Bochum. . Jeder Häftling kostet den Steuerzahler 100 Euro am Tag. In den Werkstätten der JVA Bochum und an anderer Stelle wie etwa in der Küche arbeiten fast alle Gefangenen, um einen Teil der Kosten zu erstatten. Außerdem verdienen sie selbst dabei ein wenig.
Jeden Morgen um 6.45 Uhr schwärmen die Gefangenen zu ihren Arbeitsplätzen aus. Arbeit im Gefängnis ist so begehrt wie draußen auch. Sie bringt Geld, sie stiftet Sinn und sie bildet. „Ein strukturierter Tagesablauf mit Beschäftigung ist ein wichtiger Faktor“, sagte JVA-Leiter Friedhelm Ritter von Meißner bei einem Besuch der WAZ in der JVA.
Jeder Gefangene kostet das Land 100 Euro pro Tag. In der Krümmede sind 768 Männer eingesperrt. U-Häftlinge (69) müssen nicht arbeiten, Strafgefangene (699) hingegen sind grundsätzlich dazu verpflichtet. Und fast alle, die können, tun dies auch. Die Strafhäftlinge verdienen dort, je nach Tätigkeit, zwischen 6,21 und 13,80 Euro pro Tag. Steuerfrei. Es gilt der 7,8-Stunden-Tag.
Drei Siebtel ihres Lohnes dürfen die Gefangenen in der JVA ausgeben
Das Geld bekommen sie nicht ausbezahlt. Es fließt auf ein persönliches Konto, denn Bargeld im Gefängnis ist streng verboten. Es könnte genau das hervorkitzeln, das man im Knast unbedingt unterdrücken will: hässliche Züge wie Habgier, Neid und Korruption. Drei Siebtel ihres Lohnes dürfen die Gefangenen direkt im Knast ausgeben. Zweimal im Monat kommt ein Kaufmann, bei dem sie vor allem Kaffee, Tabak und Cola bestellen. Die übrigen vier Siebtel hält die JVA für die Zeit nach der Entlassung zurück. Als Starthilfe.
Arbeiten in der Krümmede
Die Krümmede betreibt acht eigene Werkstätten. Horst Petrat leitet eine davon. Der JVA-Bedienstete ist Buchbinder-Meister. In seiner Werkstatt werden vor allem Fachzeitschriften der Justizverwaltungen zu Büchern gebunden. Die Häftlinge binden auch Arbeiten für die Ruhr-Uni, für Krankenhäuser und die Stadtverwaltung. Das ist das Kerngeschäft: Arbeiten zugunsten des Landes, das den Strafvollzug finanziert. Auch Notizblöcke oder Tischklappkalender werden hergestellt.
Häftlinge bauen ihre eigenen Betten - das „Modell Bochum“
In der Schlosserei werden zum Beispiel Gefangenenbetten produziert. Einzel- und Doppelstöcker („Modell Bochum“). Außerdem produzieren die Häftlinge Gitter aus Hartmanganstahl. Der gilt als „ausbruchshemmend“. „Da muss man schon ordentlich sägen, um da durchzukommen“, sagt Reimund Panitz, stellvertretender Werkdienstleiter der JVA. Auch Edelstahl-Grills bauen die Gefangenen.
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Dann gibt es die Druckerei. Dort werden zahlreich Papierprodukte wie etwas Aktenumschläge für die NRW-Justiz hergestellt. „Wir geben im Jahr 550 000 bis 600 000 Euro nur für den Rohstoff Papier in jeder Stärke aus“, sagt Horst Mittmann, Leiter der Arbeitsverwaltung. Weitere Werkstätten sind die Schreinerei, Schuhmacherei, Schneiderei und die Elektrowerkstatt. Die meisten Produkte dienen dem Eigenbedarf. Insgesamt arbeiten dort 135 Gefangene. Weitere 212 sind in der Küche, der Kammer, der Hofreinigung, als Sportwarte oder als Hausarbeiter tätig. Wieder andere sind in Arbeitstherapien und Schulungen beschäftigt. Auch sie werden entlohnt.
In der Krümmede lassen aber auch Fremdbetriebe arbeiten. Für vier Firmen aus NRW montieren 142 Häftlinge zum Beispiel Rohrschellen, Elektrostecker, Schalter und Absperrventile. Tätigkeiten, die besonders handarbeitsintensiv sind. Die Firmen zahlen an die JVA aber nicht nur den Arbeitslohn, sondern einen höheren, marktüblichen Preis.
Jährlich über zwei Millionen Euro Einnahmen durch die Arbeitskraft der Gefangenen
Die Eigenbetriebe der JVA Bochum zählten im vorigen Jahr knapp zwei Millionen Euro Einnahmen. Durch die Fremdbetriebe kamen weitere 186 000 Euro hinzu. Abzüglich der Lohnkosten für die Häftlinge (1,28 Mio Euro) und Lohnersatzleistungen wie zum Beispiel Verletztengeld wurde ein Überschuss von 777 000 Euro erwirtschaftet.
Unter ökonomischen Kriterien wäre der Strafvollzug aber trotzdem bankrott. Denn: Die Gesamtausgaben für den Vollzug in ganz NRW (574 Mio Euro) waren zuletzt zehnmal höher als die Einnahmen.