In 125 Jahren ihrer Geschichte gab es in der JVA Bochum einige markante Daten. Hier ein Zeitstrahl mit wichtigen Veränderungen.
1884: Erste Pläne über Bau des Gefängnisses in Bochum an dieser Stelle.
1. Oktober 1897: Inbetriebnahme der JVA Bochum mit 800 Plätzen. Die Baukosten betragen damals 1,85 Millionen Mark (ca. 20,8 Mio Euro). Die einzelnen Zellengeschosse werden durch „Preußische Kappendecken“ (gemauerte Gewölbe) voneinander getrennt, weil Holzbalkendecken nicht ausbruchssicher sind.
Häftlinge in Bochum bekamen Licht von Petroleumlampen
Um 1900: Die Zellen (2,20 x 3,50 Meter) haben nur Petroleumlampen an der Wand. Die Notdurft wird auf einem „Leibstuhl“ verrichtet, der täglich entleert wird. Trinkwasser wird im Krug gebracht. Zum Waschen steht eine Schüssel Wasser bereit. Ansonsten in der Zelle: Tisch, Bett, Stuhl, Handbesen, Heizung, Spucknapf, Spruchtafel, Waschbecken. In Arbeitsbaracken etabliert sich eine Mattenproduktion: Bis 1966 werden in der Anstalt Fußmatten und Läufer aus Kokosfaser und Sisal hergestellt.
- 125 Jahre JVA Bochum: Eine Stadt innerhalb der Stadt – unser Bericht zum Jubiläum
1906: Das „Centralgefängnis“ bietet jetzt Raum für 969 Häftlinge in Einzelzellen, besonders schmale „Schlafzellen“ (1,25 x 3,50 Meter) und Schlafsäle.
Erster Weltkrieg: Zur Zeit des Ersten Weltkrieges sind auch Kriegs- und Militärgefangene untergebracht. Ende 1918 wird die „Militärabteilung“ von Umstürzlern gewaltsam aufgelöst, alle Insassen in dieser Abteilung werden befreit.
1922: Die letzten Todesurteile werden im Gefängnis vollstreckt: Drei Räuber, die eine Lohngeldkutsche überfallen und drei Männer getötet hatten, sterben durch das Handbeil. (Lesen Sie hier: 125 Jahre JVA Bochum – eine Stadt innerhalb der Stadt)
1923: Während der „Ruhrbesetzung“ wurde auch die JVA zeitweise durch belgische und französische Truppen besetzt. Sie rückten mit Panzern an. Die Belegungszahl wächst auf 1716 an, weil Häftlinge weiterer besetzter Gefängnisse nach Bochum verlegt werden.
Mitte der 1920er: Die Innenhöfe bekommen elektrisches Licht.
1926 bis 1927: Das Centralgefängnis wird auch als „Zuchthaus“ genutzt, für solche Gefangene, die zu einer Haft mit strafverschärfenden Bedingungen verurteilt worden sind. Ein Aufsichtsbeamter wird bei einem Überfall durch Zuchthausgefangene tödlich verletzt.
1933 bis 1945: Der Strafvollzug wird neu geregelt. „Im neuen Staate“, wie es heißt, wird „die Rücksichtnahme auf den einzelnen Gefangenen eingeschränkt und der Sühnegedanke stärker betont“. Vergünstigungen wie vor 1933 wie Paketempfang zum Geburtstag oder Rauchen werden seltener erlaubt. Tendenz: Weniger Resozialisierung, mehr Schuldausgleich und Sühne, mehr Arbeit. Die Anstalt arbeitet der Rüstungsindustrie zu: „Selbst alte und sieche Gefangene können auch andere Arbeiten als Papierkleben ausführen“, heißt es.
Auch Schwarzschlachter und Hamsterer wurden eingesperrt
Nach 1945: Nach dem Zweiten Weltkrieg werden im Gefängnis neben normalen Straftätern auch Schwarzschlachter, sogenannte Hamsterer und Männer inhaftiert, die sich erfolgreich geweigert hatten, die Industrieanlagen des „Bochumer Vereins“ zu demontieren und an die Siegermacht England abzugeben. Bis 1947 hatten die Engländer die Leitung der Anstalt.
Es gibt Pläne, auf dem Tippelsberg in Grumme ein neues Gefängnis zu bauen. Diese werden allerdings nicht weiter verfolgt.
1950: Neue Schlosserei und ein Sportfeld werden gebaut.
1960er Jahre: Ein ganz neuer Gefangenentrakt wird errichtet, zunächst für männliche Jugendliche und Heranwachsende. Heute sind in der JVA nur erwachsene Männer inhaftiert.
1973: Die Anstalt wird jetzt mit Fernwärme von den Stadtwerken beliefert. Vorher gab es eine Kokszentralheizung. Das erwärmte Wasser wurde über Pumpen zu den Heizstellen befördert.
Seit 1990 arbeiten auch Frauen im Strafvollzug
1985: Ein großer Wasserturm wird abgerissen. Er hatte ein Fassungsvermögen von 150 Kubikmeter. Zur Zeit seiner Errichtung (1894) war die Wasserversorgung so knapp, dass Wasser bevorratet werden musste, speziell für die Küche.
Seit 1990: Frauen können jetzt in Gefängnissen mit männlichen Inhaftierten im Abteilungsdienst tätig sein.
1993: Die gesamte Entwässerungsanlage der JVA wird erneuert.
Ende 1998: Eine neue Küche wird in Betrieb genommen. Hier können täglich bis zu 1200 Essen gekocht werden. Das alte Küchengebäude von 1952 wird abgerissen.
2007: Bei einem Ausbruchsversuch über die Mauer an der Karl-Lange-Straße verheddern sich zwei Gefangene im messerscharfen Nato-Draht. Ihr eigenes Gewicht drückt sie immer tiefer in die Klingen. Sie müssen befreit werden. Ein grausamer Vorfall. Selbst die Belegschaft ist geschockt.
2011: Schwere Bagger reißen die ehemaligen JVA-Dienstwohnungen neben der Krümmede ab. Dort wird Platz gebraucht für die neue sozialtherapeutische Anstalt für Sexual- und Gewalttäter.
Serie von Ausbrüchen und Ausbruchversuchen
2011/2012: Die JVA macht durch eine Serie von Ausbrüchen landesweit Schlagzeilen. Drei Häftlinge können in jeweils eigenen Aktionen fliehen, werden aber wieder gefasst, zwei nach einer bzw drei Wochen, einer aber erst nach Jahren. Weitere drei scheiterten mit ihren Ausbruchsversuchen, darunter ein Schwerverbrecher. Er zersägte Eisengitter seiner Zelle, hangelte sich an einer zwölf Meter hohen Dachrinne entlang und versteckte sich auf einem Dachboden.
Die Ausbruchserie kostet den damaligen Anstaltsleiter das Amt.
2019 bricht das letzte Mal ein Gefangener in Bochum aus, bei einer spektakulären Kletteraktion über die Außenmauer. Der Serbe ist bis heute verschwunden.
2020: Unmittelbar neben der JVA wird ein 74 Millionen Euro teures Spezialgefängnis mit 79 Plätzen eröffnet: die Sozialtherapeutische Anstalt für Sexual- und Gewalttäter (Sotha). Der Zugang zur JVA erfolgt jetzt über eine gemeinsame Pforte. Die alte Pforte wird demnächst abgerissen.
Ein großer Teil der Informationen auf dieser Seite stammt aus der Festschrift, die die JVA zum 125-jährigen Jubiläum veröffentlicht hat.