Bochum. Einmal pro Stunde fährt ein Bus – und kaum jemand steigt aus. In Bochum gilt eine Haltestelle als einsamste der Stadt. Warum bleibt sie bestehen?
Nur ein schmales Schild am Straßenrand deutet darauf hin, dass am Stiepeler Bach ein Bus halten kann. Hügelige Wiesen erstrecken sich neben der Straße, der erdige Geruch des Waldes durchdringt die Luft, Fachwerkhäuser fügen sich in die Landschaft ein. Die Sonne hängt über den Bäumen und taucht die Umgebung in goldenes Licht. Zwei Rehe stolzieren über die schneebedeckten Felder, dann huschen sie davon.
Hier, im Bochumer Süden, lässt sich fast vergessen, dass die Gegend Teil einer Großstadt ist. Lediglich die vorbei brausenden Autos lassen das erahnen. Sie fegen hier im Minutentakt entlang, vereinzelt quält sich ein Lkw die viel zu enge Straße hoch. Der Bus der Linie 320 fährt vorbei – leer, abgesehen vom Busfahrer sitzt keine Person darin. Die Haltestelle Stiepeler Bach überspringt er und fährt in Richtung Witten, ohne anzuhalten. Hier steigt selten jemand aus oder ein. Die Bogestra hat der Haltestelle deshalb eine besondere, wenn auch inoffizielle Auszeichnung verliehen: „Bochums einsamste Haltestelle“.
Einmal stündlich kommt am Stiepeler Bach der Bus
Einsam ist es dort wirklich, aber nicht weniger schön. Vögel zwitschern, der Bach plätschert gemächlich an den Feldern des Lottentals entlang, die Baumkronen wiegen sanft im Wind. Der Bus der Linie 320 fährt hier nur einmal pro Stunde, die Linie 375 sogar nur sonntags und an Feiertagen. Das Schild der Haltestelle steht unscheinbar am Straßenrand. In die eine Richtung gibt es hier nicht einmal einen Haltebereich, ein Wartehäuschen erst recht nicht. Wer hier aussteigt, landet im knöchelhohen, nassen Gras.
Wie viele Menschen die Haltestelle nutzen, weiß die Bogestra nicht. Das erhebe sie nur an Knotenpunkten wie dem Zentralen Omnibusbahnhof. Im Sommer kommen Menschen immerhin an den Stiepeler Bach, um spazieren zu gehen oder den nahen Hofladen zu besuchen, im Winter steigt hier – so scheint es – wirklich selten jemand ein oder aus.
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Dabei ist die Anbindung nicht schlecht. In die eine Richtung fährt der Bus zur Ruhr-Universität Bochum, in die andere geht es nach Witten. Gut 20 Minuten dauert es zum Hauptbahnhof, wer innerhalb Wittens an einen anderen Ort möchte, muss etwas mehr Zeit einplanen.
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Die Haltestelle am Stiepeler Bach ist Teil der Daseinsvorsorge
Die Bogestra fährt Haltestellen wie den Stiepeler Bach an, auch wenn die Menschen sie kaum zu nutzen scheinen. Ihre Kampagne „Sie sind überall“ zielt darauf ab: Selbst die einsamsten Orte in Bochum zu bedienen, Regionen anzubinden, Menschen Anschluss zu verleihen. Mehr als 1300 Haltestellen gibt es im Gebiet der Bogestra, fast jeder Bereich sei damit an den öffentlichen Personennahverkehr angebunden. Pro Jahr kommen so bei allen Bus- und Bahnlinien mehr als 27,6 Kilometer zusammen.
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Eine Option, die Haltestelle Stiepeler Bach zu streichen, gebe es für die Bogestra nicht – selbst, wenn pro Tag nur eine Handvoll Menschen ein- und aussteige. Das hänge mit dem Nahverkehrsplan der Stadt Bochum zusammen, die entscheide, welche Bereiche der ÖPNV bedienen soll. Auch kleine Haltestellen hätten dabei im Sinne der Daseinsvorsorge ihre Berechtigung. „Es gibt trotzdem Leute, die ein- und aussteigen. Auch an kleinen Haltestellen ist das Bedürfnis da, das Ziel zu erreichen“, sagt Sandra Bruns, Pressesprecherin der Bogestra. Auch wenn ÖPNV eher auf Masse ausgelegt sei und nicht auf den Individualverkehr, sei es für die Bogestra daher wichtig, solche Bereiche abzudecken.