Bochum-Wattenscheid. 300 bis 400 Autos fahren laut einem Ladeninhaber täglich durch die Wattenscheider Fußgängerzone. SPD, FDP und Grüne wollen dem ein Ende setzen.
- Seit 2023 blockieren einige Sperrpoller und mobile Bäume den Weg in Wattenscheids Fußgängerzone.
- Da sich die Poller leicht einklappen lassen, herrsche dennoch reger Verkehr.
- SPD, FDP und Grüne setzen sich nun für automatisch ausfahrende Poller ein.
Sie sollten dem unbefugten Fahren in der Wattenscheider Fußgängerzone ein Ende bereiten: Im Mai 2023 wurde die Einkaufsmeile entlang der Oststraße sowie an der Gertrudis- und Freiheitskirche mit Sperrpollern und mobilen Bäumen ausgestattet.
Das Ziel: Die Fußgängerzone sollte tatsächlich den Fußgängern vorbehalten bleiben. Denn sowohl Passanten als auch das Ordnungsamt konnten immer wieder beobachten, dass Privatpersonen die Fußgängerzone mit ihren Autos passierten oder Zulieferer außerhalb der festgelegten Zeiten von 21 bis 11 Uhr unterwegs waren.
Wattenscheids Fußgängerzone sei zu jeder Zeit befahren
Rund zehn Monate später zieht Oliver Buschmann, stellvertretender Bezirksbürgermeister (Die Grünen), eine nüchterne Bilanz: Allzu viel hätten die Poller nicht gebracht. Schließlich bedient man sie mit Dreikantschlüssel und den erhalte jeder für sechs bis sieben Euro im Baumarkt.
„Ich sehe zu jeder Tageszeit Autos durchfahren“, so Buschmann gegenüber der WAZ. Er selbst habe immer einen Dreikantschlüssel dabei und stelle die Poller wieder auf, wenn sie grundlos heruntergeklappt sind. Aber auch das halte nur für wenige Stunden.
Täglich hunderte Autos in der Wattenscheider Fußgängerzone: So schätzt ein Ladeninhaber die Lage ein
Michael Pira, Inhaber der „Kleinen Raupe“ auf der Westenfelder Straße, kennt das Problem. Er selbst habe bei der Bezirksvertretung angeregt, dass die Zufahrt auf die Westenfelder Straße zusätzlich zum höheren Fußgängerzone-Schild noch zwei niedrigere Zeichen säumen: So haben Autofahrer die Information auf Augenhöhe.
Geholfen habe auch das nicht wirklich: „Hier fahren täglich um die 300 bis 400 Fahrzeuge entlang“, schätzt Pira – 80 Prozent davon demnach unbefugt. „Bei einer Medikamentenlieferung zur Apotheke oder einer älteren Dame, die vom Taxi beim Arzt abgeholt wird, hat man ja noch Verständnis“, sagt Gerlinde Lehrian, die das Spiel- und Schreibwarengeschäft gemeinsam mit Pira führt.
Die Geschwindigkeit der Autofahrer sei eine Gefahr für Fußgänger
Dennoch: „Die Fahrgeschwindigkeit nimmt ja auch zu. Einige brettern hier mit 30 bis 50 km/h lang“, so Pira. Das sei gefährlich. „Wenn hier ein Kind rausgeht und hinter der Bank hervorkommt, sieht ein schneller Autofahrer es womöglich erst zu spät.“
Die Bank, Pira und Lehrian haben sie vor ihrem Geschäft aufstellen lassen, um das Parken vor ihrem Geschäft zu verhindern. Denn auch das gehört zum Verkehr in der Fußgängerzone dazu: „Die parken alle, wie sie wollen“, sagt Lehrian.
Endlich Ruhe in der Wattenscheider Fußgängerzone?
Dem wollen SPD, FDP und die Grüne nun ein Ende setzen. Sie fordern noch mehr Poller – diesmal laut Buschmann allerdings solche, die nicht so leicht zerstört und nicht von jedem betrieben werden könnten. Dafür sollen einerseits Sperrpoller sorgen, die mit einem Schloss versehen sind, andererseits per Funk zu betreiben.
„Von den Pollern erhoffen wir uns endlich Ruhe in der Fußgängerzone“, sagt Buschmann. Als Kosten seien zunächst 120.000 Euro veranschlagt, wobei der stellvertretende Bezirksbürgermeister noch nicht sagen könne, ob das reichen wird.
„Es ist nicht Sinn und Zweck einer Fußgängerzone, den ganzen Tag befahren zu werden“, fügt Wolfgang Rohmann, Bezirksfraktionsvorsitz der SPD hinzu. „Wir greifen zu solchen Mitteln, um die Fußgänger Wattenscheids zu schützen.“
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„Hier darf man gar nicht fahren!“
Während der Verkehr in der Wattenscheider Fußgängerzone einigen Passanten laut Aussagen im WAZ-Gespräch noch nie negativ aufgefallen ist, würden sie sich über noch weniger Verkehr in der Innenstadt dennoch freuen.
Geschäftsinhaber Lehrian denkt vor allem an die Kinder, wenn er unrechtmäßig fahrende Autofahrer ermahnt. „Kinder verlassen oft den Laden und sagen: ‚Das ist doch eine Fußgängerzone, hier darf man gar nicht fahren!‘“