Bochum. Weil er seinen Onkel mit 66 Messerstichen getötet haben soll, steht seit Montag ein 34-jähriger Mann aus Bochum vor dem Schwurgericht. Der Staatsanwalt wirft ihm heimtückischen Mord vor. Es gab damals Streit wegen eines Autos. Wegen Wahnvorstellungen soll der Angeklagte vermindert schuldfähig sein.

Der Angeklagte muss wie im Blutrausch zugestochen haben. Mit 66 Messerstichen - so der Vorwurf von Staatsanwalt Michael Nogaj am Montag vor dem Schwurgericht - soll der 34-Jährige seinen Onkel (76) getötet haben. Zum Prozessbeginn gab der Bochumer alles zu: „Ich bin über mich erschrocken, was ich getan habe. Es tut mir bitter leid.“

Die Anklage lautet auf heimtückischen Mord. Am 15. April um 19.36 Uhr soll der Student mit zwei Küchenmessern auf seinen Onkel vor dessen Haus in Linden losgegangen sein.

Klinge brach und blieb in Brust stecken

Die Wucht der Hiebe war teilweise so groß, dass eine Klinge abbrach und in der Brust steckenblieb. Während das Opfer am Tatort verblutete, wurde der Angreifer nur ein paar Häuser weiter von der Polizei gefasst.

Das Tatmotiv wirkt für so eine Bluttat seltsam banal. Der Angeklagte spricht von einem Streit wegen seines alten Kleinwagens. Er habe ihn abmelden wollen, weil er zu teuer sei. Sein Onkel habe das Auto mehrfach repariert, aber von ihm dafür einen überhöhten Preis verlangt.

"Du hast mich betrogen"

Auch interessant

„Du hast mich betrogen“, habe er gezürnt. Außerdem habe sein Onkel ihm ein schlechtes Gewissen gemacht: Er dürfe das Auto nicht abmelden, weil er damit seine Mutter zum Arzt fahren müsse. „Dann habe ich das Messer gezogen und ihn niedergestochen.“ Der erste Stich ging in die Brust. Als das Opfer um Hilfe rufend zur nahen Hattinger Straße rannte, dabei aber zu Boden stürzte, erlitt es weitere Stichwunden.

„Ich weiß danach nichts Konkretes mehr“, sagte der Angeklagte. Er habe „keine Erklärung“, warum er so oft zugestochen habe. „Er war ja eigentlich wie ein Freund für mich.“

Wahrnehmungsstörungen und Schwindel

Dass der Angeklagte so ausgerastet war, könnte mit wahnhaften Störungen zu tun haben, die er damals gehabt haben soll. Die Anklage geht deshalb auch von verminderter Schuldfähigkeit aus. Am Vormittag vor der Tat war der Angeklagte, der bereits 2007 in einer Psychiatrie behandelt worden war, in ein Bochumer Krankenhaus gefahren und wolle von der Neurologie in mehreren Versuchen unbedingt aufgenommen werden, weil er Wahrnehmungsstörungen und Schwindel gehabt habe.

Er glaubte, einen Gehirntumor zu haben, die Ärzte würden ihm das aber verschweigen und ihn abwimmeln wollen. „Die Menschen in meiner Umgebung bewegen sich zu schnell und ziehen einen Schweif hinter sich her“, sagte er einmal im Prozess.

Mangels Befund bei der Untersuchung nahm ihn die Klinik aber nicht auf. Schon in der Klinik hatte der Angeklagte seine zwei Messer dabei, um die Ärzte zu bedrohen, wie er sagte.

Vor der Bluttat noch ein VfL-Ticket gekauft

Das tat er damals dann aber nicht. Stattdessen kaufte er sich am VfL-Stadion eine Karte fürs nächste Spiel, stieg in die Straßenbahn, stempelte ein 4er-Ticket ab - und wartete vor dem Haus seines Onkels auf dessen Heimkehr, um über das Auto zu reden.

Die Verteidigung macht der Bochumer Klinik Vorwürfe, sie habe den Angeklagten einige Stunden vor der Tat nicht sorgfältig genug untersucht. Die Klinik weist dies aber entschieden zurück. Am Dienstag, 1. Oktober, geht der Prozess weiter. Das Schwurgericht hat Termine bis zum 18. Oktober festgesetzt.