Bochum. Die Zahl der Katzen im Tierheim Bochum ist enorm angestiegen. „Wir sind an unsere Grenzen gekommen.“ Die Situation könnte teuer werden.
Das neue Hundehaus im Bochumer Tierheim ist noch gar nicht fertig, da kommt wohl schon ein weiteres Bauvorhaben auf die Tierschützer zu.. Die Platznot bei den Katzen hat sich derart verschärft, dass konkret über einen Anbau nachgedacht wird.
„Wir gucken, wo wir erweitern können, damit wir dem Ganzen noch Herr werden“, sagte Tierheimleiterin Carmen Decherdt in einem WAZ-Gespräch. „Wir sind an unsere Grenzen gekommen.“ Damit meint sie den Platzmangel, der durch die zunehmende Anzahl der Katzen entsteht, die nach ihrer Ankunft im Heim in die Quarantäne müssen.
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Grund ist die stetig wachsende Anzahl der Katzen, die draußen herrenlos gefunden oder die vom Veterinäramt zwangsweise in Haushalten sichergestellt worden sind, weil die Haltung dort nicht mehr tiergerecht war. Im vorigen Jahr waren dies 314 Katzen, die aus diesen Gründen im Tierheim untergebracht worden sind. Im Jahr 2022 zählte man 240, im Jahr 2021 nur 220. „Die Steigerung ist immens“, sagt Carmen Decherdt.
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Aktuell leben rund 100 Katzen im Heim an der Kleinherbeder Straße, davon mehr als die Hälfte in Quarantäne. Dort erhalten sie zum Beispiel eine Wurmkur und Floh-Vorbeugung und werden beobachtet, ob Krankheiten noch nicht ausgeheillt sind oder neue ausbrechen. Mindestens zwei bis drei Wochen dauert dies, im besten Fall. Wenn eine trächtige Katze reinkommt und Babys wirft, ist sogar ein ganzer Quarantäneraum für acht Wochen blockiert.
17 sichergestelle Katzen waren „absolut verwahrlost“
Im vorigen Jahr kamen zum Beispiel 17 Katzen auf einen Schlag dorthin. Die Stadt hatte sie zwangsweise aus einer Wohnung holen lassen. „Sie waren absolut verwahrlost, gesundheitlich in schlechtem Zustand und unterernährt. Das Fell war schuppig und voller Flohkot“, schildert Carmen Decherdt. Sie wurden zwar aufgepäppelt, brauchen aber bis heute einen kompletten Raum und können nicht vermittelt werden, weil der Eigentüner gegen die Sicherstellung geklagt hat. „Die Tiere blockieren seit Monaten eine Stube.“
Die fünfeinhalb Räume, in denen diejenigen Katzen untergebracht sind, die bereits vermittelt werden können, können jeweils nur mit höchstens sieben Tieren belegt werden. Sonst drohen Raufereien untereinander. In der Not wurden im Kleintierhaus extra drei Räume freigeschaffen, um dort Katzen in Quarantäne versorgen zu können.
Der Platzmangel hat mittlerweile dazu geführt, dass zurzeit nur noch Fund- und sichergestellte Katzen aufgenommen werden, nicht mehr solche, deren Eigentümer keine Zeit mehr für ihr Haustier haben oder einfach keine Lust mehr oder sich über Katzen-Pippi auf dem Laminat oder ähnliche Malaisen grämen.
Ein weiterer Grund für die Entscheidung, sich vom Haustier zu trennen, sind auch die deutlich gestiegenen Tierarztkosten. Die seien „immens hochgeschossen“, sagt die Heimleiterin. Wenn jemand nur vom Bürgergeld lebt, könne er sich das kaum noch leisten. „Es vergeht kein Tag, an dem keine Anfrage für Abgabetiere kommt.“
Im November 2024 soll das neue Hundehaus eröffnet werden. Finanziert wurde das Projekt in Höhe von insgesamt wohl rund 1,8 Millionen Euro vor allem durch Spenden und Erbschaften. Danach muss das Katzen-Problem gelöst werden. Ebenfalls mit Spenden und Erbschaften. Möglicherweise gibt auch die Stadt etwas dazu, anders als beim Hundehaus. Für die Fund- und in ihrem Auftrag sichergestellten Tiere bezahlt sie natürlich: Im vorigen Jahr waren es 541.000 Euro.