Bochum. . Zu schnelles Fahren ist die Hauptunfallursache für Unfälle. Das erklärte die Polizei in ihrer Jahresbilanz zur Verkehrssicherheit 2011. Gleichzeitig appellierte sie an ältere Verkehrsteilnehmer, sich überprüfen zu lassen.

„Killer Nummer 1 im Straßenverkehr ist die Geschwindigkeit“, sagte Bochums Polizeipräsidentin Diana Ewert am Montag bei der Jahrespressekonferenz zur Verkehrssicherheit 2011. Das zu schnelle Fahren - absolut gesehen, aber auch situationsbedingt - ist die Hauptursache für die insgesamt 13.149 Unfälle, die im vergangenen Jahr in der Stadt Bochum passiert sind - ein kleiner Anstieg um 71 Fälle. Fast immer blieb es bei Blechschäden. Aber für 926 Menschen endete das Unglück mit leichten, für 129 Menschen mit schweren Verletzungen. Die Folgen von zu hohem Tempo, und seien es auch nur wenige km/h, werden oft völlig unterschätzt.

Insgesamt aber wies das Polizeipräsidium Bochum (mit Herne und Witten) nicht ohne Stolz darauf hin, dass es in ihrem Bereich gemessen an der Einwohnerzahl so selten im Straßenverkehr gekracht habe wie in keinem anderen Polizeibezirk in NRW.

Dennoch haben im vorigen Jahr in Bochum vier Menschen im Straßenverkehr ihr Leben verloren: Ein Fußgänger (67) in Höntrop, eine Fußgängerin (74) in Weitmar, ein Rollerfahrer (77) an der Kreuzung Südring/Viktoriastraße, ein Kradfahrer (45) an der Engelsburger Straße. Im Jahr 2010 waren fünf Verkehrsteilnehmer in Bochum gestorben. „Das sind unglaubliche Schicksale für die Angehörigen“, sagte Polizeidirektor Manfred Kibbas.

“Ein ganzes heißes Eisen“

Er griff aber auch ein anderes Thema auf - „ein hochbrisantes, hochpolitisches“, das keiner anpacke, weil es „ein ganzes heißes Eisen ist“. Er appellierte an betagte Autofahrer - „vielleicht auch an Ärzte und Angehörige“ - , sich freiwillig auf bestimmte Fähigkeiten im Straßenverkehr überprüfen zu lassen. Anlass ist ein Anstieg der Anzahl von Unfällen, an denen Menschen ab 65 beteiligt waren. „Wenn Senioren an Unfällen mit Verletzten beteiligt sind, dann waren sie im vorigen Jahr zu 55 Prozent auch die Verursacher. Das ist eine Zahl, die uns auffällt.“

In Bochum waren im vergangenen Jahr 117 Menschen im Rentenalter bei Verkehrsunfällen verunglückt - das ist ein Anstieg um 20 Fälle. Auch die Unfallschuld lag verstärkt bei den Senioren, hieß es.

„Alle verständlichen Emotionen ändern nichts an der Faktenlage“

Kibbas, seit 40 Jahren im Polizeidienst tätig, spricht von einem „Problem“, das er in den nächsten Jahren „mit einer gewissen Sorge betrachte“. Erstens gebe es wegen des demografischen Wandels immer mehr Senioren. Zweitens würden sie ihre Mobilität nicht einschränken wollen, weil es „ein Kriterium von Lebensfreude“ sei. Gleichzeitig entstünden aber ab einem bestimmten Alter Einschränkungen - zum Beispiel bei der Fähigkeit zur Reaktion, zur Konzentration, zur Beweglichkeit, zum Sehen und Hören. Die Betroffenen hätten „eine große psychologische Hürde“ bei dem Thema. „Ältere Menschen möchten das vielfach nicht wahrhaben. Und wenn sie es wahrnehmen, verdrängen sie es - was ich verstehen kann.“ Aber: „Alle verständlichen Emotionen ändern nichts an der Faktenlage.“

Eine konkrete Altersgrenze, ab der jemand nicht mehr Auto fahren solle, gebe es nicht. „Es ist äußerst schwierig, Grenzen zu definieren.“ Die Fähigkeit sei individuell völlig unterschiedlich.

Kibbas verweist allerdings auch darauf, dass die Anzahl der verunglückten „jungen Erwachsenen“ (18 bis 24) in Bochum ebenfalls deutlich angestiegen ist - von 181 auf 205. Auf den ganzen Polizeibezirk bezogen seien sie in 54 Prozent der Fälle Schuld gewesen.

Angestiegen ist in Bochum im Jahr 2011 die Anzahl der Unfälle unter Alkoholeinfluss: von 132 auf 144. Ebenso die Anzahl der Alkoholkontrollen: von 373 auf 554. Zugenommen haben auch die Rotlichtverstöße an Kreuzungen - und das Einfahren in eine Kreuzung trotz Staus.