Bochum/Berlin. Nach dem angekündigten Aus für das Bochumer Opel-Werk warnt Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) vor zu hohen Erwartungen an die Politik. Man dürfe “ihre Möglichkeiten weder überschätzen noch überdehnen.“ Arbeitsmarktexperten sehen unterdessen gute Vermittlungschancen für die Bochumer Opelaner.

Nach dem angekündigten Aus für die Autofertigung im Bochumer Opel-Werk dürften die betroffenen Mitarbeiter nach Einschätzung von Experten schnell auf neue Jobs hoffen. Die Vermittlungschancen für die rund 3.000 Beschäftigten seien gut - vermutlich besser als bei den Beschäftigten der 2008 geschlossenen Bochumer Handy-Produktion von Nokia, sagte der Leiter der Bochumer Arbeitsagentur, Luidger Wolterhoff, dem Nachrichtenmagazin "Focus". Damals hatten nach einem Jahr 50 Prozent der Betroffenen neue Stellen gefunden.

Der Opel-Mutterkonzern General Motors hatte angekündigt, die Autoproduktion in Bochum 2016 auslaufen zu lassen. Vor dem Werk selbst blieb es am Wochenende ruhig. Das Unternehmen hatte die für Samstag geplante Feier zum 50. Bestehen des Produktionsstandortes mit erwarteten rund 20.000 Besuchern aus Sicherheitsgründen kurzfristig abgesagt. Es waren Proteste gegen die Entscheidung von GM befürchtet worden.

Lammert warnt vor zu großen Hoffnungen auf die Politik

Auf weitreichende Hilfe der Politik dürfen die Opelaner derweil nicht hoffen. Im Interview mit der Nachrichtenagentur dapd warnte Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) vor zu hohen Erwartungen. Man dürfe die Möglichkeiten der Politik "weder überschätzen noch überdehnen", sagte Lammert in Berlin.

Zwar habe die Politik für die Zukunftsperspektiven von Regionen und Standorten zweifellos eine erhebliche Rolle. "Aber man sollte der Politik nicht Produktentscheidungen oder Marktsicherungsaufgaben zuweisen wollen, die nach allen Erfahrungen wirklichkeitsfremd sind. Wenn der Staat anfängt, Autos zu produzieren, dann kommen Trabis raus."

"Die Politik kann nicht Standorte gegen Unternehmen sichern"

Die Politik könne Voraussetzungen dafür schaffen, dass es Betriebsansiedlungen gibt. "Aber die Politik kann nicht Standorte gegen Unternehmen sichern", sagte Lammert. Mit Ausnahme der neuen Länder gebe es keine andere Region in Deutschland, die in ähnlicher Weise von der Politik im Strukturwandel begleitet worden sei wie das Ruhrgebiet. Allein in Bochum hätten Stadt, Land und Bund hohe dreistellige Millionenbeträge investiert.

In diesem Zusammenhang verwies der Bochumer Stadtdirektor und Wirtschaftsförderungsdezernent Paul Aschenbrenner im "Focus" auf die in vielen Zukunftstechnologien gut aufgestellte Wirtschaft vor Ort. So seien Bochumer Hochschulen in vielen Technikzweigen führend, außerdem werde die Ansiedelung weiterer Firmen aus der Produktionswirtschaft erwartet.

Opel-Chef Sedran treibt Umbau voran

Im restlichen Unternehmen geht der Umbau derweil voran. So stehe die geplante Entwicklungspartnerschaft zwischen Opel und dem französischen Konkurrenten PSA Peugeot Citroën kurz vor einem Abschluss, sagte Interimschef Thomas Sedran der "Wirtschaftswoche". "Die Qualität der Gespräche ist wirklich sehr gut. Und die betriebswirtschaftlichen und technischen Vorteile sind so groß, dass wir die Verhandlungen über die gemeinsame Entwicklung von Fahrzeugen sicher bald erfolgreich abschließen können."

Geplant ist, bis 2016/2017 vier neue Modellreihen gemeinsam zu entwickeln und auf den Markt zu bringen - einen Nachfolger des Familienautos Opel Zafira, zwei Kleinwagen sowie eine Mittelklasselimousine. Eine gemeinsame Produktion sei dagegen noch kein Thema. "Darüber sprechen wir noch nicht. Erst einmal wollen wir die Entwicklungsaufträge fertig kriegen", sagte Sedran. (dapd)