Bochum. . Friedhelm Funkel und der VfL Bochum stehen nach vier Punkten aus drei Spielen heute Abend beim Spiel gegen den FC St. Pauli mächtig unter Druck. Die WAZ sprach mit VfL-Boss Ernst-Otto Stüber.

Friedhelm Funkel und der VfL Bochum stehen nach vier Punkten aus drei Spielen heute Abend beim Spiel gegen den FC St. Pauli (20.30 Uhr, Stadion an der Castroper Straße) schon mächtig unter Druck. WAZ-Redakteur Thomas Schmitt sprach vorab mit dem Vorsitzenden des Aufsichtsrates, Ernst-Otto Stüber (71).

Herr Stüber, Gladbach glänzte beim Sieg in München, der VfL Bochum rumpelte sich zu einer Nullnummer in Rostock. Haben Sie am Montag noch einmal dem verpassten Aufstieg nachgetrauert?

Ernst-Otto-Stüber: Das Kapitel ist abgeschlossen. Nur zurückzuschauen, bringt keinen Fortschritt. Ich habe eher daran gedacht, was wir uns nach dem ersten Rostock-Spiel oder dem Spiel gegen FSV Frankfurt vorgenommen, aber nicht umgesetzt haben. Das Spiel am Montag war eine Enttäuschung.

Ein klassischer Fehlstart, oder?

Stüber: Wir haben keinen Grund in Defätismus zu verfallen. Wir haben den Start verpennt, müssen jetzt aufwachen und uns auf unsere Stärken besinnen.

Darf sich der VfL mit Bayern oder Schalke vergleichen?

Stüber: Wenn man die Mannschaften, die Größe der Vereine und deren wirtschaftliche Möglichkeiten vergleicht, dann sicher nicht. Wenn man aber vergleicht, dass im Fußball alles möglich ist und Geld nicht automatisch Tore schießt oder verhindert, dann schon.

Sie sind seit Dezember Vorsitzender des Aufsichtsrates und der starke Mann im Club. Sie haben den Jugendbereich neu organisiert und dabei mit Frank Heinemann ein Bochumer Urgestein in die Wüste geschickt und Sie haben vor der Saison den Sportvorstand Thomas Ernst ausgewechselt. Wie lange wollen Sie sich noch den unattraktiven Fußball angucken, den Friedhelm Funkel spielen lässt?

Stüber: Ein paar Infos vorab: Beim VfL Bochum 1848 verantwortet der Vorstand das operative Geschäft. Darüber hinaus gibt es Entscheidungen, die durch den Aufsichtsrat genehmigungspflichtig sind. Zudem obliegt die Besetzung des Vorstands selbstverständlich dem Aufsichtsrat. Der Vorwurf, dass Friedhelm Funkel unattraktiven Fußball spielen lässt, ist in meinen Augen sehr einseitig und zu kurz gedacht. Wir dürfen nicht vergessen, dass uns dieser Fußball in der letzten Rückrunde erfolgreich nach vorne gebracht hat. Die Mannschaft ist stabil. Aber ich gebe Ihnen Recht, wir wollen mittel- und langfristig nicht nur erfolgreich, sondern auch attraktiv spielen . . .

. . . sonst kommen noch weniger Zuschauer ins Stadion. 12.000 kamen gegen Frankfurt. Das kann Sie nicht zufrieden stellen. Wie wollen Sie mehr Leute ins Stadion bekommen?

Stüber: Es gibt drei Faktoren, die die Besucherzahlen wesentlich beeinflussen: Erfolg, eine attraktive Spielweise und vernünftige Anstoßzeiten. Spiele an Freitagabend, Samstagmittag oder Montagabend sind ein Problem, aber darauf haben wir keinen Einfluss.

Sie haben soeben das 4000. Mitglied begrüßt, der FC Schalke 04 sein 100.000. Müsste der VfL nicht ganz anders dastehen?

Stüber: Das ist unser Ziel. Eine unserer nächsten Aufgaben wird daher die verstärkte Mitgliederwerbung sein. 4000 Mitglieder sind in einer Stadt wie Bochum natürlich zu wenig, das entspricht nicht dem Stellenwert, den ein solcher Verein in der Region hat und haben muss.

Sie wollen Ihre Mitglieder mitnehmen und einbinden und haben daher unter anderem das Mitgliederforum ins Leben gerufen.

Stüber: Mitglieder sollen nicht nur kritisieren, sondern auch konstruktive Vorschläge und Anregungen geben, was man verändern und verbessern kann. Das letzte Forum hat da viele hoffnungsvolle Ansätze gebracht.

Gibt es Ergebnisse?

Stüber: Wir haben unter anderem unsere Satzung völlig überarbeitet und werden diesen Entwurf auf der nächsten Jahreshauptversammlung im Herbst vorlegen.

