Als der finnische Handyhersteller 2008 sein Werk in Bochum plötzlich schloss und nach Rumänien abwanderte, war der Aufschrei groß in Bochum und Umgebung. “Nie wieder Nokia-Handys“ erklärten etliche Politiker. Jetzt hat die Stadtverwaltung 100 neue Diensthandys angeschafft - von Nokia.

Mit Unverständnis und deutlicher Kritik reagierten Bochumer Politiker auf den Ankauf der Stadt Bochum von über hundert neuen Diensthandys, ausnahmslos der Marke Nokia. Der Kauf, von dem die WAZ erfuhr, geschah in mehreren Etappen.

„Das darf doch wohl nicht wahr sein“, reagierte Katharina Schubert-Loy von den Grünen überrascht. „Das ist unsensibel.“

Damit bezog sie sich auf die spektakuläre Schließung des Bochumer Nokia-Werks im Jahr 2008, wobei weit über 2000 Beschäftigte, darunter viele Frauen, ihre Arbeitsstelle verloren hatten. Spontan erklärten etliche Bochumer Politiker, darunter SPD-Parteichef Thomas Eiskirch, sie würden sich von ihren Nokia-Geräten trennen.

„Das ist politisch schwer verständlich“

Auch Axel Schäfer, Bochumer Bundestagsabgeordneter der SPD, hatte sich damals demonstrativ von seinem Nokia-Gerät getrennt, nutzt seitdem einen Blackberry. Als wir ihn am Dienstag in Berlin erreichten, meinte er zum Ankauf der Stadt: „Das ist politisch schwer verständlich, auch wenn es rechtlich in Ordnung ist. Das wird viele ehemalige Werksbeschäftigte stark verärgern.“

„Das war ungeschickt und nicht gut für die Außenwahrnehmung“, fand Monika Pieper, Landtagsabgeordnete der Bochumer Piratenpartei. Nokia habe die Stadt Bochum 2008 „ziemlich sitzen lassen“. Es sei eine Frage der Solidarität, „ob man als Bochumer ausgerechnet zu dieser Marke greifen sollte“.

Gezwungen, günstigstes Angebot zu nehmen

Dass die Politiker von der Anschaffung bisher nichts erfahren hatten, lag daran, dass es sich um ein Geschäft der laufenden Verwaltung handelte. Konkret: Es war die „Gemeinsame kommunale Datenverarbeitung Ruhr“, kurz GKD, eine Kooperation der Stadt Bochum mit kleineren Partnern.

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Von Rolf Hartmann

Der Handykauf wurde von der Stadt am Dienstag bestätigt, mit dem Hinweis, man sei an rechtliche Vorgaben gebunden, wie die Beschaffung zu erfolgen habe: Stadtsprecherin Barbara Gottschlich: „Wir kriegen Angebote rein, vergleichen die und sind gezwungen, die preisgünstigsten zu nehmen.“ Sonst verstoße man gegen Vorschriften.

Bei den Diensthandys hätten aber auch technische Erfordernisse eine Rolle gespielt.

Stadt kaufte auch Handys von Sony Ericsson

Etappenweise wurde geordert: Von der Nokia-Werksschließung Mitte 2008 bis Mitte 2011 habe die Stadt „nur in Einzelfällen Nokia-Handys beschafft, ca. 10 Stück pro Jahr, und nur für die Feuerwehr. Grund: feste bestehende Freisprecheinrichtungen in Einsatzfahrzeugen“.

Für andere Mitarbeiter kaufte die Stadt Modelle von Sony Ericsson. Doch dann hätte die Anschlusslieferung versagt. Man wolle ein Handy u.a. mit Kamera, GPS und UMTS-fähig, ließ die GKD ausgewählte Anbieter wissen. Vier meldeten sich und boten zwei Nokia-Versionen an. Beim Modell Nokia C5-00 griff die Stadt zu, 43 Stück bekam der der Außen- und Vollzugsdienst des Ordnungsamtes. Im Mai gab es eine Preisanfrage für „20 Handys mit Kamera“. Nur ein Anbieter habe reagiert - mit einem Nokia-Modell.