben mit Beginn des Monats bereits einen neuen Job angetreten.
Das führt zu veränderten Öffnungszeiten: montags und dienstags ist der Blumenladen an der Kirchhellener Straße von 9.30 bis 15 Uhr geöffnet, den Rest der Woche bis 18.30 Uhr und samstags bis 14 Uhr.
Bis zum 31. Dezember soll der Verkauf normal weiterlaufen. Im Januar ist ein Ausverkauf der kompletten Deko geplant.
Seit dem Moment engagierte Klee sich auch an vorderster Front in der Interessengemeinschaft (IG) Kirchhellener Straße, organisierte das Fest der Kulturen mit, hob zusammen mit Dirk Helmke den Feierabendmarkt auf dem Rathausplatz aus der Taufe. Von Letzterem hat Klee sich bereits zurückgezogen – „ich gehe immer lieber, wenn es gut läuft“ –, und die Interessengemeinschaft wird bei den nächsten Vorstandswahlen neue Köpfe brauchen. Wobei: „Es gibt Überlegungen, zusammen mit der IG Gladbecker Straße eine gemeinsame IG Rathausviertel zu bilden.“
Bottroper Händler: „Wir haben im Rathausviertel ganz schön was bewegt“
Erneut nach Mallorca auswandern? „Das ist erstmal nicht geplant.“ Für die Zukunft kann er sich stattdessen gut wieder ehrenamtliche Tätigkeiten in Bottrop vorstellen. Zum Einsatz mit anderen Händlern und Akteuren für die Innenstadt sagt er: „Wenn ich das Gefühl habe, ich habe mich erholt, dann habe ich vielleicht Lust, mich da wieder zu engagieren. Wir haben im Rathausviertel ganz schön was bewegt.“
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Im Moment allerdings seien die Kaufleute „ganz schön geschockt“ – wegen der Einzugspläne von Netto ins ehemalige Karstadthaus. „Ich finde das ganz schrecklich“, sagt auch Klee. Bei Veranstaltungen wie dem Fest der Kulturen oder dem Feierabendmarkt habe man immer versucht, ein gewisses Niveau zu erreichen, um entsprechendes Publikum in die Stadt zu locken.
„Wir wissen alle, wer der Umsatzbringer bei Netto ist“, sagt er mit Blick auf die heutige Filiale des Discounters an der Osterfelder Straße samt Trinkerszene. „Das ist nicht das, was man sich vorstellt, wenn man die Stadt wieder nach vorne bringen will.“ Die ganze Kaufmannschaft wünsche sich von Stadt und Wirtschaftsförderung, in Entscheidungen mehr eingebunden zu werden.