Was soll sich ändern?

Stüber: Eines unserer Anliegen ist es, in Zukunft keine dreiköpfige Wahlkommission, sondern einen fünfköpfige Findungskommission zu haben. Der Begriff macht deutlich, dass diese Kandidaten suchen und keine Vorentscheidungen treffen soll.

Sie wollen aber nicht nur deutlich näher an ihre Mitglieder, sondern auch an ihre knapp 300 Fanclubs rücken. Warum?

Stüber: Um gemeinsam zu überlegen, wie wir den VfL nach vorne bringen können. Mitglieder und Fans könnten sich zum Beispiel darauf verständigen, dass ein junger Spieler nicht beim ersten Fehlpass ausgepfiffen, sondern unterstützt wird. Unsere Fanszene ist sehr weit gefasst. Es gibt beispielsweise eine Gruppe, die sich ,Wir sind VfL’ nennt. Ich sorge mich, dass sich diese bewusst von anderen abspaltet. Das darf nicht sein. Wir sind alle der VfL.

Wie hat der VfL von der Frauenfußball-WM profitiert?

Stüber: In erster Linie war das eine Image-Veranstaltung für die Stadt. Wir haben uns mit der gesamten Mannschaft eingebracht und waren ein guter Gastgeber mit vielen freiwilligen Kräften. Das Stadion ist im Vorfeld hergerichtet worden und hat sich als Schmuckkästchen präsentiert.

Und was hat die WM für den Frauenfußball beim VfL gebracht?

Stüber: Vielleicht noch einmal einen Schub. Unsere Frauen haben im letzten Jahr sehr erfolgreich gespielt, sind aber auch an Gladbach gescheitert. Nur gut, dass unsere U15 mit 2:0 gegen Gladbach gewonnen hat. Sie sehen, die Zukunft liegt bei uns.

Der Behindertenbeauftragte des Landes NRW hat soeben die Zustände im Stadion kritisiert. Es gebe zu wenige Plätze und Toiletten. Wie wollen Sie dieser Kritik begegnen?

Stüber: Die Information überrascht mich. Wir haben mit Steffi Tatge und Frank Schnellert zwei Mitarbeiter im Verein, die sich um die Belange von Menschen mit Behinderungen kümmern. soweit ich weiß, läuft da alles reibungslos.

Die Absage von Deutsche-Bank-Chef Ackermann, dessen geplanter Auftritt im Schauspielhaus von Linken kritisiert wurde, hat der Stadt Bochum ein stückweit den Stempel der Provinz aufgedrückt. Der VfL gilt im Fußballgeschäft als graue Maus. Das passt, oder?

Stüber: Ja, aber nicht mit der Begründung, die Sie geliefert haben. Bochum ist alles andere als eine graue Maus, sondern eine der bedeutendsten Städte im Ruhrgebiet. Denken Sie an die Universitätslandschaft, an die Kultur oder die Wissenschaft. Da sind wir gut aufgestellt und da passt der VfL gut zu Bochum. Wir haben eine fast einmalige Erfolgsgeschichte. In der ewigen Bundesligatabelle stehen wir auf Platz zwölf. Wir verfügen über 34 Jahre Bundesligaerfahrung und im Oktober feiern wir 100 Jahre Fußball an der Castroper Straße. Der VfL ist ein wichtiger Sympathieträger. Der Begriff der grauen Maus war mit dem Begriff unabsteigbar verbunden, also niemals abwertend.

Jetzt haben Sie aber doch zurück geblickt. Was sehen Sie, wenn Sie nach vorn blicken?

Stüber: Unser Ziel bleibt der Aufstieg. Daher haben wir den Nachwuchsbereich optimiert. Mit Jens Todt haben wir einen Sportvorstand, der Erfahrung in diesem Bereich gesammelt hat. Auch in Sachen Medien und Öffentlichkeitsarbeit. Jens Todt hat als Journalist gearbeitet und wird uns helfen, die Außendarstellung des Vereins zu verbessern.

Sie haben den VIP-Bereich vergrößert und das an das Stadion angrenzende Gelände von der Stadt gepachtet, um dort 600 bis 700 Parkplätze nutzen zu können. Wann wird das sein?

Stüber: Wir müssen einen Investor suchen, der etwas entwickelt, das städtebaulich zulässig ist und gleichzeitig für 25 bis 30 Spieltage unser Parkproblem löst. VIP-Gäste, die viel Geld für Karten zahlen, wollen einen vernünftigen Parkplatz haben. Wir arbeiten daran.

Ihr Tipp für St. Pauli?

Stüber: Wir gewinnen knapp.

Und Neuzugang Inui schießt das Tor?

Stüber: Gut möglich. Ich gehe davon aus, dass er spielen wird. Ob von Beginn an, das wird der Trainer entscheiden.