Bochum. Die Stadt Bochum lässt Studenten erforschen, wer in welchen Ausschüssen das Sagen hat. Neues Projekt der Ruhr-Universität soll die Geschlechtergerechtigkeit in der politischen Arbeit der Kommune untersuchen. Studierende können darüber Master- oder Diplomarbeiten schreiben.
Wie gerecht werden Männer und Frauen oder Jungen und Mädchen in den Ausschüssen der Stadt behandelt? Diese Frage wird ab April Thema eines neuen Forschungsprojekts der Ruhr-Universität sein. Auf Initiative des Frauenbeirats öffnet die Stadt unter dem Motto „Wissenschaft und Politik gehen Hand in Hand“ ihre Türen für Studierende der Sozialwissenschaften. „Wir sind glücklich, dass alle Fraktionen im Rat mit dem Projekt einverstanden waren“, sagt Bahar Haghanipour vom Frauenbeirat.
Eigentlich erscheint die Stadt Bochum als Mekka der weiblichen Emanzipation. Es gibt Oberbürgermeisterin Dr. Ottilie Scholz (SPD) – und sie hat drei (ehrenamtliche) Vertreterinnen. Der Verwaltungsvorstand besteht vorbildlich zu 50 Prozent aus Frauen. Hut ab – zur Feier des Internationalen Frauentages!
Doch wie sieht es mit dem weiblichen (und männlichen) Einfluss in den Ausschüssen der Stadt aus? Im Rat, aus dem die Ausschüsse gebildet werden, sitzen 60 Männer und nur 22 Frauen. Im Forschungsprojekt könnte beispielsweise untersucht werden, wie viele Frauen in welchen Ausschüssen vertreten sind, erläutert die Projektleiterin Prof. Katja Sabisch vom Fachbereich Gender Studies (Geschlechterforschung).
Projekt soll für mehr Gerechtigkeit sorgen
Sind die Frauen etwa nur für Soziales und Kultur zuständig oder tragen sie auch für Finanzen die Verantwortung? Die Studenten können im Rahmen des Projekts Master- oder Diplomarbeiten schreiben. Ziel des Projekts sei es außerdem, die Geschlechtergerechtigkeit (Gender Mainstreaming) in der politischen Arbeit zu erhöhen, erläutert Frauenbeirätin Haghanipour. „Wenn man die Geschlechterperspektive einnimmt, werden die Angebote oft besser. Den Bürger an sich gibt es nicht“, sagt die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Regina Czajka.
Auch die Frau an sich gibt es nicht, so Prof. Sabisch. Anlässlich des Internationalen Frauentages weist sie daraufhin, dass es nicht nur darum gehe, die Erfolge der Frauenarbeit zu feiern. Es komme immer darauf an, von welcher Frau die Rede ist. „Die Emanzipation der westlichen Frau findet teilweise auf dem Rücken von Migrantinnen statt. Sie arbeiten zum Beispiel in ungesicherten Arbeitsverhältnissen als Haushaltshilfe für berufstätige Frauen“, gibt sie zu bedenken.
Es gibt nicht nur Karrierefrauen oder Heimchen am Herd
Die Vielfalt der Frauen ist auch das Leitmotiv der Bochumer Frauenwochen von den Frauenvereinen - und verbänden (Auftakt heute ab 15 Uhr auf dem Dr.-Ruer-Platz). „In den Köpfen gibt es immer noch bestimmte Bilder: Entweder kinderlose Karrierefrau oder Heimchen am Herd. Die Wirklichkeit sieht aber bunter aus“, sagt Regina Czajka.
Die diskutierte Frauenquote in Politik und Wirtschaft stößt sowohl bei Wissenschaftlerin Prof. Sabisch und der Gleichstellungsbeauftragten Czajka als auch bei Frauenbeirätin Haghanipour auf Zuspruch. „Es gibt nach wie vor Handlungsbedarf, wir sind noch nicht bei einem Verhältnis von 50 zu 50 angekommen“, so Hagahnipour. Ergo, es gibt noch viel zu tun. Ein weiterer Schritt in Richtung größerer Geschlechtergerechtigkeit für Frauen und für Männer kann das in Deutschland einmalige Forschungsprojekt der Ruhr-Universität und der Stadt Bochum werden.