Bochum. Das Bochumer Gefängnis hat jetzt sechs neue „Schlichthafträume“. Dort werden stark verhaltensauffällige Häftlinge eingesperrt. Zum Eigenschutz.

Keine Möbel, keine beweglichen Gegenstände, kaum persönliche Sachen, nur das Allernötigste wie eine kunststoffbezogene und abwaschbare Matratze, ein Sitzwürfel, eine Ablage, ein Waschbecken und ein Klo: In der JVA Bochum gibt es jetzt sechs neue Zellen für Gefangene, die vor sich selbst geschützt werden sollen. „Schlichthafträume“ heißen sie. Dort ist es noch viel trostloser als in einem normalen Haftraum.

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„In den Schlichthafträumen werden Gefangene untergebracht, die erhebliche Verhaltensauffälligkeiten zeigen“, sagt Vollzugsbeamtin Candida Tunkel, zugleich Sprecherin des Gefängnisses, zur WAZ. „Bei diesen Gefangenen besteht die Gefahr, dass sie Ausstattungsgegenstände nutzen, um sich selbst oder andere zu verletzen.“ Es handelt sich um eine Sicherungsmaßnahme, nicht um eine Bestrafung.

In der Regel sind alle sechs dieser Zellen immer belegt. Die Entscheidung, dort einen Gefangenen einzusperren, treffen Juristen der JVA mit einem Anstaltsarzt.

Der Zeitvertreib in den normalen Hafträumen findet zu großen Teilen mit einem kleinen Fernsehgerät statt. In den Schlichthafträumen gibt es zwar kein Fernsehgerät, dafür aber eine neuartige „Medienwand“, die fest an den abwaschbaren Kacheln montiert ist und die über einen Zugang zu TV und Digitalradio verfügt.

Ein Flur mit Hafträumen in der JVA Bochum.
Ein Flur mit Hafträumen in der JVA Bochum. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Mit dem Gerät kann ein Häftling außerdem Videos und Musik abspielen, unter anderem stehen zur Entspannung Landschafts- und Tieraufnahmen mit beruhigender Musik im Hintergrund zur Verfügung. Auch genehmigte Telefonate nach außen sind damit möglich.

Mehrere digitale Spiele mit fünf Schwierigkeitsstufen

Wer will, kann auf dem Display zeichnen und malen. Schließlich stehen mehrere digitale Spiele in fünf Schwierigkeitsstufen bereit: Schach, Backgammon, Maulwurf schlagen, Puzzeln, Sudoku, Solitär und vieles mehr. Je nach Uhrzeit wechselt die Medienwand in einen Tag- und Nachtmodus. Internet gibt es für Hälftlinge aber nicht, nirgends in der JVA.

Die dort untergebrachten Häftlinge sind nicht 24 Stunden pro Tag dort eingesperrt. Mindestens eine Stunde haben auch sie, wie alle Gefangenen, Anspruch auf eine Freistunde unter freiem Himmel. Außerdem verlassen sie den Schlichthaftraum zu ärztlichen und therapeutischen Behandlungen und, wenn aus Sicherheitsgründen vertretbar, zur Arbeit in den Werkstätten der JVA.

Weitere Neuigkeit in der JVA Bochum: die „Lebensälteren-Abteilung“

Auch eine weitere Neuigkeit kann die JVA vermelden. Neuerdings verfügt sie im Hafthaus 3 über eine „Lebensälteren-Abteilung“. Dort sind jetzt 24 Gefangene untergebracht, die mehr als 55 Jahre alt sind. Der Älteste ist mehr als 70 Jahre alt. Einer geht am Rollator.

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Die Abteilung ist barrierearm und bietet eine bessere altersbezogene Versorgung. Grund für die Einrichtung dieser Abteilung: Die JVA hatte bemerkt, dass sich Ältere teilweise aus dem normalen Vollzugsalltag zurückziehen. Jetzt, unter eher Gleichaltrigen, würden sie wieder mehr aus sich herausgehen.