Bochum. . Zukunftstechnologie, die Zusammenarbeit mit Forschung und Lehre, Wachstumsbranchen. Das sind die Stichworte, die im Zusammenhang mit der Entwicklung der Opel-Flächen in Bochum fallen. Der Eigentümer, die Adam Opel AG, hofft aber offenbar auch noch, einen Autobauer für sein Areal erwärmen zu können.
Was werden soll, wenn sich bei Opel die Werkstore für immer schließen, ist eine der Fragen, mit denen sich Bochum und seine Entscheidungsträger so intensiv beschäftigen wie mit kaum einem anderen Themen. Dass trotz vieler Unwägbarkeiten kein Grund zum Verzagen besteht, versuchte Baudezernent Ernst Kratzsch dieser Tage zu verdeutlichen. Die Immobilien-Zeitung zitierte ihn nach der „Bochumer Runde“ bei der Immobilienmesse Expo Real in München mit den Worten: „Wir kennen Konversion und wir können Konversion.“ Will sagen: Wer einen Strukturwandel erfolgreich bewältigt hat, schafft auch den nächsten.
Wachstumsbranchen im Blick
Was das konkret heißt, ist auch nach dem ersten Werkstattgespräch zur Folgenutzung der 160 Hektar großen Opel-Flächen der Werke I, II und III nicht klar. „Wir prüfen alle Möglichkeiten. Aber natürlich schauen wir auf die Wachstumsbranchen, etwa den Maschinen- und Anlagenbau sowie die Medizintechnik“, sagte der für die „Bochumer Entwicklung“ abgestellte Opel-Manager Enno Fuchs im Juni gegenüber der WAZ. Die Nähe zu den Universitäten müsse genutzt und außerdem Brücken zwischen Forschung, Entwicklung und Kommerzialisierung gebaut werden.
Das klingt nach zukunftsweisenden Feldern. So ganz scheint Opel die „Autoproduktion“ in Bochum aber nicht abgeschlossen zu haben. Für sich selbst schon, nicht aber für andere. Im Papier mit dem Titel „Opel-Werke Bochum – Informationen für Interessenten“, heißt es, die bisherigen Werke seien für eine Nachnutzung verfügbar. Und: „Ihre Chance, einen Fahrzeugbau in Deutschland aufzubauen.“
Kauf- und Mietoptionen
Die noch zu gründende Gesellschaft von Stadt und Unternehmen „Bochum Perspektive 2022“ wird als exklusiver Partner für die Standortentwicklung angepriesen. Zu haben seien im Werk I ein Presswerk, der Karosseriebau und die Lackierei. Auch Werk II (Getriebebau) und III (Lager) werden feil geboten. Die Rede ist von flexiblen Kauf- und Mietangeboten („erprobte Werkzeuge und Maschinen zu günstigen Konditionen verfügbar“) und von der Chance, qualifizierte Mitarbeiter – nämlich 3200 – „mit großer Erfahrung in der Automobil-Serienfertigung“ zu übernehmen.
Möglicherweise passen Bochum, Auto und Zukunft ja doch noch zusammen. „Die Ansiedlung anderer Unternehmen, die sich mit der Herstellung von Elektrofahrzeugen beschäftigen, ist denkbar“, hat Opel-Manager Enno Fuchs gegenüber der WAZ gesagt Indes: „Es ist zu früh, hier mehr zu sagen.“
Schmackhaft machen will Opel den Kauf von Flächen und Anlagen unter anderem mit dem Angebot, „Gebäude werden gemäß ihren Bedürfnissen umgebaut“. Zur Zeit können im Werk I im Zwei-Schicht-Betrieb 180.000 Pkw gebaut werden. Möglich sei ein Ausbau im Drei-Schicht-Betrieb auf 275.000 Stück. Alternativ sei aber auch der Abriss von Gebäuden möglich und stattdessen der Neubau eines „großen Produktions- und Logistikwerks“, wie es heißt.
„Chancen für Autowerk sind gleich Null“
Aus Sicht von Ferdinand Dudenhöffer wäre es ein aussichtsloses Unterfangen, sich in Gerthe und Langendreer für die Zeit nach Opel hinaus noch mit der Produktion von Automobilen zu beschäftigen. „Die Chancen für ein Autowerk sind gleich Null“, sagt der Wissenschaftler und Autoexperte von der Uni Duisburg/Essen. Überall in Europa würden Kapazitäten abgebaut. Selbst wenn ein Hersteller auf die Idee käme, ein neues Werk zu bauen oder eines zu verlegen, dann aus Kostengründen „nur in Osteuropa“. Das letzte Autowerk in Deutschland hatte BMW 2004 in Leipzig eröffnet.
Nach Auskunft des Verbandes der deutschen Automobilindustrie gibt es im Inland noch 23 Standorte, an denen deutsche Hersteller Autos fertigen. Allein sieben Werke betreibt Volkswagen: in Dresden, Düsseldorf, Emden, Hannover, Mosel, Osnabrück und Wolfsburg. An vier Standorten baut BMW (Dingolfing, Leipzig, München, Regensburg). In je drei Werken bauen Daimler (Bremen, Rastatt, Sindelfingen) und Opel (Bochum, Eisenach, Rüsselsheim), in je zwei Audi (Ingolstadt, Neckarsulm), Ford (Köln, Saarlouis) und Porsche (Leipzig, Stuttgart).