Bochum. Soziale Missstände im WM-Gastgeberland Brasilien prangert Bischof Alfredo Schäffler an. Der „Anwalt der Armen“, wie er in Lateinamerika genannt wird, erwartet durch die Fußball-Weltmeisterschaft keinerlei Vorteile insbesondere für die arme Bevölkerung.
„Es genügt nicht zu beten“, sagt Alfredo Schäffler. „Die Menschen erwarten und brauchen konkrete Hilfe.“ Die leistet der 72-Jährige: als Bischof von Parnaíba in Brasilien; als „Anwalt der Armen“, wie er voller Hochachtung in Lateinamerika genannt wird. Noch bis heute ist er im Revier unterwegs, um die Aktion Adveniat der Katholischen Kirche zu unterstützen.
Hochwürden reist mit leichtem Gepäck. „Er hat nicht mal einen Mantel dabei. Ich hab’ ihm meinen geliehen“, schmunzelt der emeritierte Weihbischof Franz Grave, der Alfredo Schäffler in seiner Wohnung in Essen beherbergt.
Arm wie eine Kirchenmaus
Der Geistliche aus Brasilien ist der komplette Gegenentwurf zur erbärmlichen Prunksucht seines Amtsbruders in Limburg. „Er sagt’s nicht gern. Aber Don Alfredo ist arm wie eine Kirchenmaus. Er wohnt in einer selbst gezimmerten Hütte. Er lebt wie die Priester von den Zuwendungen der Gemeinde“, weiß Gerhard Uhle, Inhaber des Hannibal-Zentrums und langjähriger Förderer von Adveniat.
Auf Einladung Uhles war Bischof Schäffler jetzt erneut zu Gast in Bochum. Im – wie passend – „Dom“, der Diskothek im Prater, informierte er mit Franz Grave über seine Arbeit im Nordosten Brasiliens, wo die Menschen in besonderer Weise von Armut heimgesucht werden. Das durchschnittliche Jahreseinkommen beträgt 2500 Euro. Viele leben vom und im Müll. Wasser ist angesichts der großen Trockenheit ein kostbares Gut.
„Kirche der Armen“
Die von Papst Franziskus beschworene „Kirche der Armen“: hier kommt ihr eine überlebenswichtige Aufgabe zu. Es gibt keine Arbeit, keine Perspektive. Die Jungen flüchten in die Metropolen Rio oder Sao Paulo. Wer bleibt, ist oft auf die Unterstützung der Kirche angewiesen.
Adveniat ist auf dem Weihnachtsmarkt vertreten
Adveniat, das Lateinamerika-Hilfswerk der Katholischen Kirche, wurde 1961 gegründet.
Im Advent werden zahlreiche Veranstaltungen organisiert. Spenden und Kollekten tragen gleichfalls dazu bei, Initiativen zugunsten der Armen, Verfolgten und Minderheiten zu fördern.
Auf dem Bochumer Weihnachtsmarkt ist Adveniat mit einem Stand auf dem Boulevard (Nummer 108) vertreten.
Die Helfer verkaufen u.a. Glühwein und Kakao. Mit den Einnahmen werden Projekte zur Schul- und Ausbildung sowie Hilfen für Frauen in Not finanziert.
Die setzt „ein Zeichen der Hoffnung“, so der seit 2001 amtierende Bischof: u.a. in 14 Sozialzentren, in denen ehrenamtliche Mitarbeiter täglich 500 Kinder versorgen und betreuen. Gleichfalls in Gemeinschaftsarbeit sind 600 Zisternen gebaut worden. „Was wir mit der einen Hand bekommen“, so Schäffler, „geben wir mit der anderen Hand weiter. Nur das kann und muss unsere Mission sein.“
Kein Gewinn für die Mehrheit
Schonungslos rechnet der Österreicher mit den Missständen in Brasilien ab. Korrupte Politiker und Beamte, marode Infrastruktur, miserables Gesundheitswesen, Raubbau an den Amazonas-Wäldern: „Daran wird auch die Weltmeisterschaft 2014 nichts ändern. Bei aller Liebe der Brasilianer zum Fußball: Der überwältigenden Mehrheit bringt die WM keinen Gewinn“, befürchtet der Bischof.
Umso dringender sei die weitere Finanzierung lokaler und regionaler Projekte durch die Aktion Adveniat. „Ihre Spenden sind uns eine überaus wertvolle Hilfe“, bedankte sich der Bischof. Gerhard Uhle bleibt einer der großzügigsten Förderer: Alfredo Schäffler kann bei seiner heutigen Heimreise einen 5000-Euro-Scheck des Hannibal-Centers mitnehmen.