Bochum. Seit sieben Wochen dürfen Autos mit roter Feinstaubplakette nicht in die Umweltzone fahren. Doch das Verbot wird von der Stadt bisher gar nicht kontrolliert. Gleichzeitig kritisiert der ADAC die Umweltzone als “Augenwischerei“.
Das Verbot gilt bereits seit sieben Wochen, seit der Neujahr: Wer an seinem Fahrzeug nur eine rote Feinstaubplakette hat, darf nicht in die Umweltzone fahren. Allerdings wird dieses Verbot bis heute gar nicht kontrolliert. Das bestätigte die Stadt auf Anfrage der WAZ.
Hintergrund sind offenbar Unklarheiten über die Rechtssicherheit bei der Verhängung der Ordnungsgelder. Das Gesetz sieht vor, dass bei Verstößen ein Bußgeld in Höhe von 40 Euro fällig ist. Hinzu kommen in Bochum 23,50 Euro Verwaltungskosten. Obendrauf gibt es einen Punkt in Flensburg.
Doch diese Sanktionierung existiert in Bochum bisher nur auf dem Papier. Die Stadt hat eigenen Angaben zufolge bereits alle 50 Umweltzonenschilder umgerüstet, indem sie die rote Plakette entfernt hat. Es dürfen also nur noch Fahrzeuge mit gelber oder grüner Plakette in die Zone durchfahren. Doch trotz der Umbeschilderung wurde noch kein Umweltzonen-Sünder zur Kasse gebeten. Es sei noch kein grünes Licht von der zuständigen Bezirksregierung in Arnsberg gekommen, heißt es. In Arnsberg bestritt man dies auf WAZ-Anfrage. Ein Kommunikationsproblem?
Falsches Schild aufgestellt
Die Ursache könnte auch bei Straßen NRW liegen. Dort war gestern zu hören, dass ein Umweltzonenschild an der Autobahnausfahrt in Hofstede offenbar gestohlen worden sei. Es sei plötzlich weg gewesen. Außerdem habe man auf der Königsallee - eine Landesstraße - ein falsches Schild aufgestellt. Das sei vor zwei Tagen aufgefallen.
Ein Verbot kann aber nur dann rechtssicher geahndet werden, wenn die Beschilderung lückenlos ist. Sonst könnte jeder Ertappte sagen, er sei über eine Straße in die Umweltzone gefahren, auf der gar kein entsprechendes Schild gestanden habe.
In Bochum fahren rund 2500 Kraftfahrzeuge mit roter Plakette. Sie dürfen hier nur noch südlich des Außenringes fahren, südlich der A 44 und auf Autobahnen.
ADAC kritisiert die Umweltzone und spricht von „Augenwischerei“
Ab Juli 2014 trifft diese Regelung grundsätzlich auch die Kfz-Halter mit gelber Plakette - über 12.000 in Bochum. Der Sprecher des ADAC in NRW, Dr. Peter Meintz, plädierte gestern in einem WAZ-Gespräch für die Aussetzung der Umweltzone. Die Verringerung der Feinstaubbelastung sei so gering, dass sie ein Fahrverbot in der Umweltzone überhaupt nicht rechtfertige. Das sei „Augenwischerei“. Zwei Drittel der Bevölkerung halte dies für „Blödsinn“. Das Fahrverbot habe auch „eine fatale soziale Komponente“: Belastet würden nur die, die ohnehin weniger Geld hätten.
Wer einen Dieselpartikelfilter nachrüsten will, muss mehrere hundert Euro zahlen. Und die Alternative, ein neues Auto, ist noch teurer. Hinzu kommt, man für seinen alten Wagen wegen des Umweltzonen-Verbotes wohl nur noch einen Spottpreis bekommt.
Der ADAC rät Halter eines Wagens mit gelber Plakette, einen Partikelfilter nachzurüsten (ab etwa Baujahr 2004 sei dies meist möglich). Bei nicht nachrüstbaren Wagen sei vereinzelt eine Sondergenehmigung möglich. Oder man verkaufe das Auto in ländliche Gegenden (ohne viel Umweltzonen) oder ins Ausland.
In Bochum waren im vergangenen Jahr 211.223 Fahrzeuge angemeldet (inkl. Anhänger). Tendenz: steigend. Im selben Jahr wurde in der Stadt 16 466 Neuwagen angemeldet.