Bochum. Vier Millionenprojekte sind in zentraler Lage von Bochum geplant. Bei ihrer Umsetzung tun sich die Investoren schwer. Das sind die Gründe.
Mehrere große Bauprojekte bringen Bochum bundesweit ins Gespräch - allen voran die prestigeträchtigen Bauten auf dem Gelände des ehemaligen Opel-Werks in Laer – vom O-Werk-Campus über das Hauptquartier von Volkswagen Infotainment bis zu diversen Forschungsgebäuden. Aber auch die Vonovia-Zentrale und Europas höchster Modulbau, der Community Campus, an der Universitätsstraße haben Aufmerksamkeit erzeugt. Boomtown Bochum. Doch plötzlich scheint der Schwung ins Stocken zu geraten.
Vier weitere Großprojekte – aber Bagger und Kräne nicht in Sicht
Einige weitere Millionenprojekte mit einer Gesamtfläche vom mehreren Zehntausend Quadratmetern in der Innenstadt oder nahe der City haben Investoren angekündigt, zum Teil sollten die Arbeiten längst schon laufen, ja sogar fast schon beendet sein. Doch Bagger und Kräne sind nicht in Sicht.
„Der Büromarkt hat sich stark gewandelt“, sagt Kolja Linden, Sprecher der Landmarken AG. „Die Anzahl der Mieter, die derzeit Flächen suchen, ist rückläufig.“ Während das Unternehmen aus Aachen auf Mark 51/7, dem ehemaligen Opel-Werk, ein Projekt nach dem anderen realisiert, lässt der Neubau am Citytor Süd mit dem Hotel- und Bürokomplex „Be.Cause“ direkt neben dem Bermudadreieck auf sich warten. „Coming soon“, „Kommt bald“, hieß es vor 18 Monaten, als auf dem Projektgelände gegenüber der Rotunde ein großes Schild aufgestellt wurde. Spötter fragen mittlerweile: „Kommt wann?“
Nachfrage nach Büroflächen geht zurück
„Realistisch ist eine Fertigstellung ab 2024“, so der Landmarken-Sprecher. Voraussetzung für den Baubeginn sei eine akzeptable Vermietungsquote. Aber: Während die Hotelkette „Prizeotel“ weiter an ihrem Engagement festhalte, ebbe die Nachfrage nach Büroflächen ab. Linden: „Schon die Corona-Pandemie hat manche Büromieter dazu gebracht, ihre Flächenbedarfe zu überdenken und Erweiterungspläne teilweise zurückzustellen. Hinzu kommen nun höhere Zinsen und Baukosten.“
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Das spüren auch andere Investoren. Das Thema Homeoffice und hybrides Arbeiten spiele dabei eine Rolle, so Tobias Schultheiß von der Blackbird Real Estate GmbH. „Aber noch viel mehr hat es mit der allgemeinen Verunsicherung zu tun. Keiner weiß, ob wir in eine Rezession reingehen, keiner weiß wie lange der Krieg noch dauert, keiner weiß wie die Mieten sich entwickeln.“ Das zeige Wirkung. Auch in Bochum.
Neben der früheren Thyssenkrupp-Zentrale entsteht der Campus Alleestraße
Der Immobilieninvestor hatte 2018 die frühere ThyssenKrupp-Zentrale an der Alleestraße gekauft, modernisiert und 2020 wieder verkauft. Behalten hat er das benachbarte Grundstück, um dort Bürogebäude zu bauen. „Campus Alleestraße“ heißt das Projekt, für das Blackbird seit kurzem auf einer großen Werbetafel wirbt.
„Als wir das Grundstück gekauft haben, sind wir davon ausgegangen, dass wir Mieten sehen zwischen 13 und 15 Euro“, so Schultheiß. „Davon sind wir jetzt ganz schön weit weg.“ Zumal der Investor angesichts der aktuellen Kostenentwicklung schon 20 Euro je Quadratmeter bräuchte, um alleine die Kosten zu decken.
Umsetzung des Südring-Projekts lässt auf sich warten
Die Umsetzung des Campus oder von einzelnen Teilen sei nun eine Frage der Zeit. „Wir werden definitiv nicht spekulativ bauen. Wir haben keine Eile. Wenn morgen jemand kommt, der sagt, wir brauchen bis zu 20.000 qm Bürofläche, dann sind wir ein möglicher Partner. Wenn der erst in einem Jahr kommt, dann kommt er erst in einem Jahr.“
Auf Partnersuche in Sachen Finanzierung ist Dr. Bodo Brandts, dessen Südring-Gruppe ein ehrgeiziges Projekt im Dreieck Südring-Hellweg-Luisenstraße umsetzen will. 2019 hatte sie das dafür nötige Grundstück gekauft. Der Abriss der Altgebäude und der Neubau einer mehrgeschossigen Büroimmobilie, in das u.a. ein Medizinisches Versorgungszentrum einziehen soll, lässt allerdings auf sich warten.
Baukosten könnten bis auf 40 Millionen Euro steigen
„Wir führen derzeit intensive Gespräche mit Investoren, die mit an Bord gehen wollen. Hintergrund ist, dass sich einfach im Vergleich zur Planungszeit die Kosten für das Projekt fast verdoppelt haben“, so der Mediziner auf Anfrage dieser Redaktion. Bei einer Bruttogeschossfläche bis zu 11.000 Quadratmeter könnten damit geschätzt Baukosten von bis zu 40 Millionen Euro im Raum stehen. Brandts: „Das sind jetzt Größenordnungen, bei denen wir jemanden brauchen, der mithilft.“
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Um noch mehr Geld, schon vor der Kostenexplosion im Bausektor war von 60 bis 80 Millionen Euro die Rede, geht es beim wohl spektakulärsten Bauprojekt: dem Citytower an der Ecke Universitätsstraße/Südring gegenüber dem Hauptbahnhof. Dort will die List AG aus Oldenburg ein 60 Meter hohes, 21-stöckiges Gebäude für ein Hotel (Premier Inn), für Büros und Freizeitnutzung bauen. Dessen Umsetzung sollte – wie „Be.Cause“ am Bermudadreieck und das Südring-Projekt – ursprünglich längst schon in Arbeit sein. Tatsächlich läuft derzeit nach Auskunft des Investors das Genehmigungsverfahren. Immerhin ist ein Baustart in Sicht. Der sei für nächstes Jahr geplant.
Aufgeschoben ist also nicht aufgehoben. Das gilt für alle vier Projekte.
IHK hat für seinen Neubau schon die Reißleine gezogen
Anders hat sich bereits die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittleres Ruhrgebiet entschieden. Die wollte ursprünglich auf dem Westparkplateau an der Jahrhunderthalle neu bauen und hatte ihr Bestandsgebäude inklusive Grundstück in bester Lage von Bochums City verkaufen wollen. Erst wurden die Pläne gestoppt und nun ganz zu den Akten gelegt. Stattdessen wird das aus den 1950er-Jahren stammende IHK-Zentrale am Ostring modernisiert.