Bochum. Der Streit um die Schließung des Bochumer Opel-Werks hat reichlich Negativschlagzeilen gebracht, aber wochenlang kaum Fortschritte. Jetzt starten die Parteien einen neuen Anlauf für eine Einigung. Die Mitarbeiter, die viele Jahre nur Abstieg erlebt haben, bleiben aber skeptisch.

Offener Zoff zwischen Betriebsräten, eine Klage aus Bochum gegen den Konzern und wilde Streiks in der Nachtschicht: Das Ende 2014 geplante Aus des Bochumer Opel-Werkes mit 3300 Beschäftigten sorgt seit Monaten für Schlagzeilen. Für den Neustart der Marke unter Vorstandschef Karl-Thomas Neumann dürfte das kaum förderlich sein. Doch jetzt gibt es einen neuen Anlauf für eine Einigung und eine soziale Abfederung des Rückzugs aus dem Ruhrgebiet.

Nach Sondierungsgesprächen vereinbarten der Opel-Vorstand, die IG Metall und Bochumer Betriebsräte Anfang der Woche die "kurzfristige Aufnahme von Verhandlungen". Es wird wieder geredet über Abfindungen, Weiterbildungen, Ersatzarbeitsplätze. Parallel diskutieren Fachleute und Stadt über die Zukunft der riesigen Werksfläche nach 2014 - etwa als Technologiepark für Firmengründungen der Bochumer Universität.

Opel-Spitze will Konfrontationen vermeiden

Die Opel-Spitze möchte den neuen Gesprächsfaden wohl erhalten und Konfrontationen vermeiden. Im Bochumer Getriebewerk mit rund 275 Beschäftigten, dessen Schließung mangels Nachfrage zum 30. September feststand, wurde die Produktion zuletzt gestreckt. Opel nennt jetzt keinen genauen Termin mehr, wann Schluss ist: "Gegen Ende des dritten Quartals", sagt ein Sprecher. Es könne auch einige Tage später sein. Vereinbart sei, aktuell keine weiteren Personalmaßnahmen einzuleiten.

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Nach ihrer Einigung auf neue Gespräche zeigen sich die Beteiligten ungewöhnlich diszipliniert - nur eine dürre 21-Wort-Verlautbarung und sonst kein Sterbenswörtchen über Inhalte eines möglichen Sozialplans. All das würde nur die Verhandlungen belasten, heißt es unisono.

Bochumer lehnten Tarifvertrag zur Opel-Sanierung ab - als einzige

Dabei waren zuvor die Fetzen geflogen, nachdem die Bochumer den Tarifvertrag zur Opel-Sanierung im März als einziger deutscher Standort abgelehnt hatten. Darin wollte das Management die Zustimmung der Belegschaft zur Werksschließung festschreiben. Im Gegenzug bot Opel umfassende Zugeständnisse, unter anderem die Garantie der Autoproduktion bis Ende 2016 und die dauerhafte Sicherung von 1200 Stellen. Doch die Beschäftigten misstrauten den Jobversprechen.

Eine Rednerin der postkommunistischen MLPD, die in der Belegschaft einige Anhänger hat, habe in der entscheidenden Betriebsversammlung den Vertrag schlecht geredet, klagt ein Arbeitnehmervertreter. Manches sei kommunikativ nicht optimal gelaufen - auch auf Seiten der Opel/GM-Spitze, die die notwendige Glaubwürdigkeit für einen solchen Vertrag nicht ausgestrahlt habe. Nach dem Nein der Bochumer kassierte Opel alle Angebote ein. Nun ist bereits Ende 2014 Schluss in Bochum.

Kleinwagen Mokka soll in Europa gefertigt werden

Für eine mögliche Einigung hat der Bochumer Betriebsratschef Rainer Einenkel schon Mitte September unterstrichen, dass er nicht nur Abfindungen, sondern qualifizierte Arbeitsangebote in der Region will. Einige Arbeitnehmervertreter plädieren für eine zeitliche Streckung des Ausstiegs. Damit werde es leichter, die Schließung sozialverträglich umzusetzen, argumentieren sie. Für solch einen Plan gibt es aber bisher keine Anzeichen von der Arbeitgeberseite.

Denn Opel hat weiter erhebliche Überkapazitäten. Das Ende der Fertigung im Ruhrgebiet wird dieses teure Problem zwar lindern, aber nicht aus der Welt schaffen. Das weiß auch Neumann. Deshalb verlegt Opel die Fertigung seines kompakten Geländewagens Mokka 2014 von Südkorea nach Europa.

Experten sind überzeugt: Auch das reicht nicht, um die Werke auszulasten - Europas Automarkt dürfte auf absehbare Zeit schwach bleiben. Felix Kuhnert, Leiter des Automobilbereichs bei der Beratungsgesellschaft PwC, betont: "Das Rekordniveau von 2007 wird in den kommenden Jahren nicht wieder erreicht."

"Der Blitz muss wieder glänzen" - Opel will aus der Verlustzone

Also muss sich der Hersteller, der 2016 endlich die Verlustzone verlassen will, im Verdrängungswettbewerb behaupten. Helfen sollen neue Modelle, aber auch das Image muss aufpoliert werden. "Die größte Baustelle ist die Marke", weiß Neumann und verspricht, Opel jünger und moderner zu machen: "Der Blitz muss wieder glänzen." Eines kann er dabei gar nicht gebrauchen: schlechte Nachrichten, auch nicht aus Bochum. Das könnte dem Betriebsrat in die Hände spielen.

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Bevor die Entwicklungsgesellschaft "Bochum Perspektive 2022" für das 1,7 Millionen Quadratmeter große Firmengrundstück in Innenstadtnähe starten kann, muss auch erst einmal der Wert ermittelt werden. Außerdem ist der Boden des früheren Zechengeländes zum Teil stark belastet. Als neues Wohnviertel mit Einfamilienhäuschen und Kindergärten eignet sich die Werksfläche jedenfalls nicht.

Die Mitarbeiter, die seit den Spitzenzeiten des Werkes mit über 20 000 Beschäftigten viele Jahre nur Abstieg erlebt haben, sind skeptisch. Ein Bochumer Opelaner unkt: "Viel kommt da nicht bei rum." (dpa)