Essen. Im Ruhrgebiet ist es viel grüner als man denkt. Essen und das Ruhrgebiet wollen sich deshalb im Juni wahrscheinlich für einen neuen EU-Titel bewerben: “Grüne Hauptstadt Europas 2015“. Alleine die Bewerbung könnte Essen Geld der EU für Umweltprojekte bringen.
Wenn nichts dazwischenkommt, werden sich die Ruhrgebietsstädte ab Juni 2012 um den EU-Titel „Grüne Hauptstadt Europas 2015“ bewerben. Dazu ist am Freitag erstmals etwas Schriftliches erschienen, das das ganze Vorhaben erklärt: eine 124-seitige, großformatige Broschüre, die als “Memorandum zur Bewerbung der Metropole Ruhr als ,Grüne Hauptstadt Europas 2015’“ dienen soll. Die Herausgeber sind die Umweltdezernenten der Städte Bochum, Dortmund und Essen sowie des Regionalverbandes Ruhr (RVR). Wichtige Fragen und Antworten auf einen Blick.
„Grüne Hauptstadt Europas“ – was hat der Essener Bürger davon?
„Allein die Bewerbung erleichtert den Zugang zu Fördermitteln“, sagt Essens Umweltdezernentin Simone Raskob (Grüne). Wer sich um den EU-Titel bewirbt, werde es künftig einfacher haben, EU-Geld für Umweltprojekte nach Essen zu holen. „Und Europa wird immer wichtiger, dort wird immer mehr entschieden“, betont die Dezernentin.
Was hat Essen von Umweltprojekten, während die Stadt ihre Grünflächen mangels Geld zunehmend vergammeln lässt?
„Die ,Grüne Hauptstadt Europas ist keine Bundesgartenschau“, sagt Raskob. Es gehe nicht um hübsche Blümchen, sondern um knallharte Umweltfaktoren, die die Lebensqualität der Bürger beeinflussten - und somit, am Ende, auch für wirtschaftliche Erträge stünden, für „quantifizierbare Vorteile“.
Zum Beispiel: „Sechs Stadtwerke im Ruhrgebiet haben die ,Steag’ gekauft. Das ermöglicht CO2-neutralen Fernwärme-Transport durch die ganze Region.“ Oder: „Der Flüster-Asphalt, der im Essener Stadtgebiet an vielen Straßen aufgetragen wird, ist an der Bochumer Uni entwickelt worden.“ Zu Beginn der Bewerbung steht die Pflicht zur Dokumentation – über CO2-Ausstoß, Lärmbelastung, Wasserverbrauch, Müllaufkommen.
Weil die Revierkommunen gemeinsame Leitlinien entwickeln, könnte am Ende tatsächlich ein Ergebnis sein: „Dass man im Baldeneysee und den anderen Ruhr-Stauseen wieder baden kann“, mutmaßt Raskob. Auch der gemeinsame Radweg durchs Revier, den der RVR plant, sei ein „emotional besetztes Thema“, dessen Verwirklichungschancen durch den EU-Titel erheblich steigen könnte.
Welche Städtekandidaten haben eher Chancen? Umwelt-Streber oder Umwelt-Sünder?
Weder noch. „Die Jury bewertet, wie der Stand vor fünf Jahren war, was heute geschieht, und welche Pläne eine Stadt für die kommenden fünf Jahre hat“, erklärt Simone Raskob.
Essen bringe seine Referenzprojekte mit ein: zum Beispiel den Passivhaus-Standard bei öffentlichen Neubauten. Er wurde beim Anbau am Gymnasium Überruhr realisiert und ist fürs neue Bad am Thurmfeld (Nordviertel) auch geplant.
Wenn das Ruhrgebiet den Titel gewinnt – woran merkt das der Bürger im Jahr 2015 ?
Das Thema Umwelt in ein Veranstaltungskonzept umzusetzen, das die Masse anspricht, hält Simone Raskob für „einfacher, als das Thema ,Kulturhauptstadt’ zu realisieren“: Die großen Publikumserfolge des Jahres 2010 könnte man variieren – und, zum Beispiel, die Autobahn A42, die von viel Grün umgeben ist, einen Tag oder ein Wochenende für Radler freigeben.
„Jede Kommune könnte für eine Woche Umwelthauptstadt sein“, überlegt Raskob, ganz so wie beim „Local-Hero“-Konzept 2010. Und: Das nie realisierte Projekt „Zweite Stadt“, die Öffnung des Zollverein-Schachts 12 für Besucher, erführe neue Relevanz – um Pumpwasserspeicher zu demonstrieren; eine visionäre Form der Energiegewinnung unter Tage, die derzeit erforscht wird.
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