Bochum. NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin besucht am Freitag die IHK Mittleres Ruhrgebiet in Bochum. Ein Thema werden die Zukunft der Opel-Werksflächen in Bochum sein. Im Interview mit der WAZ erläuterte Hauptgeschäftsführer Helmut Diegel vorab seine Erwartungen an den Besuch des Ministers.
Garrelt Duin (SPD) ist am Freitag zu Gast bei der Industrie- und Handelskammer Mittleres Ruhrgebiet (IHK). Das Aus der Autoproduktion vor Ort Ende 2014 und die Zukunft der drei Opel-Flächen werden ein Thema im Gespräch mit dem nordrhein-westfälischen Wirtschaftsminister sein. WAZ-Redakteur Thomas Schmitt sprach vorab mit IHK-Hauptgeschäftsführer Helmut Diegel.
Herr Diegel, was erwarten Sie vom Besuch des Ministers?
Helmut Diegel: Wir werden über unsere Ideen zur Zukunft der Opel-Flächen reden, über das Projekt eines Gewerbetechnologieparks, das wir mit der Stadt erarbeitet haben. Wir erhoffen uns Antworten auf die Frage, wie man ein solches Projekt im Ministerium einschätzt.
Übersetzt heißt das: Sie wollen wissen, ob Ihre Ideen in die Fördertöpfe passen?
Diegel: Es geht um die Verantwortung des Landes für die Region. Ende 2014 werden mehr als 3000 Menschen ihre Arbeit hier verloren haben.
Erfordert diese Dimension nicht viel mehr Tempo? Vor exakt einem Jahr hat Minister Duin die Bochum Perspektive 2022 angekündigt. Gegründet ist die Gesellschaft bis heute nicht.
Diegel: Die Ankündigung zur Gründung der Gesellschaft war eine Good-Will-Aktion des Ministers. Damals dachten wir noch, es handelt sich um eine Maßnahme zur Erhaltung des Automobil-Produktionsstandortes bis 2022. Dass sich diese Perspektive wenig später in Luft auflöste, konnte niemand ahnen. Weder Stadt und Politik noch Opel können etwas dafür, dass so viel Sand ins Getriebe kam.
General Motors ist aus Ihrer Sicht der Alleinschuldige?
Diegel: Ja, wenn Opel allein entscheiden könnte, hätten sowohl die Opel-Vorstände Stracke als auch Neumann andere Schritte unternommen und ein anderes Tempo vorgelegt.
Müsste dann nicht ausschließlich mit GM über die 2022-GmbH verhandelt werden?
Diegel: Wir nehmen Opel beim Wort. Zuletzt erst ist von der Expo Real in München ein positives Signal ausgegangen. Nämlich, dass zum ersten Mal Stadt und Opel mit einer einheitlichen Stimme gesprochen haben. Das war ein entscheidender Schritt nach vorn.
Opel-Manager-Fuchs hat aber eingeräumt, dass es letztlich noch nicht klar ist, wie die Grundstücke in die Gesellschaft eingebracht werden.
Diegel: Fuchs’ Aussagen waren von einer besonderen Ehrlichkeit gekennzeichnet, was auch Vertrauen schafft. Er hat nicht zu viel versprochen, aber deutlich gemacht, dass der Eigentumsübergang in die Gesellschaft nicht auf einmal, sondern in mehreren Teilschritten erfolgen wird.
Sie haben in München zur Zukunft der Flächen gesagt: Wir müssen mutig sein, es darf keine Denkverbote geben. Als Idee sprachen Sie von einem Blitz-Tower. Was verbirgt sich dahinter?
Diegel: Das ist ein Synonym aus unserer Kreativabteilung. Es steht für „Bochumer Leuchtturm Interdisziplinäre Technologieorientierte Zusammenarbeit“ - so werden wir es auch dem Minister vorstellen. Wir wollen deutlich machen, dass wir den Turnaround schaffen können und wollen, weil wir genug Ideen haben und das Potenzial, wenn wir gemeinsam an einem Strang ziehen.
Sie zielen auf die Zusammenarbeit mit der Universität und den Hochschulen ab. Die Ruhr-Uni indes hat in diesen Tagen erst Hörsäle in der City eröffnet und arbeitet intensiv daran, das Image des Elfenbeinturms auf der grünen Wiese abzulegen. Widerspricht das nicht der Idee, universitäre Einrichtungen auf dem Gelände des Opel-Werkes I in Laer anzusiedeln?
Diegel: Wenn man es so verstehen würde, wäre es ein Widerspruch. Es geht aber nicht um einen neuen Campus. Rektor Elmar Weiler hat den Schritt in die Innenstadt getan und er wird auch nicht mehr herausgehen. Die Lehrstühle sind eine Bereicherung für die Innenstadt. Uns geht es um die Entwicklung einer Industriefläche in Kooperation von Wirtschaft und Wissenschaft, eine technologische Offensive, die wissenschaftlich begleitet wird. Das wäre etwas völlig Neues.
Neu wäre es auch, wenn die immer wieder geforderte Zusammenarbeit von Städten in der Region bei der Entwicklung der Opel-Flächen wie von Ihnen angekündigt realisiert werden würde. Glauben Sie wirklich daran?
Diegel: Ja, das Kirchturmdenken wird aufhören, weil nirgendwo Industriegebiete einfach auszuweisen sind. Wenn wir hier 170 Hektar interkommunal entwickeln, wäre das ein Leuchtturmsignal. Die Chancen stehen gut, die Oberbürgermeisterin hat bereits Gespräche mit anderen Städten geführt, 15 bis 16 sind vor dem Hintergrund des Volllaufens ihrer Gewerbegebiete ernsthaft interessiert. Wir sind das industrielle Herz Europas.
Welche Rolle spielt die IHK??
Diegel: Wir vermitteln, beraten und haben eine Lotsenfunktion. Wir arbeiten gemeinsam mit der Stadt daran, das Land zu motivieren, mit Fördermitteln die richtigen Signale zu setzen. Wir sind aber auch Mahner und drücken aufs Tempo.
Welche Zeitschiene werden Sie dem Minister am Freitag vorschlagen?
Diegel: Es kommt nicht auf ein oder zwei Monate an. Aber wenn die Signalwirkung aus München nicht verpuffen soll, muss bis Ende des Jahres „Butter bei die Fische“. Die Gesellschaft Bochum Perspektive 2022 muss gegründet, erste Grundstücke müssen übertragen werden.