Bochum. . 56 Katzen in einer Bochumer 73-Quadratmeter-Wohnung und ein bestialischer Gestank im Treppenhaus - dennoch wollen die Nachbarn die Tierquälerei nicht bemerkt haben. Sie wehren sich gegen Vorwürfe: “Niemand von uns hat jemals ein Katzenjaulen gehört.“

„Es mag unglaublich klingen. Aber wir wussten nicht, dass hier massenhaft Katzen gehalten wurden.“ Die Bewohner eines Mehrfamilienhauses in Weitmar wehren sich gegen den Vorwurf, nichts gegen die Tierquälerei einer Mieterin unternommen zu haben.

Wie berichtet, hatte das Veterinäramt am vergangenen Freitag 56 verwahrloste, teils todkranke Katzen aus einer 73-qm-Wohnung an der Markstraße befreit. Ein Kadaver wurde im Kühlschrank entdeckt. Sieben Tiere mussten eingeschläfert werden.

„Die Mieterin war Ende 2009 hier eingezogen. Die komplette Hausgemeinschaft hatte bis zum letzten Freitag keine Ahnung, dass sie überhaupt Katzen hat. Wir wussten nur von ihrem Hund, der stets proper und wohlgenährt war. Der Hund hat immer wieder in den Hausflur gepinkelt. Deshalb haben wir angenommen, dass der beißende Gestank daher stammt“, sagte eine Mieterin des Wohnhauses gestern im Gespräch mit der WAZ.

Geruchsbelästigung und Mietkürzungen

Trotz etlicher Proteste über die Geruchsbelästigung und auch Mietkürzungen sei es weder den Bewohnern noch der Vermieterin gelungen, in die Wohnung der Frau zu gelangen. „Um so geschockter sind wir über den furchtbaren Fund“, so die Weitmarerin.

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Von Jürgen Stahl

Das Katzen-Drama sei kaum zu verhindern gewesen, beteuern die Bewohner. „Niemand von uns hat jemals ein Katzenjaulen oder -gewimmer gehört. Dabei müssen die Tiere doch Qualen durchlitten haben. Wie konnte die Frau das über ein Jahr lang verheimlichen? Hat sie ihre Katzen ruhiggestellt? Antworten haben auch wir nicht“, schildert eine Mieterin.

Auch der Vermieterin sei keine Schuld zuzuweisen. „Spätestens nach meiner Mietkürzung hat sie sehr wohl auf unsere Beschwerden über den Gestank im Haus reagiert. Ebenso wie wir hat sie aber keinen Einlass gefunden. Die Mieterin, der aus einem anderen Grund bereits gekündigt war, hat ihre Tür immer nur einen Spaltbreit geöffnet. Rechtlich hatte die Besitzerin kaum eine Handhabe zum Betreten der Bleibe. Was sich dort verbarg, dass Gefahr in Verzug war, hat ja niemand geahnt, geschweige denn gewusst“, so die Mieterin.

"Die Frau kann zu nichts gezwungen werden"

Der Hinweis an das Ordnungsamt habe sich auf den pinkelnden Hund bezogen, dem kein Einhalt geboten wurde. „Fassungslos“ seien die Bewohner gewesen, als Mitarbeiter des Veterinäramtes die 56 verwahrlosten Katzen aus dem Haus trugen.

Die total verdreckte Wohnung soll am Mittwoch geräumt werden. Die sechs verbleibenden Mietparteien bangen vor dem „wohl bestialischen Gestank“ - hoffen aber gleichzeitig, dass der „Katzenmutter“ geholfen wird. „Sie ist krank und bedarf der psychiatrischen Betreuung.“ Stadtsprecher Thomas Sprenger: „Unsere Fachdienste werden ihre Hilfe anbieten. Die Frau kann aber zu nichts gezwungen werden.“