Bochum. Notbetreuungen an Bochumer Kitas lassen Eltern verzweifeln. Andere sind schockiert davon, was Betroffene erzählen. Das sind ihre Erfahrungen.
Krankheitsfälle und Urlaub von Erzieherinnen und Erziehern treffen auf Personalmangel an Bochumer Kitas. Häufig sind sie unterbesetzt. Die Folge: Notbetreuung, da der gesetzlich vorgeschriebene Betreuungsschlüssel nicht eingehalten werden kann.
Erst kürzlich hat die WAZ-Redaktion über die angespannte Situation in der „Kita Unterm Himmelszelt“ in Bochum-Eppendorf berichtet. Seit Monaten komme es dort zu einer Dauernotbetreuung. Bereits eine halbe Stunde vor Öffnung der Kita stehen die Eltern Schlange, um ihre Kinder abzugeben: „Einen Konkurrenzkampf“, nannte es ein Elternteil. Dann gilt: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Auf Facebook hat die WAZ-Redaktion daher gefragt, welche Erfahrungen andere Eltern und ihre Kinder bei der Kita-Betreuung machen – die Resonanz war enorm.
Der Personalmangel in Bochumer Kitas lässt Eltern verzweifeln
Klar ist: Die „Kita Unterm Himmelzelt“ scheint kein Einzelfall zu sein. Natalie Wittstamm berichtet von ähnlichen Erfahrungen an ihrer Kita: „Wenn die Anzahl der noch zu betreuenden Kinder erreicht ist, werden keine weiteren mehr reingelassen und die Eltern stehen mit den Kindern vor verschlossener Tür!“ Die Situation sei „unfassbar“. „Ist wohl mittlerweile in allen Kitas so“, befürchtet Sigrid Cirkel. Lange seien Notbetreuungen kein Thema gewesen, schreibt Amy Jameson. „Seit Corona ist das mit den Notbetreuungen allerdings gefühlt fast zum Dauerzustand geworden.“
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Betroffen ist auch Maggie Pietrek: „Es ist wirklich schrecklich mittlerweile. Auch für jeden Furz wird man angerufen. Habe einen Vertrag bis 14.45 Uhr und seit knapp drei Wochen muss ich mein Kind schon um 13.45 Uhr abholen. Die Arbeitgeber freut es .... nicht!“ Insbesondere, wie die Situation mit der Arbeit zu vereinbaren ist, beschäftigt viele. Auch Michelle Schmidt: „Dass man einen Vertrag hat und auf die Zeiten angewiesen ist, um den Job zu behalten, interessiert keinen.“
Für Kitas ist Notbetreuung letzter Hebel
Verständnis für die Situation der Kitas und der Erzieherinnen und Erzieher hat Maggie Pietrek trotz ihrer Situation. Und weist eine andere Userin darauf hin, „dass es einen Betreuungsschlüssel gibt und sowohl die Erzieher, als auch der Träger sich strafbar machen, wenn mehr Kinder als betreut werden dürfen, in der Einrichtung sind“.
Monique van Ingen, die scheinbar Erzieherin ist, beleuchtet ebenfalls die Perspektive der Einrichtungen: „In allen Kitas, in denen ich gearbeitet habe, war oberstes Gebot ‚der Laden muss laufen‘. Bevor da Gruppen geschlossen wurden, wegen Personalmangel, musste viel passieren.“ Denn: „Wir arbeiten mit den Eltern zusammen, nicht gegen sie.“ Auch Sandra Bauke nimmt die Kitas in Schutz: „Wenn der Träger nichts unternimmt, ist man machtlos! Da können die Erzieher oder die Leitung nichts zu!“
Die Situation der Eltern: „Jedem Kind steht ein Kita-Platz zu“
Einige User machen die Eltern für die Situation verantwortlich: „Solange die Eltern immer ihre kranken Kinder in die Kita schicken und nie richtig gesund werden lassen, wird das nie ein Ende nehmen“, schreibt Almira Mes. Michelle Se verweist diesbezüglich auf einen „Teufelskreis“: „Eltern schicken ihre Kinder krank in die Kita, Personal steckt sich an, Personalmangel entsteht.“ Stattdessen sollten „Eltern ihre kranken Kinder mal zuhause auskurieren lassen“, findet Nutzerin Nad Ja.
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In den Kommentaren auf Facebook wird auch diskutiert, ob es gerecht ist, berufstätige Eltern zu priorisieren. Elternteile, die keiner Lohnarbeit nachgehen, könnten „auch selber das Kind betreuen“, so der Nutzer „Ma Ro“. Julia Ditterle findet das fragwürdig, denn „jedem Kind steht ein Kita-Platz zu. Schon allein zur Förderung sozialer Kontakte und auch frühkindlicher Bildung.“ Ma Ro hält dagegen: „Da wir nicht genügend Personal haben, um alle Kinder abzudecken, muss hier priorisiert werden.“
Konkurrenzkampf der Eltern: Notbetreuungssystem soll helfen
Um der Konkurrenz unter Eltern um einen Kita-Platz etwas entgegenzusetzen, hat die Kita, in der das Kind von Bianca Matou ist, „auf Druck der Eltern ein Notbetreuungssystem eingeführt. In jeder Gruppe werden die Kinder geteilt in Gruppe A und B. Bei Notbetreuung darf jeweils abwechselnd jeden Wochentag Gruppe A oder B kommen.“ Tauschen sei erlaubt. „So kann man wenigstens planen.“
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Andere Eltern kennen das Problem der Notbetreuung nicht, zeigen sich erstaunt über die Schilderungen auf Facebook und im WAZ-Artikel: „Bei uns hatten wir bisher nicht einmal das Problem“, schreibt Julia Ditterle. Das berichtet auch Steffi Fleig: „Muss mich nirgends anstellen, um noch einen Platz zu bekommen.“ Andere Nutzerinnen und Nutzer betonen, dass sie froh sind, erwachsene Kinder zu haben: „Wie schrecklich, das ist ja wie beim Roulette“, schreibt Biggi Frowein.
Die Befürchtung von Patrizia Böhle: „Wenn es so weiter geht, haben wir bald weder Erzieher noch Lehrer, weil niemand mehr diesen Job machen möchte.“